Ich habe sie getötet: Roman (German Edition)
Haar, bemühe mich um Haltung. »Komm, wir fangen sie ein.« Damit will ich den schmalen Weg hinunterrennen, doch er hält mich am Arm fest.
»Warum so eilig?« Er schiebt seinen Arm durch meinen und zwingt mir eine langsamere Gangart auf, bis wir wie Verliebte dahinschlendern. »Harte Woche, was?« Ich antworte nicht. »Ich wollte dich vorhin auf dem Schiff nicht ärgern, ich möchte nur, dass es in der Firma richtig läuft. Ehrlich, Kate.«
»Willst du damit sagen, dass du dich mehr einbringst als Paul?«
»Nein, aber in seinem tiefsten Innern ist Paul kein Reality-TV-Typ. Er möchte hochwertige Sendungen über den Libanon machen, über erblindete Kinder in Afrika oder so was in der Art. Nur bringen die kein Geld. Ob dir das nun gefällt oder nicht, die Firma konnte nur verkauft werden, weil …«
»… du das Richtige getan hast.«
Er zuckt die Achseln. »Wenn du so willst.«
»Ich wüsste nicht, dass Wer war’s? jemals bei den Medien solche Resonanz gefunden hätte wie die Gerry-Bonacorsi-Serie.«
»Ach, Kate, ich finde es toll, wie unerschütterlich du zu Paul hältst, was auch immer er anfängt. Eine Frau wie dich kann man sich wirklich nur wünschen!« Er streicht mit der flachen Hand über die Wand aus Eiben, so dass die glatte Oberfläche leicht erbebt.
Mir kommt ein Gedanke. Paul tritt häufig im Fernsehen auf; er hat die ganze Woche Interviews gegeben, Inside-Out verteidigt, die Firma im richtigen Licht dargestellt. Immer und immer wieder haben Presse und Fernsehen nach ihm verlangt. Lex haben sie nie gefragt. Für einen Mann von seiner Eitelkeit muss das ziemlich kränkend sein. Forwood TV wird partnerschaftlich geführt, Lex und Paul halten jeweils fünfundvierzig Prozent, der Rest gehört einer Reihe von Investoren. Zum ersten Mal frage ich mich, wie stabil diese Partnerschaft tatsächlich ist. Wenn Paul Forwood von sich aus verließe oder gehen müsste, könnte er gezwungen werden, seine Anteile zu verkaufen, was den anderen Eignern erstmals die Möglichkeit bieten würde, an seine Anteile heranzukommen. Auf diese Weise könnte Lex es zu einer relevanten Mehrheit bringen – und er könnte viel mehr Geld machen, wenn der Verkauf erst endgültig unter Dach und Fach ist. Jedenfalls müsste Paul, wenn er wegen Mordes verurteilt würde, unter Garantie verkaufen.
»Hast du rausgekriegt, wo Paul am Montagabend war?« Lex macht es wie das Raubtier auf Antilopenjagd: Er geht seinem Opfer direkt an die Gurgel. »Die Polizei hat doch bestimmt danach gefragt?«
Ich gebe mir Mühe, ihn möglichst vernichtend anzusehen, um deutlich zu machen, dass seine Verbalattacken mich nicht treffen. »Das hat sie nicht interessiert. Sie haben ganz allgemein nach ihr gefragt.« Jetzt könnte ich mich in den Hintern treten. Ich wollte beiläufig antworten und bin prompt in eine üble Falle getappt. Lex grinst schon wieder, als berste er förmlich vor Geheimnissen.
»Seltsam. Und du warst so erpicht darauf rauszufinden, wo er während der paar Stunden gewesen ist.« Er fixiert mich. »Nach allem, was inzwischen bekannt geworden ist, wundert mich das gar nicht mehr.« Jetzt ist das Grinsen weg. Er ist vollkommen ernst – und hält meinen Arm immer noch eisern fest.
»Er war mit mir zusammen.«
Ganz kann Lex seinen Schreck nicht verbergen.
Plötzlich biegen Josh, John, Ava und Paul in den Weg ein und kommen auf uns zu. »Ich hab ihn als Erster gefunden«, ruft Josh.
Ava, die auf Pauls Schultern thront, ruft: »Ich sehe alles!«
Lex lässt meinen Arm los, als hätte er sich daran die Finger verbrannt. Bis heute ist er unverheiratet. Keine seiner Beziehungen hat länger gedauert als ein paar Monate. Ich starre ihn feindselig an, damit er mich auch richtig versteht. Ich habe mich entschieden, und er soll wissen, dass es mir damit sehr ernst ist. Bilde ich mir das nur ein, oder sehe ich da – zum ersten Mal – so etwas wie Respekt in seinem Blick?
17
D en Rest des Wochenendes verbringt Paul weitgehend damit, Interviews zu geben und mit John und Lex zu telefonieren. Mit der kühlen Nüchternheit einer abservierten Frau bringe ich die Kinder am Montagmorgen möglichst schnell in die Schule. Meiner Bitte, heute von zu Hause aus arbeiten zu können, ist entsprochen worden, aber am Ende sitze ich vor dem Computer und forsche nach elektronischen Hinweisen. Ungeduldig trommele ich mit den Fingern, während der Rechner unsäglich langsam hochfährt. Ich will dieses Elend abschütteln. Ich hoffe, etwas Konkretes zu
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