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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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begleiten?«
    »Welch eine Enttäuschung«, brummte er.
    Ich lachte. »Euer Jagdanzug hat so lange auf seine Taufe gewartet; nun kann er auch noch einen Tag länger warten.« Culpepper erwählte sich seine Betätigungen anscheinend nach dem Gewand, das zu ihrem Verfolg nötig war. Die schweren Hosen und Lederstiefel, die ein Seemann tragen musste, missfielen ihm beispielsweise: Also ging er niemals segeln.
    »Ja. Einen Tag kann ich warten«, gab er zu.
    Catherine berührte mich. »Es freut mich, dass du morgen drinnen bleiben wirst.« Ich wusste, wie sie es meinte, aber sie sagte es so süß und unschuldig, dass sie sogar die Heilige Jungfrau damit getäuscht hätte. Ich drückte unter dem Tisch ihren Schenkel.
    »Ich werde drinnen bleiben«, sagte ich zustimmend.
    Unten am Ende des linken Tisches saß Will mit mürrischem Gesicht. Ich wusste nicht, was für eine Laus ihm in letzter Zeit über die Leber gelaufen war; seine gute Laune jedenfalls war mit den Vögeln gen Süden gezogen.
    Will:
    Mir brach das Herz um deinetwillen, Hal. Jedermann sah doch, was du nicht sehen konntest, nicht sehen wolltest … Ich trauerte im Voraus für dich.
    Heinrich VIII.:
    Nach dem übermütigen Mahl zogen wir uns zur »Ruhe« in unsere Kammer zurück; da aber verflog Catherines Lächeln. »O Heinrich«, begann sie, »ich weiß nicht, wie ich es sagen soll, und so will ich es einfach aussprechen: Heute Morgen erfuhr ich … ich bekomme kein Kind.«
    Ich sprang zu ihr und schloss sie in meine Arme. »Du hattest eine Fehlgeburt? O Jesus – warum hast du keinen Arzt gerufen?«
    »Ich … schämte mich. Ich habe mich nicht getraut.«
    Diese Sittsamkeit war zu viel! »Leg dich sofort zu Bett, und ich werde ihn rufen lassen!«
    Gegen ihren Protest zog ich sie zum Bett und hob sie hinein. Ich raffte alle Federpolster zusammen und ordnete sie hinter ihrem Rücken, und dann hüllte ich sie sorgsam in eine wollene Decke. »Ich werde sofort Dr. Butts zu dir hineinschicken.« Ich beugte mich über sie und küsste sie, wie sie so klein und tapfer in dem riesigen Bett lag. »Mein Herz, unser Verlust schmerzt mich tief. Aber du hättest ihn nicht verheimlichen dürfen.«
    Bevor sie widersprechen konnte, verließ ich sie und suchte Dr. Butts. Er war mit seinem Gehilfen in seiner Kammer; sie erörterten einen anatomischen Sachverhalt, wie er in Padua gelehrt wurde. Anscheinend hatte dort ein Arzt tatsächlich die verwesenden Leichen hingerichteter Verbrecher gestohlen und seziert.
    Ich unterbrach ihr leidenschaftliches Gespräch. »Die Königin braucht Euch«, flüsterte ich ihm ins Ohr. »Bringt Eure Geburtshilfeinstrumente mit.«
    Offensichtlich verblüfft, ließ er seinen Gehilfen sitzen und folgte mir hinaus. Als wir außer Hörweite waren, sagte ich: »Sie hat eine Fehlgeburt gehabt. Sie braucht Euch; Ihr müsst sie untersuchen und pflegen. Bringt mit, was Ihr dazu braucht. Natürlich keine Geburtshilfeinstrumente; aber ich weiß ja den richtigen Namen nicht.«
    Während er bei ihr war, blieb ich in der äußeren Kammer, schritt auf und ab und starrte ins Feuer. Der dunkle, missmutige Francis Dereham war davonstolziert, als beleidige es ihn, den Raum mit mir teilen zu sollen. Bevor ich indes noch länger über den widerwärtigen Dereham nachdenken konnte, kam Butts wieder heraus. »So schnell?« Ich war überrascht.
    »Aye.« Er blieb stehen und sah mich an, und die braune Ledertasche mit Instrumenten und Kräutermixturen hing an seinen beiden Händen. »Da war kein Kind. Es war nichts als eine normale monatliche Blutung. Nicht schwerer als gewöhnlich. Anscheinend hat die Königin sich getäuscht.«
    Sich getäuscht? Nicht schwerer als gewöhnlich? Aber es war sechs Wochen her, dass sie es mir gesagt hatte. »Müsste eine solche verspätete Regel nicht zu einer größeren Ansammlung von Blut führen?«
    »Manchmal. Es kommt darauf an, wodurch sie verzögert wurde. Ob durch natürliche oder durch unnatürliche Mittel.«
    »Unnatürlich? Aber eine Schwangerschaft ist doch ›natürlich‹, oder?«
    Er schüttelte den Kopf, als habe er Mitleid mit mir. »Es gibt Wege, dieses monatliche Geschehen zu verändern, es zu beeinflussen.« Er zögerte. Dann hielt er mir die flache Hand hin. Darin lag ein kleiner, glatter Kieselstein.
    »Dies war die Fehlgeburt der Königin«, sagte er.
    Ich verstand immer noch nicht.
    Betrübt erklärte er es mir. »Ihre Gebärmutter hat es ausgestoßen. Es war hineingesteckt worden, um zu verhindern, dass dort ein Kind

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