Ich habe einen Namen: Roman
dann
platzte Appleby herein und zerrte mich auf den Hof. Ich bereitete mich
innerlich darauf vor, ausgepeitscht zu werden, aber er fluchte nur in sich
hinein – »Du dummes, nichtsnutziges
Nigger-Weibsbild!« – und
verkaufte mich an Solomon Lindo.
Die Gestalt Afrikas
{Charles Town, 1762}
Ich vermisste
Chekura fürchterlich. Mein junger Körper war damals vollkommen. Weich und
kräftig, rund und voll. Meine Haut schrie danach, geküsst und liebkost zu
werden. Meine Hände und mein Körper wollten einen Mann, wollten ihn streicheln,
an sich drücken und auf ihm sitzen. Ich wachte nachts auf, nass zwischen den Beinen,
und sehnte mich nach Chekuras Berührung. Aber ich sah und hörte nichts von ihm,
obwohl ich doch bei Georgia hinterlassen hatte, dass ich jetzt bei Solomon
Lindo in Charles Town war. Er hätte mich finden können, wenn er gewollt hätte.
Es bereitete mir unsäglichen Kummer zu denken, wenn ich es tatsächlich zurück
nach Bayo schaffte, würde ich kein Baby in den Armen halten und keinen Mann an
meiner Seite haben. Kein Kind aus meinem Leib, das ich zeigen konnte, keinen
Mann, der stolz neben mir stand, während ich von den merkwürdigen Gewohnheiten
der Buckra erzählte.
Charles Town
platzte vor Geschäftigkeit. Als ich mit Solomon Lindo im Hafen ankam, erkannte
ich den Ort, in dem ich vor fünf Jahren dieses Land betreten hatte, sofort an
seinem Geruch wieder, dem Gestank verfaulenden Essens und menschlicher
Exkremente. Ich versuchte den Gedanken an den Tag damals aus meinem Kopf zu
verbannen und warf einen Blick auf den großen Mann, der mein neuer Besitzer
war. Ich sah, wie er den Blick langsam über die Lebensmittelstände gleiten
ließ, als wir auf den Markt kamen, und eine leise Melodie vor sich hin summte.
»Ha’m Sie noch mehr
Sklaven?«, fragte ich ihn.
»Eine. Aber meine Frau
und ich sprechen lieber von unseren Bediensteten. Und die behandeln wir nicht
grob. In unserem Haus wirst du keine Barbareien wie auf St. Helena Island
erleben.«
Garnelen glitzerten in
der Sonne, Krabben türmten sich und Fische lagen zum Verkauf aus, aber was mich
am meisten erstaunte, waren die Negerfrauen, die sich völlig frei mit Körben auf
dem Kopf und in den Händen durch die Straßen bewegten. Ich sah Kopftücher,
helle Kleider und leuchtende Unterröcke. Einige der Negerfrauen trugen Hüte mit
Fell rundherum, andere leuchtend bunte Schuhe. Sie lachten, gestikulierten und
feilschten. Die Worte flogen ihnen nur so aus dem Mund, und sie schienen sich
ganz und gar frei und zu Hause zu fühlen, als gäbe es keine Menschenseele auf
der Welt, die ihnen Böses zufügen könnte.
»Mister, gib mir einen
Schilling für meine Orangen.« Eine Negerin mit einem Baby im Bauch und einem
Sack vor den Füßen griff nach Lindos Hose und fühlte nach Münzen in seinen
Taschen.
Lindo trat zurück,
schien aber nicht erschrocken. »Gib mir zehn«, sagte er.
Sie bewegte einen
Finger vor seinem Gesicht hin und her. »Fünf für einen Schilling«, sagte sie.
»Letzte Woche hast du
mir zehn dafür gegeben.«
»Preis hat sich
geändert«, sagte sie.
Er legte ihre eine
Münze in die Hand.
Sie schenkte ihm ein
Lächeln. »Gute Orangen, Mister. Immer bei mir kaufen. Orangen für dich und
deine kleine Frau.«
Seine kleine Frau ?
Er antwortete darauf nicht. Sie legte ihm die Orangen in seinen Beutel und war
auch schon wieder unterwegs. Ich sah, wie sie sich durch die Leute schob. Ein
Weißer in schäbigen Kleidern hielt sie auf und bot ihr etwas für ihr Obst. Sie
spuckte auf den Boden und wandte sich ab: Der schäbige Kerl interessierte sie
nicht mehr als eine Flussratte. Lindo mit seiner Perücke und den feinen
Kleidern, der gehörte zu der Art Mann, mit der sie redete.
Lindo sah mich mit
einem Lächeln an. »Obstverkäufer und Hausierer findest du in der ganzen Stadt«,
sagte er. »Sie behalten etwas von ihrem Verdienst, gehören aber trotzdem ihren
Mastern.«
Wir gingen zurück in
die Straßen. Ich sprang zur Seite, um einem Pferdekarren auszuweichen, und trat
mitten in einen Haufen Pferdedung. Angeekelt wischte ich mir den Fuß auf einem
saubereren Teil der Straße ab, der voller Sand und zerstoßener Austernschalen
war.
»Du kannst dich zu
Hause waschen«, sagte Lindo. »Halte in Charles Town immer ein Auge auf die Erde
gerichtet. Immer.«
Ich vergewisserte mich,
dass das nächste Stück Straße vor uns sauber war, und sah hinauf in die Luft.
Riesige Truthahngeier kreisten dort oben, langsam und geduldig.
»Es ist
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