Ich habe einen Namen: Roman
kann kein’ Bussard von ’ner
Badewanne unterscheid’n.«
»Aber klar kann ich
das«, sagte ich und mischte mich in das Gespräch ein. »’n Bussard lässt dir was
auf’n Kopf fallen, und die Wanne hass du gestern gebraucht.«
Jimbo schlug sich
lachend auf die Schenkel.
»Was machs’ du also,
Meena-Kind?«, sagte er. »Was kanns’ du gut?«
»Ich helf Dolly, weil
sie dick wie’n Haus wird.«
»Gutes Mädchen«, sagte
Jimbo, wandte sich wieder Dolly zu und rechnete aus, was sie zahlen musste.
»Ich rechne nich«,
sagte Dolly zu mir und dann zu Jimbo: »Mr Lindo kommt dich morgen bezahl’n.«
Als wir den Markt
verließen, sahen wir einen weißen Mann mit fünf Negerjungen, die alle ungefähr
acht Jahre alt waren, rasierte Köpfe und eine helle Haut hatten. Sie kamen die
Straße herunter, und sie tanzten, sangen und klatschten. Ein sechster Junge,
der größer und etwa in meinem Alter war, ging mit einem Schild hinter ihnen
her, auf dem stand: Farbige Fünflinge. Zu vermieten.
Für private Feste. Anfragen an William King, Water Street .
Ich erkannte William
King an seinen feinen Kleidern und seiner aufrechten Haltung. Er sah in meine
Richtung, aber glatt durch mich durch. Der Mann, der mich einst an Robinson
Appleby verkauft hatte, hatte keine Ahnung, wer ich war.
Kings farbige Fünflinge
banden sich Ketten um die Füße und tanzten aus ihnen heraus. Sie nahmen eine
Orange und warfen sie hin und her, tanzten dabei aber immer weiter und waren
die Hälfte der Zeit in der Luft. Sie leerten sich die Taschen, jonglierten
jeder mit drei Orangen und sangen etwas Verrücktes, Glückliches,
Bedeutungsloses, das fast so wie ein Lied aus meiner Heimat klang: »Bokele bokele bo. Bokele bokele bo. Awa. Bokele bokele bo.« Die Worte sagten mir nichts. Die Jungen
sangen und klatschten in die Hände, und schließlich legten sie die Orangen in
eine Kiste, beugten sich vor, stellten sich auf die Hände, tanzten kopfüber und
klatschten mit den Füßen.
Ein junger, vielleicht
achtzehnjähriger weißer Mann mit nacktem Oberkörper lief in ihre Mitte und
begann laut schreiend gemeinsam mit den Fünflingen zu tanzen.
»Die Weißen lieben
diese Jungs«, sagte Dolly.
»Aber warum springt er
so verrückt mit ihnen herum?«
»Iss wahrscheinlich der
Rum«, sagte Dolly. »In der ganzen Stadt sind kämpfende Männer, die trinken und
drauf wart’n, wieder nach Hause zu komm’.«
»Gegen wen kämpfen
sie?«
»Gegeneinander. Die
Engländer gegen die Franzosen, und beide gegen die Indianer.«
Ich schüttelte den
Kopf. Ich konnte mir das nicht vorstellen, ich hatte noch nie weiße Männer
gegeneinander kämpfen sehen.«
»Weiße kämpfen wegen
all’m«, sagte Dolly. »Lindo hat mir erzählt, dass sich die Weißen vor einiger
Zeit umgebracht ha’m, weil einer dem and’ren ’n Ohr abgeschnitten hat. Jenkins
hieß der mit dem Ohr ab, also haben sie’s den Jenkins-Ohr-Krieg genannt.«
Der Mann, der die
Negerjungen führte, vertrieb den weißen Tänzer, und wir sahen dem Zug noch bis
zur nächsten Ecke zu, hinter der er verschwand. Dolly sagte, der Mann, dem die
farbigen Fünflinge gehörten, verdiene Geld damit, dass er sie für private Feste
vermiete. Ich sagte, es komme mir komisch vor, dass sich weiße Leute Neger auf
ihr Fest holten.
»Die Weißen sind ja
auch komisch«, sagte Dolly, »und sie mögen ihre Feier-Neger hell, durch’nander,
Mulatten und Mischlinge. Was sie mögen, iss komisch, und was sie nich mögen,
noch komischer.«
Auf dem Rückweg zu
Lindos Haus musste Dolly eine Pause einlegen, um auszuruhen. »Meine Füße
schrei’n so laut wie’n Kirchenmann«, sagte sie.
Mir gefiel, wie Dolly
sich ausdrückte. Wenn sie auch etwas anders klang als Georgia, erinnerte sie
mich doch an die Leute auf St. Helena, und wie sie sich abends ums Feuer
versammelt, mit Stöcken darin herumgestochert und Geschichten erzählt hatten.
Die Bücher der Buckra zogen mich in ihren Bann, aber genauso faszinierten mich
die Sprachen der Neger. Sie erinnerten mich an zu Hause. Als ich Dolly die
Schnallen aufmachte, flogen die Worte nur so aus meinem Mund.
»Deine Füße sind zu
geschwoll’n für die rot’n Schuh’.«
»Die Schuh’ sind gut
und die Füß’ nich geschwoll’n.«
»Ich hab überall auf
den Inseln Babys auf die Welt gebracht. Du kriegs’n schlaues Kind, wenn die
Füße schwell’n.«
»’n junges Ding wie du
soll mein Baby hol’n?«
»In fünf Monden«, sagte
ich.
»Gott, hilf mir. Du
brings’ mich um
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