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Ich hänge im Triolengitter - Bauermeister, M: Ich hänge im Triolengitter

Ich hänge im Triolengitter - Bauermeister, M: Ich hänge im Triolengitter

Titel: Ich hänge im Triolengitter - Bauermeister, M: Ich hänge im Triolengitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Bauermeister
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Sylvano Bussotti. Da sie nichts von seinen Prügelattacken wussten, dachten sie, ich hätte den armen Kerl schändlich verlassen. Und dass er nun in Köln herumtobte, nahmen sie als verständliche Reaktion eines Eifersüchtigen.
    Wir ließen uns aber nicht beirren. Wir wollten ganz offen diese Beziehung leben. Mir war bewusst, dass mein Eindringen in ihre Ehe für Doris auch Leid bedeutete. Karlheinz und Doris waren ja beide zu diesem Zeitpunkt noch praktizierende Kirchgänger und Beichtende. Für Stockhausen gab es keinen Sonntag ohne Messe, keinen Tag ohne Gebet. Und Doris war ihm zuliebe vor der Hochzeit zum Katholizismus konvertiert. Ich fühlte mich von diesen Vorgängen ausgeschlossen. Was beichteten sie? Dass sie mich in ihre Ehe einbezogen hatten? War ich die Sünde, der es zu widerstehen galt?
    Einmal fragte ich Doris, wie sie unsere Dreierbeziehung vereinbaren könne mit ihrem katholischen Glauben. Sie gab mir eine ziemlich schroffe Antwort, die mir zeigte, dass sie sich durchaus in einem Konflikt befand und nicht nur in einem Eifersuchtsdrama. An dem konnte man arbeiten und versu chen, seinen Schmerz zu überwinden, aber die von kirchlichen Normen geprägten Konventionen, denen man sich verbunden fühlte, konnte man die so einfach hinter sich lassen, wo doch eine ganze Gesellschaft nach diesen Regeln funktionierte?
    Ich bemühte mich, Doris beizustehen, die sich um Haushalt und Kinder kümmerte, und unsere gemeinsame Zeit besonders schön zu gestalten. Stockhausen war meist mit Komponieren beschäftigt oder im WDR -Studio und unterwegs auf Konzerttourneen. Als sie im September 1961 mit Karlheinz für vier Wochen nach Sizilien verreiste, übernahm ich zusammen mit einem Kindermädchen die Kinderbetreuung. Da ich ja keine eigenen Kinder hatte, konnte ich all meine Liebe an diese herrlichen Geschöpfe verschwenden. Wenn ich nicht in der Lintgasse mit Malen und Organisieren beschäftigt war, nahm ich Doris Arbeit ab, half beim Kochen, beriet sie bei der Anschaffung neuer Kleider und gestaltete ihre Frisur aparter. Es war mir ein Bedürfnis, sie – auch für Stockhausen – in schönem Licht erscheinen zu lassen. Ich tat all das in aufrichtiger Liebe zu ihr.
    Sie nahm mir andererseits das Versprechen ab, die nächsten fünf Jahre keine Kinder mit Karlheinz zu bekommen. Denn, so sagte sie, wenn unsere Ehe zu dritt nicht halten sollte, dann sei wenigstens kein Kind unversorgt. Und wenn sie halte, dann sei danach immer noch Zeit genug. Ich war ja erst sechsundzwanzig Jahre alt, Karlheinz zweiunddreißig.
    Wie dankbar bin ich ihr heute noch für diesen Rat oder diese Bitte! In den nächsten fünf Jahren sollte ich meine besten Bilder malen, meine Hauptwerke. Meine Beziehung zu Karlheinz war sehr fruchtbar für unser beider künstlerisches Schaffen, und meine Sehnsucht nach ihm, wenn wir – wie oft – getrennt waren, sollte zur Inspirationsquelle für meine Arbeit werden und in sie einfließen. Ich würde ihm treu bleiben und noch lange nach unseren jeweiligen Zeiten des Zusammenseins vor Energie und Glück glühen.

4
Finnisches Intermezzo
    Im Sommer 1961 zeigten wir unsere künstlerische Zusammenarbeit zum ersten Mal öffentlich. Stockhausen und ich bekamen vom Direktor des Theaters am Dom, Hubertus Durek, und seinem Regisseur Carlheinz Caspari einen Auftrag für ein Stück, in dem Schauspieler, Maler, andere Künstler oder eben einfach »originale« Menschen frei in spontanen Aktionen auftreten sollten. Mit Caspari war abgesprochen, dass jede der zwölf geplanten Aufführungen etwas Neues bieten solle, es waren also zwölf »Uraufführungen« angedacht.
    Wir reisten nach Finnland, um dort dieses Musiktheaterstück – wir wollten es Originale nennen – gemeinsam zu konzipieren. Karlheinz verband die Reise, wie er es stets tat, mit Vorträgen. Er war eingeladen worden, an der Sommeruniversität von Jyväskylä zu sprechen. Dort hatte man einen Empfang für ihn vorbereitet, bei dem sein Werk Kontakte über Lautsprecher wiedergegeben wurde. Der Vortragssaal war voll besetzt, es gab keinen einzigen freien Platz. Wie später noch oft, so spürte ich bereits hier, dass Stockhausen im Ausland viel geschätzter und willkommener war als im eigenen Land.
    Neben mir saß ein älterer, schlanker und, wie ich in der Pause merkte, sehr großer Herr von vornehmer Ausstrahlung und mit faszinierenden Händen, die mir besonders auffielen, weil er während langer Passagen die Musik mit Fingerübungen begleitete.

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