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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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weiter friedfertig ihren Bienenkörben und Webstühlen und Pflügen, und manchmal standen sie auf dem Kopf. Dann erschien mir der Papst; bald sah er aus wie Wolsey, bald wie mein Vater. Als Vater die päpstliche Tiara auf dem Haupte trug, sah er mich anklagend an. »Wofür hast du alles ausgegeben? Und was hast du mit meinem Reich getan? Hast du ihm einen Erben geschenkt? Hast du neue, gerechte Gesetze geschaffen? Nein, das bezweifle ich …« Aber noch während er redete, verschwand die Vision gnädig aus meinem Traum.
    Ich erwachte – hatte ich überhaupt geschlafen? – im fahlen Licht vor dem Morgengrauen, und ich sann über meine Träume nach. Vater … Wolsey … der Papst. Mein Leben lang war ich diesem oder jenem ein pflichtbewusster Sohn gewesen, hatte mein innerstes Sehnen und Trachten ihnen anvertraut. Hatte versucht, ihnen zu gefallen, und es doch nie vermocht. Hatte mein Ziel nie ganz erreicht, auf die eine oder andere Weise. Hatte es dann wiederum versucht, nur um mir behutsam sagen zu lassen … nur dies und jenes ist nicht recht gelungen.
    Damit war es jetzt zu Ende. Jetzt würde ich, endlich anfangen, mein eigener Herr zu sein. Nieder mit diesem hartnäckigen Trio von Neinsagern!

XLIII
    I ch ließ die Konvokation unverzüglich zusammentreten. Das war wichtig für meinen Plan, denn ich wollte die Kirchenmänner überraschen, solange sie nicht ahnten, was ihnen bevorstand. Als all die hochrangigen Kleriker (die Konvokation war ein Gremium, das die Kirche insgesamt repräsentierte) versammelt waren, hörten sie starr vor Entsetzen, dass sie angeklagt seien, Verrat durch »Praemunire« begangen zu haben, indem sie ohne vorherige königliche Erlaubnis päpstliche Bullen nach England gebracht hätten. Nur durch die Zahlung einer Buße in Höhe von einhunderttausend Pfund könnten sie hoffen, Vergebung zu erlangen … durch eine solche Buße sowie durch ein unschuldiges Dokument, in welchem sie ihr übles Vergehen beklagten und eingeständen, unterzeichnet von ihnen allen und gerichtet an den König, der beiläufig als Oberstes Haupt der Kirche in England zu betiteln sei. Ein so einfaches Verfahren, nicht wahr? Um so viel einfacher als die endlosen Ränke und Komplotte, die Wolsey ersonnen hatte, um Klemens beizukommen. All die Gesandten an all den Höfen bedeuteten nichts im Vergleich zu einem Stück Pergament mit diesen sechs verheerenden Wörtern.
    Die Konvokation sträubte sich; sie bat; sie suchte sich herauszureden. Aber am Ende kapitulierte sie, zahlte und unterzeichnete das Dokument. Das höchste kirchliche Gremium des Landes hatte damit den König zu seinem Oberhaupt erklärt.
    Neugierig wartete ich auf Papst Klemens’ Reaktion. Dies musste die störrische, aber willensschwache Kreatur doch gewiss elektrisieren. Jetzt musste er begreifen, dass ich gesonnen war, auf dem eingeschlagenen Weg fortzuschreiten und mich selbst und mein Land vollends von Rom zu befreien. Wie einfach wäre es nun für ihn, ein Pergament zu unterzeichnen, mit dem er mich von Katharina befreite und England und seine süßen Abgaben für die Kirche bewahrte – fast so einfach, wie es für die Konvokation gewesen war, das Dokument zu unterschreiben.
    Aber nein. Der widerspenstige Bock weigerte sich. Er sprach Warnungen aus und forderte mich auf, in meinem Handeln innezuhalten, da mir sonst die Exkommunikation drohe. Er verbot jedermann, zugunsten der Annullierung zu sprechen, solange der Fall nicht »entschieden« sei – vermutlich in Rom. Begriff dieser Narr nicht, dass eine Entscheidung aus Rom für mich nicht verbindlich sein würde? Und wenn es wirklich sein Wunsch gewesen wäre, die Angelegenheit unparteiisch zu behandeln, dann hätte er jegliche Erörterung des Falles untersagt, nicht bloß die, wo jemand sich zugunsten einer Annullierung aussprach.
    »Und wenn der Papst zehntausendfach den Kirchenbann ausspräche, ich gäbe keinen Pfifferling darum!«, brüllte ich, als ich von seiner jüngsten Drohung hörte.
    Cromwell und Anne waren dabei zugegen. Anne machte ein schadenfrohes Gesicht; in letzter Zeit hatte sie meine Standhaftigkeit in dieser Sache in Zweifel gezogen. Sie glaubte, ich würde wankend. (Das glaubten sie alle. Der alte Heinrich wäre es auch geworden, aber nicht der neue.)
    Sie klatschte in die Hände. »Ah, gut!«
    Cromwell verzog nur spöttisch das Gesicht. »Jetzt wird in Rom ein munteres Treiben anheben«, meinte er.
    »Der Papst mag auf seiner Seite tun, wie ihm beliebt – und dann wird er

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