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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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zufolge.«
    »Aber dann müssen Katharina und Maria sicher auch sterben. Denn mehr als alle anderen würden sie sich doch selbst verurteilen, wenn sie diesen Eid leisteten.«
    »Ihr dürft nicht an andere denken, wenn Ihr schwört. Sie sollen Eure Sorge nicht sein. Denkt Ihr an Euch selbst und an Eure unsterbliche Seele.«
    »Das werde ich nicht vergessen, Euer Gnaden.«
    »Ihr könnt Euch nicht länger verkriechen!«, warnte ich. »Der Eid wird Euch finden, auch hier. Das wisset.«
    »Das Beste wird sein, ich bewahre mein Schweigen. Schweigen bedeutet Zustimmung, nach allgemeinem Recht.«
    »Das genügt nicht mehr! Es gibt vielerlei Arten des Schweigens. Nur wenige sind gut. Vom hasserfüllten über das höhnische bis zum gleichgültigen Schweigen – das Schweigen ist niemals ein Verbündeter.«
    »Vielleicht wird es mir einer sein«, sagte er.
    »Täuscht Euch nicht«, erwiderte ich. »Wer jetzt schweigt, ist mein Feind. Es muss so sein, denn ich mache es Euch leicht, Euch als mein Freund zu erklären. Die Kosten, die Mühen, alles übernehme ich. Ihr müsst nur noch akzeptieren. Wie die Gäste, die zum königlichen Hochzeitsschmaus geladen waren.«
    »Ja, aber diese Einladung war nicht so offen, wie sie erschien. Gäste, die nicht entsprechend gekleidet waren, wurden abgewiesen und zum Teufel geschickt.«
    »Die Weigerung, die entsprechende Kleidung anzulegen, ist auch eine Beleidigung!« Meine Stimme wurde lauter. »Vor allem, wenn der Gastgeber sie zur Verfügung stellt!«
    In diesem Augenblick ging der Mond auf, eine große bleiche Scheibe. Seine Strahlen tauchten die Beobachtungsplattform in fahles Silber.
    »Unser Gast«, bemerkte More. »Oder ist er der Gastgeber? Es ist oft nicht leicht, das mit Sicherheit zu sagen.«
    Mit leichter Hand hatte er meine unerbittliche Warnung in einen Scherz verwandelt. Am liebsten hätte ich ihn geschüttelt, noch lauter gebrüllt. Doch er, der er die Worte toter Gelehrter und Heiliger gehört und beherzigt hatte – was konnte ein Lebender mehr tun, um seine Aufmerksamkeit zu erregen?
    »›Wer nicht für mich ist, der ist gegen mich‹«, stellte ich schließlich fest. »So wird das Gesetz es deuten.«
    »Ich habe verstanden, Euer Gnaden«, antwortete Morc. Aber hatte er wirklich verstanden?
    Wir beobachteten, wie die Eklipse begann. Ein mächtiger dunkler Schatten kroch über das fleckige Antlitz des Mondes, der mittlerweile höher, einsamer am Himmel stand. Zwei Linsen, hintereinander gesteckt, ließen uns erkennen, wie dunkel und unregelmäßig die Züge des Mannes im Mond waren.
    »Was glaubt Ihr, woraus sind sie geformt?«, fragte More sich laut. »Aus Asche? Oder aus einer Substanz, die wir auf der Erde nicht haben? Könnten sie flüssig sein? Nein, dann würden sie schimmern, und wir würden es funkeln sehen. Ist es vielleicht so etwas wie Teer?« Er klang wie ein aufgeregter kleiner Junge.
    Was immer es war, es verschwand, und Dunkelheit legte sich darüber.
    »Ob es dort etwas Lebendiges gibt?« Ich dachte an Geschichten von Mondwesen und an die alten heidnischen Göttinnen und an Artemis und Diana. Es war, als sei der Mond ein denkendes Wesen, ganz verwoben in unser Leben.
    »Darum hat Gott sich bekümmert.«
    Gott. Stets ein so fester Grund für More.
    »Aye. Wenngleich wir niemals wissen werden, in welcher Weise.«
    »Die Geschöpfe, mit denen er die Erde bevölkert hat, sind wunderlich genug«, meinte More. »Drei Menschenleben reichen nicht, sie zu studieren.«
    Sollte ich noch etwas sagen? Ich war hergekommen, More zu warnen, ihm zu raten. Ich hatte es versucht und war zurückgewiesen worden. Wie oft musste ich ihn warnen? Hatte ich meiner Pflicht jetzt Genüge getan? Durfte ich in Frieden die Mondfinsternis genießen?
    »Thomas«, sagte ich. »Die Angelegenheit, die mich heute Abend hergeführt hat, ist ernst. Todernst. Ich möchte, dass Ihr das wisst. Wenn Ihr Fragen habt …«
    »Dann werde ich sie stellen, Euer Gnaden. Des könnt Ihr gewiss sein.«
    »Dann stellt sie!«
    Die bedrohte Mondscheibe blieb sich selbst überlassen, als wir einander anstarrten.
    »Ich habe keine Fragen. Ich kenne die Antworten. Und wenn man die Antworten – so missliebig sie auch sein mögen – erst kennt, gibt es keine Fragen mehr zu stellen.«
    »Aber kennt Ihr die Antworten?«
    »Ja, Euer Gnaden. Ich kannte sie, bevor Ihr herkamt. Aber ich danke Euch, dass Ihr gekommen seid.«
    »Solange Ihr nur verstanden habt.«
    »Ich habe verstanden«, beharrte er. »Ich habe

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