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Ich hänge im Triolengitter - Bauermeister, M: Ich hänge im Triolengitter

Ich hänge im Triolengitter - Bauermeister, M: Ich hänge im Triolengitter

Titel: Ich hänge im Triolengitter - Bauermeister, M: Ich hänge im Triolengitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Bauermeister
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immer verborgen in der Jackentasche bei mir trug, wenn ich Benno in der Nähe wähnte.
    Nam June Paik unternahm in der Folge den schwierigen Versuch, zwischen uns zu vermitteln. Benno hatte mittler weile eine eigene Galerie am Buttermarkt eröffnet, in der unter anderem Wolf Vostell und Benjamin Patterson auftraten und Christo seine erste große Verpackungsausstellung zeigte. Paik versprach, seine Events künftig auch in Bennos Galerie zu veranstalten und nicht mehr in meinem Atelier, wenn Benno mich dafür in Ruhe ließe. Benno willigte ein, konnte aber sein Versprechen nicht lange halten, wie sich bald zeigen sollte.
    Bei den Darmstädter Ferienkursen 1961 kam es zu einem regelrechten Straßenkampf. Ich wohnte während der Kurse normalerweise in der Jugendherberge oder in einer Studentenbude, aber diesmal hatte ich bei Gertrud Meyer-Denkmann, einer Musikologin, Zuflucht gesucht, als wir bemerkt hatten, dass Benno sich ebenfalls in Darmstadt aufhielt. An einem Nachmittag waren Karlheinz und ich auf getrennten Wegen durch die Stadt unterwegs. Er suchte nach großen Papierbögen, ich nach allerlei Zutaten für eine Aufführung, die ich mit David Tudor vorbereitete. Wir wollten als ersten Programmpunkt eine Passage aus meiner Malerischen Konzeption vorstellen. Die Malerische Konzeption ist eine Studie, die ich hier in Darmstadt als Teilnehmerin an Stockhausens Kompositionsseminar erarbeitet hatte, eine Partitur für ein »gesamtsinnliches« Werk.
    Das Neue daran war, dass es nicht nur musikalisch zu realisieren war, sondern Anweisungen auch für bildende sowie für Koch-, Geruchs-, Tast-, Wort- und Raumkünstler enthielt. Ich wollte die serielle Kompositionstechnik zunächst auf die bildende Kunst übertragen, denn man konnte ja nicht nur jedem Ton verschiedene Eigenschaften wie Lautstärke oder Klangfarbe zuschreiben, sondern auch jedem Material. Es konnte spitz oder stumpf sein, fest oder flüssig, matt oder glänzend, und es konnte seine Aggregatzustände natürlich auch verändern. Durch die Kombination der optischen und klanglichen und vieler weiterer Elemente entstanden wieder neue Muster, und dann erweiterte ich meine Partitur in eine Konzeption für alle Sinne. David und ich wählten die Geruchskomposition, und so war ich auf der Suche nach duftenden oder stinkenden Gewürzen.
    Als zweiten Programmpunkt wollten wir La Monte Youngs Stück Piano Piece for David Tudor # 1 aufführen, in dem ein Klavier mit Heu gefüttert wird, das uns ein Bauer anliefern sollte. Ich brauchte aber noch eine Abdeckung, um den inneren Klangrahmen und die Saiten vor dem Staub des Heus zu schüt zen. Die durch das Heu abgedämpften, ja abgewürgten Klänge konnten wir uns schon fast vorstellen. Aber vor allem freuten wir uns, dass wir mit unserer Studentenaufführung wieder einmal den abgelehnten Musikern Einlass ins Abendprogramm bieten konnten.
    Darmstadt war zwar das Zentrum der Avantgarde, aber Paik und die anderen experimentierenden Amerikaner wie Brecht oder La Monte Young, nein, das war für das damalige Musikverständnis dann doch zu viel. Auch Boulez hatte im Jahr zuvor eines unserer Atelierkonzerte kopfschüttelnd kommentiert, obwohl er ja selbst später fordern würde, die Opernhäuser in die Luft zu sprengen. Aber das, was wir machten, oder gar Klaviere umzuschmeißen, wie Paik es tat, das war für ihn das Ende der europäischen Kultur.
    David und ich hatten es so geplant: Ein bisschen La Monte Young, also Heufütterung des Flügels, und dann mein Gewürz-Intermezzo , so wollten wir es nennen. In der Haupteinkaufsstraße von Darmstadt suchte ich nach den Zutaten dafür. Da bemerkte ich ein Getümmel, ein sich raufendes Menschenpaar. Passanten standen schreiend um die beiden herum, aber keiner griff ein. Ich näherte mich, hörte eine Frauenstimme, wie sich herausstellte, war es die Sekretärin der Ferienkurse: »Oh weh, das ist doch unser Professor Stockhausen!« Und wahrhaftig, da prügelten sich Karlheinz und Benno. Benno, weiß vor Wut, ging Stockhausen an den Kragen und würgte ihn.
    Ich hielt die Pistole in meiner Jacke umkrampft. Sollte ich eingreifen? Aber wie? Nein, es ging nicht ums Wie. Ich konnte es einfach nicht, unmöglich! Hätte ich diese Pistole gar nicht in der Hand gehabt, wäre ich sicher in das Geschehen gestürzt, um den beiden Einhalt zu gebieten. Irgendwie, nur um den Kampf zu beenden. Aber ich war wie paralysiert, starrte blöd wie die anderen Passanten auf die Schreckensszene.
    Stockhausen, im

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