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Ich habe einen Namen: Roman

Ich habe einen Namen: Roman

Titel: Ich habe einen Namen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Hill
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sagen: »Was machen all die Schiffe aus London hier? Das sollte unsere
Kolonie sein. Unser neues Leben, über das wir ganz allein selbst entscheiden.
Und was machen wir stattdessen? Wir warten, während Lieutenant Clarkson unser
Schicksal mit anderen weißen Männern bespricht.«
    Clarkson hatte eine
Gruppe Afrikaner angeheuert, die ihn durch die St. George’s Bay ruderte. Wir
alle standen an Deck und bewunderten die Muskeln der Ruderer, und wie elegant
und geschmeidig sie durchs Wasser schnitten, bis Peters die Gelegenheit hatte,
Clarkson nach ihnen zu fragen.
    »Wer sind diese
Männer?«, fragte er.
    »Das sind die Temne von
König Jimmy«, sagte Clarkson.
    »Wer ist das?«
    »Der örtliche
Herrscher.«
    »Und was tun diese
Männer normalerweise?«, fragte Peters.
    »Es sind Ruderer, sie
transportieren Waren und Menschen.«
    »Was für Menschen?
Sklaven?«
    Clarksons Gesicht lief
langsam rot an.
    Peters hob die Hände.
»Bei allem Respekt, sagen Sie’s uns einfach. Transportieren die Männer auch
Sklaven durch diese Gewässer?«
    Clarkson hustete, und
er brauchte einen Moment, um seine Antwort zu formulieren. Während er sich
sammelte, schloss sich unser Kreis enger um ihn.
    »Thomas«, sagte ich zu
Peters, »warum treten wir nicht alle ein Stück zurück, um dem Mann etwas Luft
zum Atmen zu geben?«
    »Danke, Meena«, sagte
Clarkson. »Ich habe euch bereits gesagt, dass es in Sierra Leone
Sklavenunternehmungen gibt.«
    »Aber so direkt vor
unserer Tür?«, sagte Peters.
    »Kaum«, sagte Clarkson.
»Auf Bance Island, achtzehn Meilen die Bucht hinauf.
    »Aber, Mr Clarkson«,
sagte ich, und viele Köpfe wandten sich uns zu, wussten doch alle, dass er und
ich uns gut verstanden. »Wie«, fuhr ich fort, »konnten Sie uns auch nur in die
Nähe eines Sklavenhandelszentrums bringen?«
    »Es ist nicht so, als
hätten wir eine große Auswahl gehabt«, sagte Clarkson. »Hier an diesem Ort
unterhalten wir Unternehmungen. Hier haben wir mit den Anwohnern verhandelt, und
wir sind ein ganzes Stück von den Aktivitäten der Sklavenhändler entfernt.«
    Ich hörte ein paar
Leute fluchen. Ich war froh, Bance Island nahe genug gekommen zu sein, dass ich
die Küste hatte sehen können und nun sicher war, dass das hier das Land war, aus
dem ich verschleppt worden war. Trotzdem wünschte ich mir in diesem Moment, wir
würden noch mal zweihundert Meilen die Küste entlang segeln, in welche Richtung
auch immer.
    Clarkson schien meine
Gedanken zu erraten. »Überall, wo sich Europäer an der Küste von Guinea
niedergelassen haben, werdet ihr Sklavenunternehmen finden«, sagte er. »Es ist
nirgends sicherer als hier. Aber unsere Mission ist eine besondere, und unsere
Kolonie wird anders sein. Wir werden Landwirtschaft, Industrie und Handel zum
Blühen bringen und unseren eigenen Weg finden, dem britischen Empire zu
dienen.«
    »Wir haben unsere
Heimat in Neuschottland nicht verlassen, um den Engländern zu dienen«, sagte
Peters. »Wir sind nach Afrika gekommen, um frei zu sein.«
    »Und das werdet ihr
auch sein«, erwiderte Clarkson. »Ich habe euch mein Wort gegeben. Ist das allen
klar? Keiner von euch wird hier zum Sklaven gemacht werden.«
    Peters verstummte. Er
hatte auch meinen Sorgen Ausdruck verliehen, obwohl ich annahm, dass Bance
Island weit genug entfernt lag. Wenn ich gehen konnte, wohin ich wollte, würde
ich nie wieder einen Blick darauf werfen müssen.
    »Wann gehen wir an
Land?«, fragte ich.
    »Morgen«, sagte
Clarkson.
    Wir verbrachten den
Rest des Tages und den nächsten Morgen damit, auf das üppige grüne Land vor uns
hinauszusehen, und standen an der Reling, als ein weiteres Schiff herangefahren
kam. Clarkson sah durch sein Fernrohr und stöhnte.
    »Was für ein Schiff ist
das?«, fragte ich.
    Er gab mir das
Fernglas, das ich auszog und scharf stellte. Nackte Heimatländer waren auf dem
Deck des Schiffes zu erkennen, und dann umfing uns ein Gestank, der immer
schlimmer wurde, je näher das Schiff kam. Einige der Neuschottländer gingen
unter Deck, doch ich war wie gelähmt. Ich wollte das nicht sehen, konnte den
Blick aber nicht abwenden.
    Clarkson ging in seine
Kabine und kam in seiner Uniform eines Lieutenants der Marine zurück an Deck.
Das herannahende Schiff bereitete sich ebenfalls auf das Treffen vor, indem es
die Gefangenen unter Deck schickte, wodurch sich die wahre Natur des Schiffes
jedoch nicht verbergen ließ. Dazu war der Gestank zu groß. Ich sah die unten in
den Bauch des Schiffes geketteten

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