Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich habe sieben Leben: Die Geschichte des Ernesto Guevara, genannt Che (German Edition)

Ich habe sieben Leben: Die Geschichte des Ernesto Guevara, genannt Che (German Edition)

Titel: Ich habe sieben Leben: Die Geschichte des Ernesto Guevara, genannt Che (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Hetmann
Vom Netzwerk:
lesen.«
    Rojo meint, Che habe sich in einer Art freiwilliger Haft befunden, der eine ausführliche und freiwillige Selbstkritik vorausgegangen sei.
    Die Version des R-Memorandums klingt glaubhafter. Wenn sich Che zu dieser Zeit in recht kritischem Zustand in einer Prominentenklinik befunden hat, dann leuchtet auch ein, warum man ihm zunächst vom Tod seiner Mutter keine Mitteilung machte. Die Ärzte dürften befürchtet haben, die Nachricht könne seinen Zustand noch weiter verschlechtern. Aus den Angaben des R-Berichts wird auch ersichtlich, wie mächtig die Zwangsvorstellungen, aktiv in den Befreiungskampf der Dritten Welt einzugreifen, bei Che inzwischen geworden sind. Von hier aus würde sich dann auch ein bisher wenig beachteter Ansatzpunkt zur Kritik der Guerillatheorie Guevaras ergeben, deren Schwächen, nicht zuletzt durch seine eigenen katastrophalen Erfahrungen in Bolivien, heute klar auf der Hand liegen.
    »Man muss nicht immer darauf warten, bis alle Bedingungen für die Revolution gegeben sind. Der insurrektionelle Herd (damit ist eine kleine Partisanengruppe gemeint) kann sie schaffen.«
    Es ist zu fragen, ob nicht in diese Theorie mehr utopische Hoffnung (bestärkt durch das Gelingen des Befreiungskampfes in Kuba) als realistische Verarbeitung der ganz anderen Voraussetzungen in Südamerika und in anderen Teilen der Dritten Welt eingeflossen ist.
    Offenbar ist es den Ärzten gelungen, den körperlichen und seelischen Zustand ihres Patienten bis Juni 1965 wieder so weit zu stabilisieren, dass es Che möglich wird, in den Kongo zu reisen und dort mit 125 Kubanern am Kampf und den Guerilla-Aktivitäten Muleles und Soumialots gegen die weißen Söldnertruppen teilzunehmen.
    Seine Vorstellungen über sich selbst und seine Aufgabe spiegelt ein Abschiedsbrief an die Eltern:
    »Meine lieben Alten,
    wieder einmal spüre ich unter meinen Fersen das Gerippe Rosinantes. Ich kehre auf den Weg zurück, meinen Schild unter dem Arm.
    Etwa zehn Jahre ist es her, seit ich Euch einen anderen Abschiedsbrief schrieb. Wenn ich mich recht erinnere, bedauerte ich damals, kein besserer Soldat und kein besserer Arzt zu sein; letzteres interessiert mich nicht mehr; Soldat aber bin ich kein so schlechter. Im wesentlichen hat sich nichts geändert, außer dass ich viel bewusster bin, dass mein Marxismus tiefer verwurzelt und reiner ist. Ich glaube an den bewaffneten Kampf als einzige Lösung für die Völker, die um ihre Freiheit kämpfen, und ich bin konsequent in meinen Überzeugungen. Viele werden mich einen Abenteurer nennen, und ich bin auch einer; nur von einem anderen Typ, einer von denen, die ihre Haut hinhalten, um ihre Wahrheit zu beweisen. Mag sein, dass dies mein letzter Brief ist. Ich suche das nicht, aber es liegt im logischen Kalkül der Wahrscheinlichkeiten. Wenn es so ist, umarme ich Euch ein letztes Mal...«
    Was führt Guevara nach Afrika?
    Die ersten Pläne zu »einer afrikanischen Front« scheinen während der ausgedehnten Weltreise Ende 1964 und Anfang 1965 gefasst worden zu sein. Um sie zu begreifen, muss man sich die politischen Ereignisse im Kongo ins Gedächtnis rufen.
    1960 entlässt Belgien seine Schatzkammer Kongo in eine scheinbare Unabhängigkeit. Zum Premierminister haben noch die Belgier Patrice Lumumba bestimmt. Kaum sind die Kolonialherren offiziell abgezogen, da droht die wirtschaftlich reichste Provinz, Katanga, unter Moise Tschombé, hinter dem die großen Bergwerkskonzerne stehen, sich loszusagen. Es kommt zu Gewalttaten. Belgisches Verwaltungspersonal flieht aus dem Land.
    Belgische Streitkräfte, dann eine UNO-Truppe werden in den Kongo entsandt, um zu intervenieren. Präsident Kasawubu entlässt im September 1960 Lumumba aus der Regierung. Einige Monate später wird Lumumba ermordet. Die ganze Affäre ist ein Musterbeispiel für das, was man unter Neokolonialismus zu verstehen hat. Drei Jahre mit sporadischen Kämpfen schließen sich an, Lumumba-Anhänger versuchen, den Ostteil des Landes zu erobern. Sie bilden im benachbarten Brazzaville, der Hauptstadt des ehemaligen Französischen-Kongos, eine Exilregierung.
    Tschombé, von den revolutionären Führern verachtet, kehrt in den Kongo zurück und wird dort Premierminister. Die Rebellen erobern Stanleyville, das heutige Kisangani, und halten die weiße Bevölkerung als Geiseln gegen die Tschombé-Regierung gefangen. Nach Aufforderung durch die Regierung landen belgische Fallschirmjäger in amerikanischen Flugzeugen in der Stadt, um die

Weitere Kostenlose Bücher