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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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Zugbrücke war herabgelassen. Wir ritten in den leeren kopfsteingepflasterten Hof ein.
    Ich musterte die Fensterreihen zu drei Seiten des Innenhofes. Keinerlei Bewegung war dahinter zu sehen.
    Eine große, grau und bernsteinfarben gefleckte Katze erschien in einer Seitentür und trottete gemächlich über den Hof. Wir standen ratlos da; unsere Pferde stampften und tänzelten vor und zurück, und ihre Hufe klapperten laut auf dem Pflaster. Noch immer zeigte sich niemand.
    »Compton«, sagte ich schließlich, »seht nach, ob Viscount Rochford daheim ist.« Ich wusste indessen, dass er sich, wäre er daheim gewesen, längst gezeigt und uns überschwänglich willkommen geheißen hätte. William stieg ab und klopfte an die schartige Mitteltür. Der Klopfer hallte klagend durch das Haus, aber niemand öffnete die Tür. Er drehte sich mit hilfloser Gebärde zu mir um und wollte schon zu seinem Pferd zurückkommen, als die Tür sich doch noch knarrend öffnete. Eine alte Frau spähte heraus. Compton fuhr herum.
    »Seine Majestät, der König, ist gekommen, Viscount Rochford zu sehen«, verkündete er großartig.
    Die Frau machte ein verwirrtes Gesicht. »Aber … er wusste nicht …«
    Ich trieb mein Pferd voran. »Natürlich nicht«, sagte ich. »Es war ein mutwilliger Einfall. Ich war in der Nähe auf der Jagd, und es gelüstete mich, den Viscount zu besuchen. Ist dein Herr nicht da?«
    »Nein. Er – er – ist nach Groombridge geritten, um die Katen seiner Pächter zu besehen. Am späten Nachmittag, sagte er, wolle er zurück sein.«
    Ich warf einen Blick zur Sonne. Sie stand halbhoch am Himmel. »Wir werden ihn erwarten«, sagte ich.
    Die Frau geriet offenbar in eine noch größere Aufregung. »Aber Euer Gnaden, wir haben nichts …«
    »Ich brauche nichts«, unterbrach ich sie. »Nichts außer einem Plätzchen zum Rasten und vielleicht einem Schluck Ale, ehe ich nach London zurückkehre.«
    Sie trat beiseite und ließ uns in die steinkühle Dunkelheit des Hauses treten. »Die Große Halle ist hier …« Sie führte uns in ein großes Zimmer, kaum eine Halle. »Ich werde Erfrischungen holen«, erklärte sie und hastete davon.
    Der Raum war spärlich möbliert; vorzügliche flandrische Gobelins bedeckten die Wände, der lange eichene Speisetisch war kunstreich geschnitzt, und neben dem großen Kamin stand eine Schubladenkommode der modischen Art.
    Meine Männer standen unbeholfen herum. Es gab nirgends einen Stuhl, auf den man sich hätte setzen können, und der Fußboden war blanker Stein. Da es Juli war, brannte kein Feuer im Kamm, und so war ihnen auch der übliche Zeitvertreib verwehrt, sich einfach davor zu stellen.
    Nach kurzer Zeit kehrte die Alte mit einem Tablett zurück, auf dem ein goldener Krug und vier Becher standen. Sie stellte es auf den Tisch, füllte die Becher und reichte sie uns. Dann schaute sie sich bedrückt um: Sollte sie nun gehen oder bleiben? Es wäre gewiss ein Verstoß gegen die Etikette, den König ohne Bedienung stehen zu lassen, aber ein noch schlimmerer, wenn eine Küchenmagd es unternähme, ihn zu empfangen und zu unterhalten. Hufschlag im Hof bereitete ihrem Dilemma ein Ende: Boleyn war zurück. Gleich darauf kam er ins Haus gestürzt; er hatte das königliche Zaumzeug an dem draußen angebundenen Pferd erkannt und beeilte sich, vor mir zu erscheinen.
    »Ah, Eure Majestät! Wenn ich nur gewusst hätte …«, hob er an und traf sogleich Anstalten, eine Kette von Artigkeiten abzuspulen.
    »Wenn Ihr es gewusst hättet, wäret Ihr ein Zauberer, und einen solchen wollte ich nicht an meinem Hofe haben. Tatsächlich verhält es sich so, dass ich es selbst nicht vorher wusste. Wie sollte es dann möglich sein, dass Ihr es wusstet?«
    Er strahlte, sah sich aber dann voller Unbehagen um, ob etwa irgendwo grobe Unordnung herrsche. »Es ehrt mich, dass Ihr geruhtet, ohne Anmeldung herzukommen. Es bedeutet, dass Ihr Euch hier zu Hause fühlt, und ich hoffe, es wird stets so bleiben.«
    Zu Hause? Aber zu Hause ist man nicht nervös; man schwitzt nicht oder läuft umher und späht zum Fenster hinaus. Nein, in Hever Castle war ich nicht zu Hause, und ich würde es auch niemals sein.
    Ich lächelte. »Ich danke Euch. Ich war auf der Jagd, seht Ihr, und …« Um Nachsicht bittend, deutete ich auf mein Jagdgewand.
    Er zappelte ein wenig und verfiel dann darauf, sich zu vergewissern, ob noch Ale im Krug sei.
    »Das Ale ist köstlich«, sagte ich und enthob ihn so der Mühe, sich danach zu

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