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Ich habe sie getötet: Roman (German Edition)

Ich habe sie getötet: Roman (German Edition)

Titel: Ich habe sie getötet: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ali Knight
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einzigartigen Situation. Sie haben Melody schließlich gekannt, und vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse stehen Sie so im Mittelpunkt des Interesses. Sie könnten uns mit Ihrem Wissen sehr weiterhelfen.«
    »Ich habe nichts zu bieten, das irgendwem irgendwas nützen könnte. Die meisten haben doch ohnehin schon beschlossen, dass ich es war. Daran kann ich gar nichts ändern.« Vorsichtig darauf bedacht, nichts zu verschütten, stellt er sein Glas auf einen Bierdeckel. Mir fällt ein, dass er im Gefängnis beinahe zwanghaft ordentlich war.
    »Sie haben den Wohnort gewechselt.«
    »Kein Gesetz verbietet das. Es verstößt nicht gegen meine Bewährungsauflagen.«
    »Wo schlafen Sie heute?«
    »Kann ich noch nicht sagen.« Er lacht dreckig. »Bei Ihnen?«
    Ich finde das lästig und mache keinen Hehl daraus. »Mir ist klar, dass Sie das Interview nicht geben müssen, genauso wenig, wie Sie Inside-Out hätten machen müssen. Sie hätten jederzeit aufhören können, aber das haben Sie nicht. Irgendwas in Ihnen liebt die Kamera, und ich weiß, dass Sie selbst das auch wissen. Sie haben sich im Fernsehen sehr gut gemacht.«
    Seine Miene wird finster. »Ich bin für die Medien ein Spielzeug.« Dann breitet er die Arme aus wie Jesus am Kreuz und ruft: »Unterhaltet ihr euch gut?«
    »Uns geht es nicht um Unterhaltung. Wir wollen helfen aufzudecken, wer diese junge Frau ermordet hat. Sie können selbst entscheiden, wo das Interview aufgenommen werden soll; wir kommen zu Ihnen. Geben Sie mir Ihre Handynummer?«
    »Ich habe kein Handy. So was brauche ich nicht.«
    »Ich kaufe Ihnen eins, heute noch, und zeige Ihnen, wie es funktioniert.« Mir wird bewusst, wie merkwürdig Gerry vieles in der modernen Welt erscheinen muss, nachdem er 1980 weggeschlossen und erst soeben wieder freigelassen worden ist. »Ich fahre gleich in die Stadt und komme dann wieder her. Wo finde ich Sie?«
    Er zuckt die Achseln. »Ich bin hier. Oder da. Höchstwahrscheinlich.«
    »Bitte, Gerry, helfen Sie uns!« Er lächelt, und mir ist nicht wohl dabei. Ich mag dieses Lächeln nicht und frage mich, ob das auch seiner Frau damals so ging. Ob sie ihm das gesagt hat; ob es das Letzte war, was sie überhaupt gesagt hat. Ich rede einfach weiter. »Ruhm kann eine Strafe sein, aber auch ein Schutz. Sie hätten die Möglichkeit, Ihre Sicht auf die Dinge öffentlich darzulegen. Es wäre die Gelegenheit für Sie, klar und deutlich zu sagen, dass Sie sie nicht umgebracht haben.«
    Er nimmt seine Sonnenbrille ab. Jetzt lächeln die irischen Augen wieder; er wechselt tatsächlich in Sekundenschnelle zwischen Charme und Wut hin und her. Er hebt das Glas, prostet mir zu, dreht sich um, schließt die wogende, schwitzende Menge, Gewinner wie Verlierer, großzügig in die Geste ein und fragt: »Wie viel würden Sie darauf wetten?«

28
    D en restlichen Nachmittag habe ich damit zugebracht, Gerrys Zuverlässigkeit auf die eine oder andere Probe zu stellen. Ich habe ihm zwanzig Pfund für weitere Wetten gegeben und mit ihm ausgemacht, dass ich ihn eine Stunde später an genau der Stelle wiedertreffen würde, an der ich ihn zurückließ. Ich habe ihm in Cheltenham ein Prepaid-Handy gekauft und es mit einem Guthaben aufgeladen. Bevor ich ins Bierzelt zurückgekehrt bin, habe ich meine Arbeitstelefonnummer, die von Livvy und die der Crime-Time -Zentrale in dem Handy gespeichert. Ich kann mich freuen: Als ich das Zelt betrete, sehe ich Gerry, wie er eine Gruppe von Leuten mit Kartentricks unterhält. Er ist richtig gut; die irischen Sprüche ergänzen perfekt, was seine wendigen Finger veranstalten. Vor ihm auf dem Boden liegt ein Hut, in dem sich schon ein kleiner Berg aus Münzen türmt.
    »Hier ist eine junge Dame, die heute bestimmt Glück hat.«
    Dazu fuchtelt er mit einem dünnen Stapel Karten vor meinem Gesicht herum. »Ziehen Sie eine Karte und …« Er vollendet den Satz nicht. Sein Blick gleitet über meine Schulter hinweg an mir vorbei, und dann nimmt er plötzlich den Hut vom Boden auf. Sicherheitsleute kommen auf uns zu. »Ich gehe jetzt lieber.«
    Gemeinsam bahnen wir uns einen Weg, wobei der gefüllte Hut in seiner Hand klimpert.
    »Wahrscheinlich soll man hier Geld ausgeben und nicht verdienen.«
    »Wohl wahr«, gibt Gerry zurück. Es scheint ihm nicht allzu viel auszumachen, dass seine Einkommensquelle vorerst versiegt ist. »Für eine Fünfundvierzig-zu-eins-Wette auf Drei-fünfzehn habe ich genug. Crystal Clear heißt sie. Sie bringt mir Glück,

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