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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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Ich nahm ihn und warf ihn ins Feuer. Dabei konnte ich ein bitteres Lachen nicht unterdrücken. Nicht immer wissen wir, wonach wir uns sehnen.

    Am nächsten Morgen, im hellen Sonnenschein, erschien es mir wie ein einzigartiges Ereignis, ohne Dauer oder Bedeutung. Ich pfiff mir eins, während Norris mich ankleidete, und machte ihm gar ein Kompliment für das süß duftende Feuer, das er für uns entfacht hatte.
    »Ich hoffe, es hat zu Euren Freuden beigetragen«, antwortete er bescheiden.
    Ich brachte ein breites Lächeln zu Stande, das sich echt anfühlte. »In der Tat!«
    Er machte ein zufriedenes Gesicht.
    »Ich nehme an, der päpstliche Bote hat eine fruchtlose Nacht verbracht?« Ich war froh, mich diesem Gegenstand zuwenden zu können.
    »Aye.«
    »Wo ist er jetzt?«
    »Er frühstückt mit dem Herzog von Suffolk.«
    Ha! Das ließ mich schmunzeln. Charles Brandon hasste den Papst beinahe so sehr wie ich, obgleich er viel weniger Grund dazu hatte. Rom hatte ihm äußerst zuvorkommend die Aufhebung zweier früherer Ehen gewährt und mir damit zu Beginn meiner Unterhandlungen ein ermutigendes Beispiel gezeigt.
    »Ich glaube, Brandon glaubt – zumindest wird er Klemens’ Gesandten diese Auskunft geben –, ich sei auf der Jagd im New Forest, zwei oder drei Tagereisen von hier entfernt. Er muss sehen, dass er mich dort findet.«
    »Ich werde ihn daran erinnern.« Norris zeigte keinerlei Überraschung angesichts dieser Anweisung. Schon in diesem Augenblick fragte ich mich, wie er sich solche Kunstfertigkeit hatte beibringen können. Er verbeugte sich und ging, um Brandon meine Botschaft zu überbringen.
    Hoffentlich würde das päpstliche Schoßhündchen seinen erfolglosen Jagdausflug genießen. Vielleicht würde ja ein wilder Eber sich gefällig zeigen und ihm zu etwas Beute verhelfen, wenn auch von anderer Art als der gewünschten.
    Dieses Wild hier musste sich derweilen zu einem neuen Tag rüsten, dachte ich und stemmte mich hoch; es musste sich mit Saucen und Garnierungen anrichten, um den Betrachtern genießbar zu erscheinen.
    Noch ehe ich mit dieser über die Maßen langwierigen Aufgabe zurande gekommen war, bat Cromwell, mich sprechen zu dürfen. Erfreut schickte ich Barbier und Parfümeur fort – den Letzteren besonders gern. Er hatte mir soeben verschiedene neue Düfte angeboten, die mich erfreuen und »das träge Winterblut in Wallung bringen« sollten, aber sie hatten mich nur an das erinnert, was letzte Nacht nicht in Wallung geraten war. Jetzt hingen die aufdringlichen Gerüche in der Luft, schwer und vorwurfsvoll. Brummend wandte ich mich Cromwell zu, um ihn zu begrüßen.
    »Euer Gnaden!« Ein Grinsen lag auf seinem Gesicht, aber es sah so seltsam aus, dass ich spürte, es hatte nichts Gutes zu bedeuten.
    »Was gibt es?« Ich bemühte mich, meiner Stimme nicht anmerken zu lassen, wie erschrocken ich war.
    »Euer Gnaden, ich habe hier – die Dokumente.« Er streckte die Arme aus und ließ zwei mächtige Dokumente herniederrollen wie Baumstämme an einem Berghang. Ich sah die päpstlichen Siegel baumeln.
    »Gott im Himmel! Ich werde sie nicht annehmen! Sagt, man habe Euch keinen Zugang zu meinen Gemächern gewährt. Narr, der Ihr seid!«
    Lachend schüttelte er den Kopf und kam auf mich zu; er durchschritt die widerlichen »Winterblut«-Parfümwolken wie Moses das Rote Meer. »Nein, Eure Majestät – all Eure Gebete sind erhört.« Seine Stimme klang sanft.
    »Die Bullen«, wisperte ich. »Die Bullen!«
    »Ja.« Ehrerbietig überreichte er sie mir. »Um Mitternacht trafen sie mit dem Schiff in Dover ein. Der Bote ist geradewegs hergeritten.«
    Ich entrollte sie rasch und breitete sie aus. Es stimmte. Papst Klemens hatte Thomas Cranmers Ernennung zum Erzbischof von Canterbury akzeptiert und genehmigt.
    »Crum!« Der Spitzname entstand in diesem Augenblick frohlockender Komplizenschaft.
    »Ich gratuliere, Eure Majestät.« Wieder dieses unheimliche Grinsen. »Das bedeutet, Ihr habt gesiegt.«
    Ich starrte auf das Pergament, auf die lateinischen Worte, auf die gewichtige Unterschrift. Ich hatte gesiegt. Sechs Jahre waren seit der ersten »Untersuchung« meines Ehefalles vergangen. Das lang ersehnte Pergament fühlte sich plötzlich so leicht, so erreichbar an. Sechs Jahre. Ein geringerer Mann hätte sich abweisen, sich einschüchtern lassen, er hätte seine Kosten gezählt. Aber ein geringerer Mann hätte im März 1533 auch nicht das Pergament in Händen gehalten, das Heinrich VIII. von England jetzt in

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