Ich, Heinrich VIII.
Speckringe umgaben seinen kräftigen Hals wie eine Krause.
Sein Benehmen war rüde und entsprach nicht seiner Art: Er rülpste bei Banketten, aß mit den Fingern und warf die Knochen hinter sich; er gähnte, wenn er sich langweilte, und es kam vor, dass er ein Gastmahl oder eine Audienz einfach verließ und damit Gesandte und Ratsherren beleidigte; er machte obszöne, skatologische Witze, und – was nun vollends nicht zu ihm passte – er beging Sakrilegien: Er warf sein Kruzifix in den Kamin, und er hob die Röcke der Jungfrau hoch und spie sie an, ehe er sie gleichfalls den Flammen übergab.
Er schrieb einen höhnischen Drohbrief an Karl und an Franz, als sie einen zehnjährigen Waffenstillstands- und Friedensvertrag unterzeichneten. Er nannte Franz eine »zitternde Hülse an einem von Krankheit zerfressenen Obstbaum« und Karl den »degenerierten, blähmäuligen Abkömmling eines Pavians«. Aus ihrer »kläglichen Union«, erklärte er, »unter falschen Vorspiegelungen und zu lächerlichen Zielen geschlossen«, werde »eine wunderliche Frucht von abscheulichem Aussehen« hervorgehen, »von Pusteln bedeckt und mit Exkrementen beschmiert, und innerwärts hohl und verfault«.
Als Papst Paul iii. öffentlich verkündete, dass Heinrich VIII. exkommuniziert sei, und zum Heiligen Krieg gegen ihn aufrief (wie frühere Päpste zum Kreuzzug gegen die Türken gerufen hatten), da lachte Heinrich schallend (während er Moorhühner und Schnepfen verschlang) und brummte: »Wenn sich diese Judasschlange aus ihrem sodomitischen Wonnenpfuhl windet« – und er wischte sich ausladend über den Mund –, »so wird sie einen mächtigen Stiefel erblicken, bereit, sie zu zertreten, dass das Gedärm aus dem doppelzüngigen Lügenmaul hervorquillt.« Und er rülpste mit großem Nachdruck.
Alles war ihm gleichgültig. Er gab die Musik auf (im Gegensatz zu Nero strich er nicht die Fiedel, als die Klöster brannten); aller Sport wurde vernachlässigt; er ging nicht mehr zur Messe, außer wenn er musste. Er war ein großer, sabbernder, bösartiger Kloß geworden.
Ich ging ihm nach Möglichkeit aus dem Weg, und er rief selten nach mir. Ich war eine der Freuden, an denen er den Gefallen verloren hatte.
Heinrich VIII.:
Das Buch der Bischöfe wurde veröffentlicht, und statt der Auseinandersetzung ein Ende zu machen, entfachte es sie erst richtig. Weil ich nicht selbst der Urheber war, meinten die Leute, es sei nicht verbindlich, und weitere Änderungen der Doktrin seien nicht ausgeschlossen. Die Reformer wussten genau, wo sie die Arche der Kirche von England zur Ruhe kommen sehen wollten: auf dem lutherischen »Berge zu Wittenberg«. Die Traditionalisten hingegen klammerten sich fest und fühlten sich bedroht.
Allen Vorsichtsmaßnahmen zum Trotz fassten die Häretiker Fuß in England. Reformer betrachteten die Kirche von England nicht als eine innere Angelegenheit (meine Angelegenheit!). Sie sickerten ein und suchten Einfluss zu gewinnen. Sogar den schmutzigen Wiedertäufern gelang es, sich einzunisten. Ich befahl ihnen allen, England zu verlassen. Aber sie ließen ihre Bibeln, Traktate und Ideen zurück und vergifteten so die Herzen der Menschen.
Gleichzeitig mussten die papistischen Parteigänger vernichtet werden. Ich gab bekannt, dass das Pilgern zu den Wallfahrtsorten bei Todesstrafe verboten sei. Alle »Wunderstatuen« waren aus ihren Schreinen zu entfernen, nach London zu senden und dort zu untersuchen. Wären sie wirklich wundertätig, würden sie auch unter widrigen Umständen ihren Dienst tun.
Sie bestanden die Prüfung nicht. Das »Heilige Blut von Hailles« blieb klumpig (wie trockener, mit Safran gefärbter Honig, was es ja auch war) und verflüssigte sich nicht wunderbarerweise vor den Augen meiner Kommissare. Das »wandelnde« Kreuz von Halles wurde als eine von Drähten gezogene Vorrichtung entlarvt und verbrannt. Bischof Hugh Latimer von Worchester, ein glühender Reformist, riss – nur mit der Linken – ein Bildnis des hl. Hieronymus herunter, von dem die Legende behauptet hatte, »acht Ochsen« könnten es nicht von der Stelle bringen.
Falsch, falsch. Alles ebenso falsch wie Gott – der große Scharlatan, der himmlische Betrüger.
Es fanden Ketzerprozesse statt, um die Anabaptistenseuche zu ersticken. John Lambert wurde der dreisten Ketzerei als Sakramentarier für schuldig befunden und verbrannt.
Zur gleichen Zeit boten mir widerspenstige, böse Äbte die Stirn und klammerten sich an das Papsttum. Die Äbte
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