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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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Bootsleuten. Margaret More, Thomas’ älteste und liebste Tochter, saß Hand in Hand mit Will Roper, ihrem Freier. More lachte. Ich lachte. Und während die Schatten auf dem unnatürlich grünen Rasen immer länger wurden, war mir, als wäre ich noch nie so glücklich gewesen. Alles würde gut werden.

XLII
    A ls ich wieder in London war, verflog diese Stimmung. Es gab viel zu tun, und ich musste es in Angriff nehmen, denn von allein würde es nie zu Stande kommen. Und in Angriff nahm ich es, wie ich nun berichten werde.
    Die Universitäten gaben ihr Urteil ab, und es war (überwiegend) zu meinen Gunsten ausgefallen (dank meiner in Gold gemünzten Überredungskunst). Aber der Papst blieb unbeeindruckt. (Nicht, dass es mich noch gekümmert hätte, was er dachte.) Mein Plan war von Anfang an zu naiv gewesen. Cranmer war eben nicht der richtige Mann, um mir in meiner »großen Sache« zu helfen.
    More, Cranmer, Wolsey – sie alle waren in dem, was mir am wichtigsten war, nicht zu gebrauchen. Der Gedanke an Wolsey betrübte mich. Obgleich schon so viel Zeit verstrichen war, musste ich mich noch immer mit seinem Erbe befassen. Der vortreffliche Kardinal hatte seine Bücher in Unordnung hinterlassen. Aber es wurde jetzt Zeit, sie zu schließen. Wolsey war seit über einem Jahr tot.
    Beeindruckt hatte ich entdeckt, dass es unter seinen ehemaligen Bediensteten einen gab, der noch immer Zugang zu Wolseys Finanzen hatte und sich auch darin auskannte. Als die anderen sich in Sicherheit gebracht hatten, war dieser Cromwell dageblieben, hatte im Namen seines verstorbenen Herrn agiert und loyal danach getrachtet, diesen Namen von aller Schmach reinzuwaschen. Meine Faszination wuchs, als ich erfuhr, dass dieser Mann derselbe war, der 1522 im Parlament darauf hingewiesen hatte, dass Schottland nah bei der Hand, Europa aber weit entfernt sei.
    Ich ließ ihn kommen.
    Zunächst nahm ich nichts weiter wahr als einen lebhaften kleinen Mann. Er hatte einen abgeflachten Schädel – rundum fast wie eine Schachtel geformt – und schmale Äuglein. Ein Mensch, den man bald vergaß – bis auf die Augen.
    Er wusste in Wolseys finanziellen Angelegenheiten bis auf die letzte Kupfermünze im Haushalt genau Bescheid, und dies diente mir als Vorwand, ihn zu befragen. Aber man bespricht nicht nur Zahlen. Man plaudert. Und darauf verstand ich mich. Meister Cromwell hatte manche interessante Geschichte zu erzählen. Am Anfang handelten sie von anderen, am Ende von ihm.
    Dieser Cromwell, Sohn eines Hufschmieds aus Putney, hatte verborgene Jahre im Ausland verbracht, zuerst als Landsknecht in den italienischen Kriegen, dann als Kaufmann auf dem Markt von Antwerpen, und dabei hatte er genügend Kenntnisse in allgemeinem Recht erworben, um die Zulassung als Rechtsanwalt zu erlangen. Er schien mir zu den seltensten aller Geschöpfe zu gehören: Er war ein absolut amoralischer Mensch, aber asketisch in seinen Wünschen und Bedürfnissen. Somit wäre er in einzigartiger Weise gefeit vor den üblichen Verlockungen – Seiden, Weiber, feinen Speisen –, die seinen Herrn, den Kardinal, in ihren Bann geschlagen hatten. War dies der Mann, den ich suchte, damit er mir bei der Bewältigung meiner »großen Sache« helfe? Ich erwähnte das »delikate« Problem andeutungsweise. Er nickte.
    Ein paar Tage später schickte er mir die Nachricht, er habe einige »Vorschläge« für meine »große Sache«. So tanzte ein Euphemismus mit dem anderen.
    Ich ließ Cromwell mitteilen, er solle persönlich zu mir kommen und die Einzelheiten seines Plans mit mir erörtern. Dazu war er nur allzu gern bereit.
    Pünktlich nach der Frühmesse erschien er in meinem Arbeitszimmer, sein dunkles, glattes Haar nass und gekämmt, die Mütze in der Hand. Ich hatte noch nicht gefrühstückt und ihn so zeitig auch noch nicht erwartet. Ein Tablett mit geräuchertem Aal, Bier und Käse stand auf meinem Tisch und erwartete mich. Ich beäugte es hungrig. Gleichwohl wandte ich mich Cromwell zu und hieß ihn willkommen.
    »Eure schriftlichen Vorschläge waren höchst interessant«, begann ich, und ich nahm die Blätter von meinem Pult und schwenkte sie in der Hand. »Ich habe eingehend darüber nachgedacht.« Wenn ich darauf eine Antwort erwartet hatte, so bekam ich keine; er stand nur da und hörte aufmerksam zu. »Ich möchte, dass Ihr mir Euren Plan ausführlicher erläutert«, fuhr ich fort. »Es ist gar zu mühselig, wollte man alles zu Papier bringen.«
    Er lächelte, denn er wusste, was

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