Ich hänge im Triolengitter - Bauermeister, M: Ich hänge im Triolengitter
und japanischen Musik inspiriert. Durch seine Stücke, in denen er Töne extrem lang hielt oder extrem oft wiederholte, wurde er zu einem der einflussreichsten Vertreter der Minimal Music . Und Marian gestaltete damals schon sehr schöne Zeichnungen, die manchmal vermutlich auch aus Drogenerfahrungen entstanden. Gemeinsam entwickelten sie viele Sound/Light Environments .
Marian und La Monte nahmen mich auch einmal in das Studio von Henry Geldzaehler mit, einem Kunstmäzen aus Manhattan, wo sie mit zwei weiteren Musikern eine ganze Nacht lang auf Streichinstrumenten spielten. Die langgezogenen Töne waren unglaublich schön, zunächst klang es zwar etwas monoton, aber bei näherem Hinhören offenbarte sich ein fein differenziertes Gewebe von Melodien, ganz leicht variiert. Der Raum war fast dunkel, wir lagen in den Ecken, die meisten saßen auf dem Boden. Und dann spazierte auf einmal Salvador Dalí herein mit seinem silbernen Stöckchen. Er war in Begleitung von zwei Frauen, mit denen er einmal durch das Atelier wandelte, während die Streicher ungerührt weiterspielten. Keiner begrüßte ihn, nach einer Weile ging er wieder hinaus.
La Monte Young und Marian Zazeela waren damals schon von der Idee der Eternal Music fasziniert, einer Musik, die keinen Anfang und kein Ende hat. Auch Stockhausen war ja von der offenen Momentform, einer Musik, die den Begriff der Dauer überwinden konnte, sehr besessen. Er fand es auch an meinen Pünktchenbildern so spannend, dass man sie im Grunde in der Mitte durchschneiden und die eine Hälfte auf der anderen Seite wieder anlegen könnte, ohne dass es auffallen würde.
In der Malerei hatte man eine Hierarchisierung, wie sie früher üblich war, schon länger aufgehoben. Für die Musik hatte John Cage in einem Gespräch mit Allan Kaprow nach einem Konzert einen ähnlichen Umbruch sehr früh einmal so ausgedrückt: »Das war ein schönes Stück, es hat nur wie alle europäische Musik einen Fehler: Es weist einen Höhepunkt auf.« Cage, Morton Feldman, Christian Wolff waren schon andere, eigene Wege gegangen, nun folgten ihnen jüngere Komponisten nach. Typisch für sie war, dass sie sich noch mehr von der europäischen Avantgardemusik lösten. Die Wahrnehmbarkeit muss garantiert sein, hatte Wolff 1961 in Darmstadt gefordert. Musik muss wieder eine sinnliche Realität haben und ganz aufs Hören bezogen sein, nicht etwas im Kopf Ausgedachtes. La Monte war dabei ein wichtiger Vorreiter, aber auch andere wie Steve Reich, Terry Riley und Philip Glass fanden immer mehr Anhänger und setzten die Minimal Music als eigenständige amerikanische Richtung durch. Sie wurden in den folgenden Jahren auch zunehmend von europäischen Veranstaltern ernst genommen und aufgeführt. Für die überkomplexen Klangkonstruktionen mancher europäischer E-Musik-Komponisten hatten sie ein derbes Schimpfwort, sie sprachen schlicht von »mindfuck«.
Meine eigene Rolle und Position als junge Künstlerin in der New Yorker Szene ergab sich überraschend schnell. Dass Willem Sandberg mich im Amsterdamer Stedelijk Museum und noch weiteren niederländischen Städten ausgestellt hatte, war sozusagen eine gute Eintrittskarte gewesen. Über John Cage hatten sich gleich auch Kontakte zu seinen Malerfreunden, besonders zu Robert Rauschenberg und Jasper Johns ergeben, die mich mit Sympathie begrüßten. Dann kam Emilio del Junco, ein kanadischer Kunstliebhaber, der zu Andy Warhols Kreis gehörte, und berichtete, dieser habe gesagt: »Tell her, I welcome her, she fits New York perfectly.«
Mit Andy Warhol stand ich eine ganze Weile in gutem Kontakt, auch wenn ich um Gottes willen nicht zu seiner engeren »Entourage« oder gar zu seiner »Factory« gehören wollte. Wir trafen und unterhielten uns am ehesten am Nachmittag oder Abend – Andy war ja ein Nachtmensch und verschlief den halben Tag, während ich eine Frühaufsteherin blieb. Im Sommer 1963 gratulierte ich ihm einmal zu einem Film, in dem man eine Stunde lang nur auf das Gesicht eines Schlafenden schaut – ich fand diese extreme Konsequenz hervorragend, auch wenn die Hälfte der Zuschauer die Vorführungen vorzeitig verließ. Und so ermutigte ich ihn auch zustimmend bei seinen seriellen Fehlfarben-Kolorierungen, zum Beispiel von Porträtfotos Marilyn Monroes, die dann, als Siebdruckreihen ausgeführt, berühmt wurden. Wir gerieten erst auseinander, als in der »Fabrik« die Drogenexzesse immer weiter zunahmen und es später mehrfach zu Todesfällen und tragischen
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