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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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sehen, was ich auf der meinen tue!«
    Was ich auf meiner Seite zu tun gedachte, war, die Kirche von England von ihrem Quell in Rom abzutrennen; das Parlament sollte mir als Werkzeug der Zerstörung dienen. Ich berief das Parlament ein und hetzte es auf die Kirche.
    Die Parlamentarier zeigten sich willig – nein, sie waren hitzig wie Jagdhunde auf der Fährte eines angeschossenen Hirsches. Die Kirche war verwundet, und sie wollten sie zur Strecke bringen.
    Die erste Attacke bestand in der Drohung, die alljährlichen Zahlungen der Kirche an Rom, die Annaten, abzuschaffen. Dies war der verwundbarste Punkt im päpstlichen Fell. Der Papst unternahm nichts. Das Parlament machte die Drohung wahr und schaffte die Annaten ab. Der erste Speer hatte sein Ziel erreicht.
    Als Zweites kam ein Gesetz, das jegliche Berufung auf Rom untersagte, da der König die höchste Autorität und oberste Instanz in seinem Lande sei.
    Die dritte Maßnahme war das Verbot an die Konvokation, sich ohne königliche Zustimmung zusammenzufinden oder Verfügungen zu erlassen; zudem wurde dem König gestattet, eine Kommission zur Reform des kanonischen Rechts einzuberufen.
    Papst Klemens blökte und tobte, aber er tat nichts.
    Als Viertes erging ein Gesetz, welches den König ermächtigte, alle Bischöfe zu ernennen. Und ein weiteres, für Klemens von entscheidender Bedeutung, folgte jenem dicht auf den Fersen: Nicht länger würde England Steuern (bekannt als »Peterspfennig«) an Rom zahlen.
    Im Grunde sind es nur zwei Dinge, die uns bewegen: die Liebe und die Habgier. Um dieser beiden willen werden wir unser Leben aufs Spiel setzen, wo nichts anderes uns dazu wird bringen können. Dieser Tritt in seinen verehrungswürdigen Geldsack würde Klemens doch gewiss zur Vernunft kommen lassen.
    Aber nein. Er war entweder ein Narr oder ein wirklich guter Mensch. Da ich aber sehr wohl wusste, dass er Letzteres nicht war, musste er zwangsläufig das Erstere sein.
    Das letzte Gesetz regelte die Anklage wegen Ketzerei. Nicht mehr die Kirche hatte darüber zu befinden, sondern Laien mussten derlei nun zur Anzeige bringen und beurteilen. Diese Maßnahme fand beim Volke ungeheuren Beifall und schaffte der Kirche arges Unbehagen.
    Als das Parlament sein Werk getan, hatte die Kirche in England nur noch wenig Macht. Ich war ihr Oberstes Haupt; ihre leitenden Gremien konnten ohne meine Einwilligung nicht zusammenkommen und nicht einmal Bischöfe ernennen; sämtliche Abgabenzahlungen an Rom waren eingestellt. Der Papst hatte die Inseluntertanen verloren, die St. Augustin im sechsten Jahrhundert gewonnen hatte.
    Man darf nicht denken, dies alles sei rasch vonstatten gegangen, oder es habe sich nichts anderes zugetragen, während das Parlament tagte. Tatsächlich war ich ja noch immer in das verstrickt, was die Franzosen so charmant als ménage à trois bezeichnen. Offiziell war ich noch Katharinas Ehegemahl. Wir traten weiter als König und Königin auf, erschienen auf allen Festen und Empfängen zusammen. Am anderen Ende des Palastes wohnte Anne, die offiziell noch immer als Katharinas Kammerfrau diente. Es war ein unerträglicher und gleichwohl drolliger Zustand. Die letzte Ironie lag darin, dass diese ménage à trois sich in einem wesentlichen Aspekt von allen anderen unterschied: Ich schlief mit keiner der beiden Frauen.
    Und ich war an allen Fronten in Bedrängnis. Mancher bei Hofe, der mich anfangs unterstützt hatte, wurde wankend. Das Volk hörte nicht auf, der »guten Königin Katharina«, wann immer sie ausging, zuzujubeln und Anne zu schmähen.
    Anne und ich besuchten oft die Kapelle der Gehorsamen Franziskaner, die neben dem Palast in Greenwich stand. Für gewöhnlich erscholl hier von der Kanzel eine Predigt, die nachdenklich stimmte, und die Messe war stets Ehrfurcht erweckend. Als wir aber eines stürmischen Februartags zur Messe kamen, wurde ich sogar hier attackiert.
    Es war kalt und klamm in dem Kirchlein; die Kohlenbecken hinderten nicht, dass der Frost hereinsickerte. Ich sah, dass Anne hin und wieder leicht erzitterte. Sie war so dünn, dass selbst die Pelze, die sie beständig trug, wenig dazu taten, ihr andauerndes Frösteln und Beben zu mildern. Seit Weihnachten war sie mehrere Male krank gewesen.
    Der Pater begann mit seiner Predigt. Aber statt uns eine interessante theologische Prämisse zu eröffnen, erhob er ein Gebrüll.
    »Erinnert ihr euch der Geschichte vom König Ahab?«, schrie er. »König Ahab war König von Israel. Aber er fiel ab

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