Ich habe sieben Leben: Die Geschichte des Ernesto Guevara, genannt Che (German Edition)
zu gehen. Man vermag ihn nicht zu überzeugen. Er erklärt, die Zeit sei noch nicht reif für einen bewaffneten Aufstand.
Pombo notiert:
»Unsere Meinung ist, dass dieser Kamerad mit Mario Monje sprechen und in der Stadt bleiben soll, weil er unter unseren Männern im Gebirge nur Unzufriedenheit stiften würde. Das könnte dazu führen, dass wir drastische Mittel (Erschießung) anwenden müssen. Das wäre kein guter Start für unseren Kampf.«
Am 29. August laden die Kubaner den bolivianischen Arzt, Dr. Herrera, den Pombo wegen einer Darminfektion konsultiert hat, zu einem Hühner-Fricassee à la Manila (sprich Havanna) ein. Dabei erfährt man, wie ein Einheimischer, der mit der Linken sympathisiert, die politische Situation im Land beurteilt. Pombo berichtet in seinem Tagebuch:
»Er sprach über die Mittel und Wege, auf denen seiner Meinung nach die Linke an die Macht gelangen könnte. Er sagte, vor allem müssten wir uns der historisch und traditionell begründeten Neigung anpassen, die Macht mit einem allgemeinen Aufstand, einem »coup de main«, an uns zu reißen. Wir sollten bei unseren Überlegungen nicht so sehr davon ausgehen, dass ein harter, langer Kampf stattfinden werde, der sich über Jahre hinzieht.
Als zweites hätten wir unbedingt dafür zu sorgen, dass aus den Massen ein Führer hervorgehe, ein Mann, der fähig sei, diesen Kampf zu tragen. Mario (Monje) sei ein guter Theoretiker, aber für diese Aufgaben habe er nicht das rechte Kaliber. Dr. Herrera fügte noch hinzu, wir sollten dies nur nicht als Kritik an unserem Volk auffassen, aber so lägen die Dinge nun einmal; Monje könne die Massen nicht zum Sieg führen, später gebe er vielleicht einen guten Erziehungs- oder Propagandaminister ab.
Das dritte Thema, das ausführlich erörtert wurde, war das Scheitern der Guerillas in Argentinien und Peru und die gegenwärtige Situation in Venezuela. Herrera vertrat die Ansicht, dort seien vor allem militärische Fehler gemacht worden. Um sie in diesem Land zu verhindern, müssten wir uns die Erfahrungen von dort unbedingt zu eigen machen. In Hinblick auf ein mögliches Operationsgebiet sagte er, wir dürften nichts unversucht lassen, die Masse der Bauern zu mobilisieren. Sobald der Kampf begonnen habe und sich dieses Problem stelle, sollten wir uns die Eigenarten der hiesigen Bauern ins Gedächtnis rufen. Es sei zu berücksichtigen, dass der Kampf um Landbesitz für sie wenig bedeute, schließlich gebe es in Bolivien 1.000 Hektar brachliegender Äcker. Hingegen könnte sich in Beni (eine Provinz, die nicht in der für Operationen vorgesehenen Zone liegt) eine Situation ergeben, die sich für unsere Zwecke ausnutzen lasse.
Die Vereinten Nationen drängen Barrientos, die Coca-Plantagen zu kontrollieren und den Kokain-Schmuggel zu unterbinden. Wenn es dazu komme, werde die Unzufriedenheit wachsen, denn für die Indios sei Coca weit mehr als nur ein Stimulanzmittel. Es sei vielmehr eine Art von Fetisch, der mit allen Bereichen des Lebens etwas zu tun habe: mit den zukünftigen Ernten, mit dem Hunger, mit dem Tod der Vorfahren, kurzum, es sei ein Mittel von magisch-religiöser Ausstrahlung.
Außerdem spreche man in Regierungskreisen hinter verschlossenen Türen davon, dass ein Truppenkontingent nach Vietnam geschickt werden soll. Geschieht das wirklich, so ließe sich auch das auf nationaler Ebene ausnutzen.«
Anfang September 1966 trifft der Kubaner Pacho mit dem Zug aus Chile kommend in La Paz ein. Er soll sich an Ort und Stelle über den Stand der Vorbereitungen informieren und dann das Land wieder verlassen, um Che Bericht zu erstatten. Er kündigt die Ankunft von Régis Debray an. Unter dem Vorwand, geopolitische Studien zu treiben, wird er von der im Norden für einen Operationsraum in Aussicht genommenen Zone Kartenskizzen anfertigen.
Pombo berichtet in seinem Tagebuch geraume Zeit später über ein Treffen zwischen Monje und Ricardo. Der Erste Sekretär ist darüber aufgebracht, dass sich»der Franzose« (Régis Debray) mit dem Gewerkschaftler Moisés Guevara getroffen hat. Er fürchtet wohl, es könne ein Bündnis hinter dem Rücken der PCB zustande kommen.
Pombo macht sich Sorgen, was mit dem Grundstück in Ñancahuazú geschehen soll, da Ernesto Guevara aus dem Ausland immer wieder darauf beharrt, es müsse eine Basis im Gebiet von Beni gesucht werden. Deshalb ist auch Ricardo in das Department Beni gereist. Aber dort scheinen die Voraussetzungen nicht günstig zu sein. Im
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