Ich, Heinrich VIII.
wachsen könnte. Dieser Brauch ist im Orient weit verbreitet; bei Lasttieren verfährt man so, vielleicht auch bei Sklavinnen. Es macht eine Empfängnis unmöglich.«
Nein! Ein so schmutziges Verfahren, nein, Catherine konnte niemals …
»Könnte es zufällig dort hineingeraten sein?«
»Nein, Euer Gnaden.«
»Wie lange war es dort?«
»Nach seinem Aussehen zu urteilen, viele Jahre.«
Jesus! Irgendein böser arabischer Arzt hatte ihr dies angetan, als sie ein kleines Kind gewesen war. Wie? Nun, arabische Ärzte waren nicht schwer zu finden, auch nicht in England. Ich hatte Al-Ashkar gefunden. Die Herzogin musste einen in ihren Diensten gehabt haben, der bereitwillig getan hatte, was sie verlangte. Sie hatte nicht gewollt, dass ihre arme Nichte je ein Kind empfinge – und wieso nicht? War das alte Weib so verbittert und erbost über sein Mündel gewesen? Über die Kosten, die es verursachte, das Kind ihres nichtsnutzigen Stiefsohnes aufzuziehen? Kinder mag er haben, hatte sie gedacht, aber keine Enkelkinder; dafür will ich sorgen! Wie grausam alte Weiber sein können.
»Ich danke Euch, Dr. Butts.« Ich würde ihn für seine Entdeckung reichlich belohnen.
Ich kehrte in die Kammer zurück, in der sie lag. Es tat mir im Herzen weh, sie ein Leben lang so misshandelt zu wissen. Eine vernachlässigte Waise zu sein, war das eine; aber auf künstliche Weise unfruchtbar gemacht zu werden …
»War alles gut?«, fragte sie bang.
»Ja«, beruhigte ich sie. Ich setzte mich auf das Bett und tröstete sie. Sie zitterte.
»Er sagte, es würde noch bluten. Stark vielleicht«, berichtete sie.
Das war nur natürlich. Ihr Leib rebellierte gegen die Misshandlung.
»Es wird bald vorüber sein.« Meine Hoffnung auf ein Kind war ein Fleck auf den Laken unter ihrem Gesäß. »Lass uns nun das Weihnachtsfest zusammen planen. Wollen wir Hof halten? Wo?« Ich suchte sie abzulenken und aufzumuntern.
»In Hampton«, sagte sie, ohne zu zögern. Sie konnte nicht wissen, wie unbehaglich mir diese Wahl war. Aber darauf kam es auch nicht an – alles, um sie zu erfreuen.
»Wenn ich als Kind an den Hof dachte, dachte ich immer an Hampton. All die großen Glasfenster, die italienischen Statuen, die astronomische Uhr; ich stellte mir vor, wie königliche Barken das Flussufer säumten und wie auf riesengroßen Küchenherden Tag und Nacht gekocht wurde … alle Welt würde dort sein …«
»Aufhören, aufhören.« Ich lachte. »Das alles hast du im Geiste vor dir gesehen?«
Sie nickte.
»Dann sollst du es auch in Wirklichkeit sehen«, versprach ich.
Ich stand auf und sah mich in dem kleinen Kämmerchen um. Jählings hatte ich den Geschmack an entlegenen Jagdhäusern verloren; das Glück, das hatte sich gezeigt, war hier ebenso flüchtig wie irgendwo anders. Es war Zeit, nach Hampton zurückzukehren.
Sie litt eine Woche lang an Blutungen, befolgte die Anweisungen des Arztes und trank dreimal täglich ein Gebräu aus getrocknetem gemahlenen Flohkraut, gemischt mit Rotwein.
»Der Wein soll das verlorene Blut ersetzen, und das Flohkraut soll der Blutung Einhalt gebieten«, erläuterte er.
Als die Gefahr vorüber war, brachen wir nach Hampton Court auf, um Weihnachten zu feiern; wir verschickten Nachrichten an alle Höflinge im ganzen Reich, die infrage kamen, und sogar an schottische Adelige und irische Peers und luden sie ein, zu uns zu kommen. Alle waren uns willkommen. Die Antworten kamen flugs, und so gierig bewarb man sich um die Zuteilung von Wohnung und Dienstbotenquartier, dass schon am St. Nikolaustag keine Kammer, ja nicht einmal der Winkel einer Kammer mehr frei war.
»Dein Wunsch soll Wirklichkeit werden, mein Herz«, versicherte ich ihr, »Nach meiner Rechnung werden fünfzehnhundert hier wohnen, und zwar über sämtliche zwölf Tage des Weihnachtsfestes bis zum Dreikönigstag. Die Küchenherde werden Tag und Nacht glühen. Der Oberhofmeister hat allein fünftausend Gänse beantragt, um diese gewaltige Gesellschaft zu speisen. Wie gefällt dir das?«
Sie lächelte. »Und wird man auch tanzen? Wird es Maskenbälle geben?«
»So viel du willst.«
»Stell dir vor: Alle verkleidet – fünfzehnhundert Leute«, sagte sie verträumt.
»Da dürfte mancherlei Arges geschehen.« Oh, so viele Mägdelein entjungfert, so viele Gatten gehörnt! Und alles zu Ehren der Geburt unseres Herrn.
Ich schlug Will vor, in Turban und Pluderhosen der Ungläubigen zu gehen, aber er weigerte sich. Wie ich schon sagte, er war in diesen Tagen
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