Ich habe einen Namen: Roman
Stadt gefalle es jedoch nicht,
wenn Neger lesen könnten, also müssten wir darüber Stillschweigen bewahren.
»Ja«, sagte ich.
»Dolly sagt, du bist
keine Köchin.«
»Das stimmt, Sir.«
»Keine Sorge. Ich habe
etwas anderes für dich im Sinn. Wie gefällt es dir, unsere Bedienstete zu
sein?«
»Ich mag es gern,
Master Lindo.«
»Gut, dann wirst du auf
deine eigene Weise dafür bezahlen.«
»Bezahlen?«
»Es gibt zehntausend Menschen
in dieser Stadt, und die Hälfte davon sind Neger. Du wirst hier in Charles Town
Kinder auf die Welt bringen.«
»Wessen Kinder?«
»Die Kinder der
schwarzen Bediensteten«, sagte er, »wobei ich einige Juden kenne, die deine
Dienste vielleicht ebenfalls in Anspruch nehmen wollen. Ich gebe dich ins
Selbst-Vermietungssystem.«
Ich beugte mich auf
meinem Stuhl vor. »Ins Selbst-Vermietungssystem?«
»Morgens führst du mir
die Bücher. Ich werde dir beibringen, wie das geht. Und wenn du damit nicht so
viel zu tun hast, holst du Babys auf die Welt. Von dem, was du damit verdienst,
zahlst du mir jede Woche zehn Schilling.«
Von diesem Tag an gab
mir Solomon Lindo jeden Tag zwei Stunden Unterricht, frühmorgens vor seinen
langen Arbeitstagen. Er versprach mir ein eigenes Buch, wenn ich alles über das
Geld in Süd-Carolina lernte, und zeigte mir eine Anzeige, die er in der South Carolina Gazette aufgegeben hatte: »Sachkundige Hebamme. Gehorsames, vernünftiges
Guinea-Frauenzimmer. Zu vermieten. Anfragen: Solomon Lindo, King Street.«
»Was heißt Hebamme ?«,
fragte ich ihn.
»Das ist eine Frau, die
Babys auf die Welt holt.«
»Und warum Frauen zimmer ?«
»Das ist ein anderes
Wort für Frau.«
»Ist Mrs Lindo auch ein
Frauenzimmer?«
Solomon Lindo
versteifte sich etwas, rieb sich die Hände und sah mich an. »Sie ist eine
Lady.«
»Ich komme nicht aus
Guinea«, sagte ich plötzlich. Die Wut in meiner Stimme überraschte mich selbst.
Ich sprang vom Tisch auf und warf ein Tintenfass um. »Und ich bin auch kein
Frauenzimmer. Ich habe ein Baby bekommen und hätte es immer noch, wenn Master
Appleby es mir nicht gestohlen hätte. Ich bin eine Ehefrau. Ich bin eine
Mutter. Bin ich denn keine richtige Frau?«
Lindo stellte das
Tintenfass wieder auf und legte Papier auf die verschüttete Tinte. Er lächelte.
»Das ist nur ein Ausdruck für die Zeitung. Beruhige dich. Ich werde das Wort
vermeiden, wenn es dich beleidigt. Aber was stimmt mit Guinea nicht?«
Er sah mich lächelnd
an. Er schien sich bestens zu unterhalten. Ich mochte nicht, wie sein Blick
über meinen Körper glitt.
»Guinea ist ohne
Bedeutung für mich, wie kann ich dann dorther stammen? Ich komme aus Bayo. Das
ist mein Dorf. Haben Sie davon schon gehört?«
»Afrika ist ein großer,
dunkler Kontinent, und ich kenne ihn nicht. Niemand tut das. Aber genug mit der
Schwatzerei, Meena. Wir haben zu arbeiten.«
In einem Hauptbuch
stand das, was man hatte. Buch zu führen, hieß, alles aufzuschreiben, was man
ausgab und was man verdiente. Und da wurde es kompliziert. Lindo sagte, man
könne etwas auf eine von zwei Weisen bekommen. Eine war, für ein Ding damit zu
bezahlen, dass man etwas im Austausch dafür anbot.
»Wenn Georgia zum
Beispiel Rum dafür kriegt, dass sie bei einer Geburt hilft«, sagte ich.
»Genau deshalb habe ich
dich gekauft«, sagte er. »Ich wusste, dass du schnell begreifst. Ich habe die
Intelligenz in deinen Augen gesehen und wollte dich fördern.«
»Mich fördern?«
»Dir die Möglichkeit
geben, die dir von Gott gegebenen Fähigkeiten zu nutzen.«
Kein weißer Mann hatte
je so mit mir geredet, und ich traute ihm nicht.
»Hast du eine Religion,
Meena?«
»Mein Vater hat zu
Allah gebetet«, sagte ich, »und ich habe es von ihm gelernt.«
»Du bist also Muslimin,
und ich bin Jude. Siehst du, so weit sind wir gar nicht voneinander entfernt.«
Ich tat mit der Feder
und dem Tintenfass herum und wollte ihm nicht in die Augen sehen. Aber Solomon
Lindo fuhr fort.
»Unsere Religionen
kommen aus ähnlichen Büchern. Dein Vater hatte den Koran, und ich habe die
Thora.«
Es erstaunte mich, dass
Solomon Lindo mir das Buch nennen konnte, das mein Vater mir in Bayo gezeigt
hatte.
»In meinem Glauben«,
sagte er, »wird es als sehr gut betrachtet, anderen Menschen zu geben, was sie
brauchen, um unabhängig zu werden und sich in dieser Welt selbst versorgen zu
können.«
Warum, fragte ich mich,
gab er mich dann nicht frei?
Ich glaube, er spürte
die Kälte in meinen Augen, denn er wandte sich
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