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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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seinem Bruch mit Rom? Er benimmt sich wie ein Mann, der seine Geliebte verstößt, zugleich aber alles Mögliche unternimmt, um an ihrem Hause vorbeizukommen.
    »Keine Sorge, Thomas«, beruhigte ich ihn. »Es ist eine private Sache und nicht von Dauer. Später wird alles gehen, wie Gott es will.« Es durfte nicht sein, dass er von meinem Geheimnis erfuhr.
    Anne wollte mitkommen. Ich erklärte, wegen des strengen Wetters sei dies eine Reise für Männer. Sie bat mich inständig, bis zum Frühjahr zu warten. Aber der Fall war so dringlich, dass ich unverzüglich reisen musste, wenngleich ich ihr nicht sagen konnte, warum; sie durfte nicht wissen, welche Qualen ich litt, weil ich außerstande war, sie zu lieben – und es war mir unmöglich, dies nur einen Tag länger zu erdulden, als unbedingt nötig war.
    »Danach werde ich Maria in Beaulieu House aufsuchen und diese Angelegenheit erledigen. Es ziemt sich nicht, dass du zu ihr kommst und sie beschwörst. Ich als ihr Vater und König werde ihr die Flausen austreiben.«
    Anne nickte. »Gut.«
    Plötzlich kam mir eine Idee. Ich würde nicht allein reisen. »Sag deinem Bruder George, ich wünsche, dass er mich begleitet. Ich möchte ihn besser kennen lernen.« Ich entsann mich des schüchternen, aber ehrgeizigen Jünglings, den ich vor so langer Zeit in Hever gesehen hatte. Ich hatte ihn mit Anne zusammen an den Hof kommen lassen und dann vergessen. Wie mochte er sein? »Und er soll sich einen oder zwei seiner Gefährten auswählen. Und der junge Howard, dein dichtender Cousin.«
    »Henry Graf von Surrey?«
    »Aye. Ich möchte die Jünglinge bei Hofe kennen lernen. Rings um mich her ist eine neue Generation herangewachsen.« Und noch eine Idee hatte ich. »Ich will Carew und Neville mitnehmen; sie gehören zu meiner Generation. Mal sehen, wie sie zusammenspielen. Und dann« – sofort sah ich, wie brillant dieser Einfall war – »soll auch Chapuys mitkommen! Soll er selbst sehen, wie störrisch Maria ist, aber auch, wie gut bewacht. Daran wird der Kaiser für die nächste Zeit zu kauen haben! Und der Papst ebenfalls.«
    »Am besten nimmst du noch Cromwell in die Gesellschaft, wenn Chapuys sich wirklich elend fühlen soll.«
    Ich brüllte vor Lachen. »Aye! Dennoch, in Gesellschaft kommen sie gut miteinander aus, wie ich höre.«
    Sie lächelte schlau. »Versuch’s mit ihnen; du wirst schon sehen.«
    Will:
    Und so führte der König all diese wunderlichen Bettgenossen zu seiner eigenen Belustigung zusammen, um zu sehen, wie sie zusammen musizieren würden. In der Tat waren inzwischen zwei Generationen bei Hofe herangewachsen, und niemand spiegelte die Veränderungen besser wider als die Howards.
    Die älteren Howards – Thomas, der Herzog von Norfolk, seine Mutter Agnes, seine Gemahlin Elisabeth und seine elf Geschwister – waren allesamt konservative, steife, fantasielose Katholiken. Die Männer kämpften, die Frauen wirkten als Kastelaninnen auf ihren großen Gütern im Norden. Das war alles, was sie verstanden, und es war auch alles, was sie verstehen wollten.
    Ihre Nachkommenschaft, das Geflecht junger Vettern – Henry, der Graf von Surrey, seine Schwester Mary, die Boleyns und Edmund Howards achtköpfige Kinderschar – waren bestenfalls moderne, liberal gesonnene Hofgeschöpfe, schlimmstenfalls liederliche Gestalten. Der König sollte nun allein und aus erster Hand erfahren, was auf wen zutraf.
    Heinrich VIII.:
    So kam es, dass am letzten Tag des Januar eine bunt zusammengewürfelte Schar von Pilgern den Palast zu Richmond verließ und sich auf den Weg zum Schrein Unserer Lieben Frau von Wrexford begab.
    Wir wandten uns gen Osten, in die aufgehende Sonne, und ritten denselben Weg, den ich an jenem ersten Morgen vor so langer Zeit, da ich als König von England aufgestanden war, auch genommen hatte. Damals hatte ein duftender Wind geweht, und ich hatte mich so stark gefühlt wie niemand sonst unter den tausenden, die den Wegesrand gesäumt hatten. Inzwischen war es kein Weg mehr, sondern eine breite, viel begangene Straße, und ich hatte seitlich an meinem Sattel ein besonderes Polster, das die Beschwerden an meinem Bein lindern sollte. Vor dem Aufbruch hatte ich das Bein mit Salbe eingeschmiert und mit üppig dicken Lagen von Mull umwickelt; ich wusste ja, dass man unter meinem unförmigen Winterreisemantel nichts davon sehen würde. Dergestalt schützend gepolstert, fühlte das Bein sich viel besser an. Wenn mich jetzt niemand anstieß –.
    »Prachtvoll, Euer

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