Ich hänge im Triolengitter - Bauermeister, M: Ich hänge im Triolengitter
intellektualisieren.
Ich hätte zu dieser Zeit Stockhausen gerne für immer in die USA geholt. Das gelang mir nicht, also stand uns eine weitere Trennung bevor, denn ich hatte einige Aufträge für die Galerie fertigzustellen und konnte nicht fort. Ich wusste nicht, ob die erneute Trennung nicht vielleicht endgültig sein würde, und so wollte ich mir zumindest einen lang gehegten Wunsch erfüllen – endlich ein Kind von ihm! Die fünf kinderlosen Jahre, die ich Doris versprochen hatte, waren ja bald vorüber. Er war einverstanden, und so haben wir im New Yorker Hotel Fourteen, einem beliebten Künstlerdomizil, das mittlerweile abgerissen ist, in euphorischer Stimmung unser erstes Kind gezeugt.
Karlheinz reiste ab, und als ich ihm drei Monate später am Telefon freudig erzählen konnte, dass ich tatsächlich schwanger sei, wollte er mich überreden, sofort zurück nach Deutschland zu kommen. Wir könnten nun auch heiraten, sagte er, denn er sei mittlerweile von Doris geschieden. Dabei war es ihm sicher viel mehr darum gegangen, mich enger an sich binden zu können, als sich von Doris zu entfernen. Die gute Beziehung zu ihr hielt trotz der Scheidung noch viele Jahre.
Eine Eheschließung unsererseits erwogen wir vor allem aus rechtlichen Gründen, denn da das Jugendamt bei unehelichen Kindern eine starke Kontrolle ausübte, wollten wir unserem ersten Kind lieber einen legitimen Familienstatus ermöglichen. Karlheinz schaffte es also im Sommer 1965, mich zurück nach Deutschland zu locken. Allerdings ließ ich meine ganze Habe, vor allem auch meine Malutensilien, mein Material, bei Hala zurück.
Die Schwangerschaft veränderte mich, ich wurde häuslich und richtete unser neues Heim in Kürten ein, das nun endlich fertiggestellt war. Doris kam mit den Kindern am Wochenende zu Besuch, und ich bekochte alle. Ich kümmerte mich auf einmal um Dinge wie gebügelte Wäsche und eine gefüllte Vorratskammer, wurde regelrecht zur Hausfrau, und das bereitete mir ebenso viel Vergnügen wie das Herstellen von Bildern. Man konnte die gleiche Aufmerksamkeit und Kreativität in diese ganz simplen Alltagsbeschäftigungen legen, stellte ich fest, wie man es bei der Kunst tat.
Was unsere geplante Eheschließung betraf, waren wir nun aber doch noch hin- und hergerissen. Hatte die Ehe mehr Bedeutung, als wir zugeben wollten? Einerseits postulierten wir laut und heftig, Liebe brauche keine feste Bindung, ja, die behindere sie sogar. Andererseits gestanden wir uns doch zaghaft ein, dass eine Partnerschaft eines Segens bedürfe, dass man sich mit einem formalen Bekenntnis zueinander diesen Segen vielleicht auch verdienen würde. Doch schon kam wieder das frühere Ideal der Liebe ohne Besitzansprüche in uns hoch, das Ideal, den anderen freizulassen. Kreatürliche Regungen wie Eifersucht taten wir ab als atavistische Relikte unserer Tiernatur. Auch wir waren schließlich natürlich lebende Wesen, nicht nur körperlose Denker und Ausdenker von Visionen und neuen Formen der gesellschaftlichen Ordnung zwischen Menschen. Also schufen wir bewusst Unordnung, warfen die alten Normen über Bord.
Eine Ehe aufzulösen, um eine andere einzugehen, erschien mir irgendwie absurd. Doch die befürchteten Probleme mit dem Jugendamt saßen uns im Nacken, und sie brachten schließlich unseren Widerstand gegen bürgerliche Regeln zum Schmelzen, dem Kind zuliebe. Wir fassten jedoch den Entschluss, im Ausland zu heiraten, auch um Doris den unmittelbaren Schmerz zu ersparen, denn bei ihr hatte die Scheidung wohl doch eine Wunde hinterlassen, während es für Karlheinz offenbar eine reine Formalität gewesen war, die nichts an seinen Gefühlen für sie geändert hatte. Im kommenden Jahr, so nun der Plan, wollten wir nach Japan reisen, dort heiraten und die Ehe dann nachträglich beim deutschen Standesamt eintragen lassen.
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Andere Lebenswelten –
neue Klänge: Japan
In unseren gemeinsamen Jahren erschlossen Stockhausen und ich uns durch das Reisen viele neue Horizonte. Es beeinflusste uns immer musikalisch, bildnerisch, aber auch menschlich. Das war in Finnland und Sizilien so gewesen, aber auch in Amerika. Immer hatten wir uns Neuem, Andersartigem geöffnet. Aber alles in allem waren das nur Präludien zu unserer großen Asienreise 1966 gewesen. Wie aufregend wurde nun unser erstes Eintauchen in die ostasiatische Welt!
Stockhausen war nach Tokio eingeladen worden, um dort zum fünfzigjährigen Bestehen des japanischen Rundfunks NHK zwei
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