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Ich habe einen Namen: Roman

Ich habe einen Namen: Roman

Titel: Ich habe einen Namen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Hill
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darin landeten.
    »Ruhig«, wiederholte
ich. »Ruhig und sanft.«
    Mamed ließ meinen Arm
los, und ich arbeitete weiter. Eine Stunde später nahm Appleby mich beiseite.
    »Du. Meena.«
    Ich war überrascht,
dass er meinen Namen kannte. Ich sah auf meine Füße, wie Georgia es mir
beigebracht hatte.
    »Bist du ein
vernünftiger Nigger?«
    »Ja, Sir.«
    »Du lernst schnell«,
sagte er.
    »Bin nur vernünftig,
Master Appleby.«
    »Wie alt bist du?«
    »Zwölf Jahre«, sagte
ich.
    »Was kannst du?«
    Georgia hatte mich auf
diese Frage vorbereitet. »Seife machen und Schweine waschen«, sagte ich.
    »Ist das alles?«
    »Nein, Sir.«
    »Was kannst du noch?«
    Ich sah, dass Georgia
zu uns herüberblickte. »Felder hacken, Bottiche schrubben, Babys holen.«
    »Wie hast du das
gelernt?«
    »Hab ich von Georgia
gelernt«, sagte ich zu Appleby.
    »Mädchen, was sind das
für Narben auf deinem Hals?«
    »Weiß nich, Master.«
    »Hattest du die Pocken,
Mädchen?«
    »Weiß nich, Master.«
    »Arbeite weiter und
höre auf Georgia«, sagte er.
    »Ja, Master.«
    Appleby wandte sich von
mir ab. »Nächste Saison wird was aus ihr«, sagte er zu Mamed und ging zurück
zum großen Haus.
    Ich machte mich wieder
an die Arbeit und half dabei, die stinkende Flüssigkeit in die zweite
Bottichreihe zu lassen, an der lange gegabelte Stangen mit Eimern an den Enden
befestigt waren. Aus den Eimern waren die Böden herausgeschnitten, und Georgia
zeigte mir, wie man damit die Flüssigkeit umrührte. Ich musste die stinkende
Brühe in einem der Bottiche in ständiger Bewegung halten, und gleich neben mir
stand Georgia und machte das Gleiche mit der Flüssigkeit im nächsten Bottich.
Das Rühren kostete Kraft, und bald schon brannten meine Arme vor Müdigkeit,
aber Georgia rührte immer weiter. Als ich ausruhen musste, rührte sie ihren
Bottich mit dem einen Arm und meinen mit dem anderen Arm um. Ich schlug nach
den Mücken und rührte weiter. Irgendwann begann die Flüssigkeit in der zweiten
Bottichreihe an zu schäumen. Mamed gab Öl aus einem speziellen Ledereimer dazu,
und als sich unten in den Bottichen blauer Schlamm bildete, wurde das Wasser in
die dritten Bottiche gelassen.
    »Das iss das, was wir
woll’n«, sagte Georgia und deutete auf den Schlamm im zweiten Bottich.
    Während der Schlamm
trocknete, wedelten Georgia und ich mit Zedernwedeln darüber, um die Fliegen
fernzuhalten. Mamed und die Männer schaufelten den Schlamm dann in schwere
Säcke und hängten sie auf, damit der Rest Flüssigkeit heraustropfen konnte.
Anschließend breiteten wir den Schlamm mit breiten, flachen Paddeln in einem
Trockenschuppen aus. Es war nicht einfach, das Würgen zu unterdrücken, als wir
das Zeugs schließlich zu Kuchen formten und in Holzfässer packten.
    Wir arbeiteten vom
Dunklen morgens bis zum Dunklen abends. Draußen vor unserer Hütte fütterten
Georgia und ich ein Feuer unter einem großen Wasserkessel. Bevor wir ins Bett
gingen, egal wie spät es war und wie sehr uns die Arme wehtaten, schleppten wir
eimerweise Wasser in den Wald und wuschen uns unter den Sternen.
    »Was machen sie mit dem
ganzen Schlamm?«, fragte ich.
    »Der färbt die Kleider
der Weißen blau«, sagte Georgia.
    »Der Schlamm ist für
ihre Kleider?«
    »Das letzte Mal, als er
hier war, hatte Master Apbee ’n blaues Hemd an. Hast du’s nich geseh’n?«
    Ich sagte, ich könne
mich nicht erinnern.
    »Fünfzig Nigger ziehen
Pisse aus ’m Schlamm für Master Apbees Hemd«, sagte sie.
    Georgia schimpfte über
die harte Arbeit während der Ernte, aber auch sie mochte den Indigo, und weil
sie sich um Mameds Wunden und Entzündungen kümmerte, überließ er ihr ein paar
Blätter und ein, zwei Beutel Schlamm. Georgia machte daraus eine Paste, um
Frauen mit ihren Hämorrhoiden zu helfen, die sie sich beim Herauspressen ihrer
Babys geholt hatten. Aber sie benutzte den Schlamm auch für ihre eigenen
Experimente.
    »Sieh mich an, ’ne
erwachs’ne Frau, die mit Schlamm spielt«, schnaubte sie und lachte.
    Ich saß in der Hocke
und sah zu, wie Georgia den Indigo-Schlamm in einer großen Schüssel Wasser
umrührte. »Kann nich sagen, warum ich das so mag. Als ich so’n kleiner Stöpsel
war, hatte ich’n blinden Hund. War’n hübscher Kerl, ohne Seele und stockblind.
Sah gar nichts. Und ich war nich besser. ’n Stock im Schlamm, mehr gab’s nich.
Ich hab so gern im Schlamm gepanscht.«
    Georgia weichte etwas
Stoff in der Schüssel ein. Am nächsten Morgen hatte er eine leicht blaue

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