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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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beugten sich sogleich darüber – wie die Hennen in einem Hühnerhof, wenn frische Körner ausgestreut worden sind. Ich verfluchte mein Bein, dass es mich in diesem gluckenden Schwarm weltlicher Nonnen gefangen hielt.
    »Ach! Da bist du ja, mein Kind!« Flattern und Rascheln von Stoff und ein feiner Speichelregen meldeten mir die Ankunft von Anna, Prinzessin von Kleve. »Und Heinrich!« Ihre Stimme hob sich in echter Freude. Vor unserer kleinen Schar stand das mächtige Karrenross persönlich, ganz in schimmernden gelben Satin gekleidet, und verbreitete seine ihm eigene Fröhlichkeit und gute Laune. Und ich war entzückt, sie zu sehen. Ich erhob mich langsam (mit Rücksicht auf Sir Bein) und begrüßte sie.
    »Schwester!«
    Wir umarmten einander herzlich. Ihre kräftigen Arme hätten mich fast aus dem Gleichgewicht geworfen. Erstaunt merkte ich, wie froh ich war, sie zu sehen. »Bitte setzt Euch zu uns.«
    Sie packte einen niedrigen Schemel (auf dem ein Page saß) und setzte sich. Ich erwartete, dass ihre Gegenwart die fromme Atmosphäre lichten würde, aber zu meiner Überraschung tat sie gleich mit; anscheinend kannte sie sämtliche Bibelübersetzungen und Gebetbücher und sogar die gedruckten Predigten, die in den frommen Salons zirkulierten. Elisabeth kam herzu und setzte sich neben sie; sie mochte Anna offensichtlich gern und war froh, dass sie gekommen war. Ich hatte gut daran getan, sie zu meiner »Schwester« zu machen.
    So verging der Tag friedlich und in freundlicher Gesellschaft, und jetzt brauchte ich nur noch zwei zu überstehen. An diesem Abend wiederholte Dr. Butts die medizinische Behandlung des Beins. Zu meiner Enttäuschung schien es sich nicht gebessert zu haben. Er gab mir die nötige Arznei und schickte mich zu Bett, sobald es gesellschaftlich annehmbar war.

XCIX
    D er nächste Tag verging mühelos mit den Vorbereitungen für den Höhepunkt und das jähe Ende der Weihnachtsfeierlichkeiten: Dreikönigsbankett und Maskenball. Überall in den Gemächern schliefen Damen und Herren bis weit in den Tag hinein, um sich für die Stunden der Fröhlichkeit, die vor ihnen lagen, zu rüsten. Dann waren Kostüme anzupassen, Hilfsmittel aufzutreiben. (Wie schnallte man sich das Hirschgeweih auf den Kopf, das man so sorgfältig von Yorkshire hierher transportiert hatte?) Die Vorbereitungen für die Heimkehr erforderten Besuche in den Stallungen und die Überprüfung von Geschirren und Wagen. Die Bäcker waren in rasender Hast dabei, die Dreikönigskuchen mit den gut versteckten Bohnen zu backen, um dem Appetit der ganzen Gesellschaft Genüge zu tun. Saiten-, Tasten- und Flötenorchester waren bei den Proben, denn sie würden mehrere Stunden lang zum Tanz aufspielen müssen, und so hatte jeder Musiker Gelegenheit, ein persönliches Lieblingsstück oder eine eigene Komposition beizusteuern. Wir würden Heimatmelodien aus Oxfordshire hören, aus den Cotswolds, aus East Anglia, aus Wales und sogar aus Schottland (falls der junge Laird sich überreden ließe, uns etwas zu spielen, statt mit seinen Altersgenossinnen zu tändeln). O seltene Erregung, Dreikönigsnacht, Zwölfte Nacht!
    All diese Geschäftigkeit machte es mir möglich, mich einer genaueren Betrachtung zu entziehen und zugleich die notwendigen Vorkehrungen für meine eigenen Bedürfnisse zu treffen. Mit Absicht hatte ich die Präsentation meines Weihnachtsgeschenks für Catherine hinausgezögert. Ich wollte es in einem Augenblick enthüllen, wie er dramatischer nicht sein konnte: Um Mitternacht der Zwölften Nacht, wenn alle ihre Masken abnahmen.
    Mein eigenes Kostüm? Ich würde einer der Drei Könige sein: Balthasar. Er war der geheimnisvollste, über den man am wenigsten wusste. Das gab mir die Freiheit, ein äußerst aufwändiges Kostüm mit einem fantastischen Kopfputz zu tragen, mit einer Maske aus gehämmertem Silber und einer langen Schleppe aus Silberbrokat. Hinter mir würde mein Kamel einhergehen. Aus braunem Samt, mit zwei mit Wolle ausgestopften Höckern und richtigen Spreizfüßen, erforderte es zwei Männer, um zum Leben zu erwachen. Culpepper würde den vorderen Teil ausfüllen, Edmund Lacey den hinteren. Sie hatten den Elften Tag damit zugebracht, in der Großen Halle zu üben, um sicherzugehen, dass sie im entscheidenden Augenblick nicht als ein verwirrtes Knäuel am Boden landeten.
    Will war zu diesem Anlass all seiner Pflichten entbunden und bereitete wie jeder andere sein Kostüm vor.
    »Du brauchst auch einen Feiertag«, sagte ich

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