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Ich habe einen Namen: Roman

Ich habe einen Namen: Roman

Titel: Ich habe einen Namen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Hill
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die Tochter eines Fulbe-Häuptlings. Ihr Master hatte ihr das Lesen
beigebracht und versprochen, ihr und Mamed eines Tages die Freiheit zu
schenken. Sie hatte sich an ein paar Gebete aus ihrer Heimat erinnert und sie
Mamed zusammen mit allem beigebracht, was sie von dem Buckra gelernt hatte.
    Es gefiel mir, seiner
Geschichte und seiner melodischen Stimme zu lauschen. Seine Arme waren voller
Narben und Male, aber mit einem Mal kam er mir nicht mehr wie ein Aufseher mit
erhobenem Stock vor. Er war ein anderer Mann – ein Mann, der mich etwas lehren
wollte.
    Hätte Papa noch gelebt
und mit mir den großen Fluss überquert, hätte er mich dazu ermutigt, möglichst
viele Dinge zu lernen. Aber ich traute mich nicht, Mamed die eine Frage zu
stellen, die mich in diesem Moment interessierte: Wenn er so viel wusste, warum
war er dann immer noch auf Applebys Plantage? Er las die Frage in meinen Augen.
    »Als ich noch jung war,
ist mir ein Pferd aufs Bein gefallen und ich konnte nur noch humpeln, und heute
bin ich zu alt, um zu fliehen«, sagte Mamed.
    »Wohin fliehen Neger?«,
fragte ich.
    Mamed musterte mich
vorsichtig und verschränkte die Hände. Er sagte, dass sie sich bei den
Indianern versteckten oder nach Süden zu den Spaniern gingen. Aber er wolle
sich nicht bei den Indianern verstecken oder in Fort Musa bei den Spaniern
leben. Er schlafe gern jede Nacht im selben Bett und habe einen Garten zu
versorgen.
    »Dann akzeptierst du
dein Leben so?«
    Mamed hustete verlegen.
»Ich bleibe hier, und es geht mir gut. Mehr schaffe ich nicht. Keiner kennt
sich mit dem Indigo besser aus als ich. Master Appleby weiß das.«
    Mamed sagte, er habe
einen Handel mit Appleby geschlossen. Wenn er die Plantage führte und guten
Indigo-Schlamm produzierte, konnte er essen, was er wollte, seine Hütte einrichten,
wie er wollte, bekam zusätzliche Dinge aus Charles Town und dazu jedes Jahr
neue Bücher von Appleby persönlich. Aber er musste seine Hütte verschlossen
halten, durfte niemandem die Bücher zeigen und keinem Neger das Lesen
beibringen.
    Ich nickte wieder.
    »Bisher hatte ich nicht
vor, jemandem das Lesen beizubringen. Aber jetzt habe ich die Helligkeit in
deinen Augen gesehen.«
    So viel war mir
genommen worden, was mir gehörte, meine Mutter, mein Vater, meine Freiheit, und
plötzlich wurde mir etwas angeboten, das ich zu Hause womöglich niemals
bekommen hätte. Ich hatte Angst, die Hand auszustrecken und es zu nehmen, aber
noch mehr Angst, es nicht zu tun.
    »Ich wollte immer schon
lesen lernen«, sagte ich. »Schon bevor ich den großen Fluss überquert habe.«
    »Die Buckra nennen es
nicht einen Fluss. Sie nennen es ein Meer. Oder einen Ozean. Sie nennen es den
atlantischen Ozean.«
    »Den atlantischen
Ozean«, wiederholte ich.
    »Du darfst niemandem
sagen, dass ich dir etwas beibringe«, sagte Mamed.
    »Ich verspreche es.«
    »Niemand darf davon
erfahren«, sagte er noch einmal.
    Ich erwiderte seinen
Blick und nickte ruhig.
    Unsere erste Lektion
begann mit der Aussprache und dem Schreiben meines Namens. Mamed war der
einzige Mensch in ganz Süd-Carolina, der mich je nach meinem ganzen Namen
gefragt hatte. Er sprach ihn richtig aus und zeigte mir, wie man ihn schrieb.
Auf der Plantage würde er mich jedoch immer Meena nennen.
    Georgia hatte
auf mich gewartet. Ich kletterte ins Bett.
    »Hat der Mann dich
angefasst?«, sagte sie
    »Nein.«
    »Was wollte er?«
    »Nur reden.«
    »Männer reden nich
nur.«
    »Wir haben nur
geredet.«
    Georgia ließ einen
Moment verstreichen. »Als du nur geredet hass, Miss Meena, wollte dich einer
besuch’n.«
    »Mich besuchen?« Ich
sprang aus dem Bett. An diesem Tag war das Unmögliche bereits einmal möglich
geworden. »Wollte mich einer nach Hause holen?«
    »Setz dich, Mädchen«,
sagte Georgia. »War nur’n Junge. Groß wie’n kleiner Mann, aber nur’n Junge.«
    Ich kletterte zurück
ins Bett. »Was für ein Junge?«, fragte ich leise.
    »Er hat mit’m
afrikanischen Na’m nach dir gefragt. Heißt selbs’ auch ganz komisch. So wie
…«
    »Chekura?«
    »Das iss es. Das iss
sein Name.«
    Ich sprang auf und
kreischte.
    »Ruhig, Mädchen, bevor
du die Toten wecks’ oder Schlimm’res.«
    Ich senkte die Stimme,
wollte Georgias Hand aber nicht loslassen. »Wie sah er aus?«
    »Wie’n Rumtreiber, ’n
Tunichgut. Ich mag den Blick in sei’n Augen nich. Zu afrikanisch. Den hass du
mich mit’m Fischnetz fangen lass’n?«
    Meine Aufregung wich
tiefem Schmerz. Ich war so

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