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Ich hänge im Triolengitter - Bauermeister, M: Ich hänge im Triolengitter

Ich hänge im Triolengitter - Bauermeister, M: Ich hänge im Triolengitter

Titel: Ich hänge im Triolengitter - Bauermeister, M: Ich hänge im Triolengitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Bauermeister
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verkaufte die Bilder erfolgreich an verschiedene Museen. Dabei stellte er sich immer als Privatmäzen vor. Als er einmal der Londoner Tate Gallery einen Matisse anbot, lehnte man ab, fragte jedoch, ob er vielleicht einen Braque zu veräußern habe. Er bejahte eifrig und malte den Braque nachts im Hotel. Wie viele seiner gefälschten Werke wohl noch in Museen hängen?
    Die ganze Affäre war aufgeflogen, als ein eifersüchtiger ehemaliger Geliebter von de Hory ihn aus Rache angezeigt hatte. Der Prozess fand auf Ibiza statt, und es gehörte damals zum Amüsement der exzentrischen Inselelite, zu den Gerichtsverhandlungen zu pilgern. Der Schlagabtausch zwischen den beiden Streithähnen war köstlich. Der ehemalige Partner warf de Hory Auspeitschungen beim Liebesspiel vor, doch der wehrte sich: »Aber du mochtest das doch!« Johlendes Gelächter beim Publikum, auch die Beisitzer, die Journalisten und der Richter konnten bei dem Austausch der Kontrahenten kaum ernst bleiben. Am Ende jedes Verhandlungstages trugen die Ibizenker ihr Genie stolz auf den Schultern hinaus. War er nicht besser als alle, die er kopiert hatte?
    Diese Geschichte war vermutlich der Anlass dafür, dass Edith und Clifford sich später, 1972, in einen der größten Fälschungsskandale der Geschichte verstrickten. Inspiriert von der Fälscherlegende, hatte Clifford eines Tages mit einem Freund zusammen den Plan gefasst, eine Biografie über Howard Hughes, den exzentrischen amerikanischen Milliardär, zu veröffentlichen. Dazu hatte er Briefe von Hughes gefälscht. Es gelang ihm sogar, mit den Verlegern des Medienunternehmens McGraw-Hill einen Buchvertrag zu schließen, und er kassierte einen beträchtlichen Vorschuss, den er auf ein Bankkonto in der Schweiz überweisen ließ. Das Konto hatte Edith eröffnet, unter falschem Namen und mit gefälschtem Pass. Doch dann meldete sich Hughes, der das Geschehen in der Presse verfolgt hatte, beim Verlag, und in einer live im Fernsehen übertragenen Telefonkonferenz wurde das Komplott aufgedeckt. In der folgenden Gerichtsverhandlung wurde Clifford Irving zu einer Gefängnisstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt, Edith, die das Geld in der Schweiz abgeholt hatte, zu zwei Jahren. Diese Fälschungsgeschichte löste einen riesigen Medienrummel aus.
    Edith und Clifford erzählten uns bei einem späteren Besuch, dass es ihnen dabei hauptsächlich um den künstlerischen Akt gegangen sei, die Autobiografie einer noch lebenden Ikone der Finanzwelt zu erfinden. Stockhausen fand, das sei eigentlich eine geniale Idee und käme der Konzeptkunst nahe. Die beiden hätten leider nur den Fehler begangen, Geld dafür zu kassieren. Das hätte den künstlerischen Geniestreich verdorben.
    Die Besuche unserer Freunde würzten die winterliche Einsamkeit am Meer. Die hatte aber auch einen reinigenden Effekt und tat allen gut. Da ich die wohltuende natürliche Umgebung auch anderen angedeihen lassen wollte, hatte ich einmal einen mir bekannten blassen, hungrigen Künstler eingeladen. Meer, Sonne, klare Luft und gutes Essen schienen mir therapeutisch ratsam für seine Seele und seinen Körper. Ich holte ihn vom Bahnhof ab. Zunächst war er ganz dankbar, aber irgendwann hielt er es nicht mehr aus – das Gekreische der Möwen, das helle Licht, er male ja daheim nur nachts, das sei ihm alles zu natürlich. Er brauche die künstliche Welt der Stadt, diese ständige frische Luft bereite ihm nur Kopfschmerzen. Ich fuhr ihn schließlich zurück zum Bahnhof, bepackt mit einem halben Hummer, den er dann doch gerne annahm. Ja, so verschieden waren wir, und ändern konnte man niemanden. Er wollte es eben so.
    An einem Tag im Beachhouse reihten sich mehrere sonderbare Vorfälle aneinander, die weitreichende Folgen haben sollten. Es begann eigentlich wunderschön, die Frühjahrssonne strahlte, und ich hatte mein Atelierfenster weit geöffnet. Im Erkerzimmer nebenan saß Stockhausen beim Komponieren. An der einzigen geraden Wand dieses Zimmers hatte ich eines meiner riesigen Werke montiert. Es trug den Titel Who knows why or what to paint anymore . Auf einmal wehte mir der Wind durch das Fenster ein Zettelchen zu, auf dem geschrieben stand: »Lebe jeden Tag so, als wäre es dein letzter.« Ich war beeindruckt. Der Spruch war nicht von Hand geschrieben, sondern gedruckt, wie auf den kleinen Papierchen, die man in Glückskeksen findet.
    Ich nahm die Aufforderung ernst, beendete meine Malarbeit, ordnete mein Atelier, füllte ein paar Überweisungen

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