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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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seinen Händen hielt.
    Nie wieder würde ich einen anderen Menschen um seine Billigung oder Erlaubnis bitten müssen, wenn ich etwas tun oder lassen wollte.
    »Ja. Ich habe gesiegt.«
    »Und was fühlt Ihr jetzt?«
    »Ich fühle, dass es richtig ist.«

    Während der andere päpstliche Kurier sich über schlammige Straßen zu dem in der Gegend von Winchester gelegenen New Forest plagte, bewirtete ich seinen erfolgreicheren Landsmann in Greenwich. Mit den besten Weinen trank ich auf Klemens’ Wohl, und ich erkundigte mich fürsorglich nach seiner Gesundheit, lobte seine Tapferkeit während der Kerkerhaft und so fort. Dann setzte ich den Boten auf das nächste verfügbare Schiff und schickte ihn zurück auf den Kontinent. Cranmer bereitete ich unterdessen auf die Weihe zum Erzbischof vor.
    »Und es muss bald geschehen«, erklärte ich. »Bevor Klemens es sich anders überlegen kann. Ich begreife jetzt, weshalb er mir die Weisung geschickt hat, mich von Anne zu trennen und Katharina wieder aufzunehmen. Sie sollte Hand in Hand mit dem Dokument gehen, das Euch zum Erzbischof macht. Ich sollte das eine nicht bekommen, ohne das andere zu schlucken – wie ein Kind, das ein Abführmittel in einem Kuchen bekommt. Und er hat sie separat übersandt, um vor Räubern oder Unfällen sicher zu sein. Ein Fehler! Gott war offenbar auf unserer Seite, denn er sorgte dafür, dass seine Boten in England nicht zusammentrafen.«
    »Ich glaubte, es sei Cromwell gewesen, der dafür sorgte, dass sie einander nicht begegneten«, erwiderte Cranmer ruhig.
    Ich tat seinen Einwand ab. »Aber es muss Gottes Wille gewesen sein, denn sonst hätte er nie zugelassen, dass es sich so leicht bewerkstelligen ließ. Ihr werdet jedenfalls in St. Stephen geweiht werden, hier in Westminster. Doch zuvor, mein lieber Thomas, müssen wir erörtern, was ich nun zu tun gedenke. Zweifellos fandet Ihr meine Absichten verwirrend. Welchen Eindruck hatte man auf dem Kontinent?« Cranmer war im Januar in diplomatischer Mission beim Kaiser gewesen.
    Cranmers klare blaue Augen zeigten keine Regung. »Man hatte überhaupt keinen. Ich bitte um Vergebung, Euer Gnaden, aber Eure ›Große Sache‹ war dort nicht in aller Munde, wie es anscheinend hier der Fall ist.«
    »Unfug! Selbstverständlich ist sie von größtem Interesse und hoher Bedeutung für den Kaiser! Ich glaube wohl, Ihr wart mehr mit Eurer eigenen ›großen Sache‹ befasst, als Ihr in Deutschland weiltet. War es nicht so? Nun, Ihr könnt ihr Lebewohl sagen. Ein verheirateter Erzbischof! Spricht sich das herum, haben wir unseren Ruf verspielt.«
    Immer noch sah Cranmer mich an, ohne mit der Wimper zu zucken. Wirklich, manchmal ärgerte er mich.
    »Behaltet sie als Mätresse. Mätressen erlaubt die Wahre Kirche. Ehefrauen nicht.«
    »Kommt Euch das nicht heuchlerisch vor, Euer Gnaden?« Wieder so eine ruhige Frage.
    Jetzt verlor ich all meine Geduld. »Beim Blute Gottes! Seid Ihr ein Reformator? Habt Ihr die Absicht, Euch gegen mich zu wenden, wenn Ihr erst im Amt seid? Wollt Ihr ein protestantischer Becket werden? Denn wenn Ihr solche Absichten hegt, mein lieber Thomas, dann lasst Euch warnen: Es wird Euch nicht gelingen. Verrat werde ich nicht hinnehmen. Also sprecht jetzt, und erklärt Euch. Übt Euch nicht selbst in der Heuchelei, die Euch bei anderen so unerträglich ist.«
    Er schwieg lange – zu lange. Dann: »Ich bin Euer Mann.«
    »Gut.« Der erstickende Duft hing noch immer in der Luft. Ich wollte ihm entfliehen. »Kommt, wir wollen uns drüben hinsetzen, ins Licht der Morgensonne.« Ich führte ihn zu einer hellen Fensterbank. »Die Sache ist kompliziert«, begann ich.
    »Sprecht nicht herablassend mit mir, Euer Gnaden«, sagte er.
    Er hatte Recht; ich hatte es getan. Ich begann von neuem. »Unser Ziel ist es, dass Ihr den Papst als höchste geistliche Autorität in England ersetzt. So kann eine Entscheidung, die Ihr fällt, nicht über Euren Kopf hinweg zur Revision an den Papst verwiesen werden. Um dies zu erreichen, müssen wir gewisse Bindungen zu Rom auflösen. Das Parlament ist eben dabei, es zu tun.«
    »Wie? Kraft welcher Autorität?«
    »Kraft seiner eigenen Autorität. Kraft welcher Autorität hat Rom denn seine Rechtsprechung zuvor auf England ausgedehnt? Kraft der eigenen. Jawohl! Dieses ganze eng verwobene Gebäude der Kirche, das Ihr in England sehen könnt – die Kathedralen, die Abteien, die Pfarrkirchen, die predigenden Wanderbrüder, die Klöster – das alles ruht auf dem

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