Ich, Heinrich VIII.

und schrieb zwei Wünsche nieder: 1. Apfelholz für das Feuer. 2. Niall Mor für Musik. Meine Diener nickten im Gleichtakt, als seien sie erleichtert, dass es etwas so Unkompliziertes war.

    Das Apfelholz fauchte schon im Kamin und parfümierte die Luft mit seinem unvergleichlichen Duft, als Niall Mor an meinem Lager erschien. Er trug einen dunklen, wirbelnden Umhang, und sein helles Haar leuchtete wie Feueropal. Fast erwartete ich, Feuer aus seinen Fußspuren aufsprühen zu sehen, denn er erinnerte mich überwältigend an Pluto, den Gott der Unterwelt, den ich als Kind einmal auf einer Zeichnung gesehen hatte; der Gott hatte einen wehenden Mantel getragen, Rauch war aus seinen Sandalen emporgestiegen, und Flammen hatten seinen Kopf umkränzt.
    »Ihr verlangt nach mir?«, fragt er mit sanfter, angenehmer Stimme. Zu angenehm, da sie wusste, dass sie gefiel. Das verdarb es.
    Ich schrieb: Spiel und singe für mich. Irische Lieder. Alles, was du willst. Sag mir etwas, erklär mir die Verse.
    Er nahm seine kleine Harfe von der Schulter und liebkoste sie wie eine Frau. »Dies ist eine diatonische Harfe, mit Darmsaiten bespannt. Wir benutzen sie entweder allein für einstimmige Melodien oder zu etwas, das wir Cerdd Dant nennen und wo wir Verse im Kontrapunkt zur Harfe singen.« Er ließ seinen Umhang ein wenig wirbeln, während er sich zum Spielen bereitmachte.
    »Wir haben in Irland besondere Triaden.« Er begann die Harfensaiten zu zupfen, so lieblich, dass ihr Klang die Luft zu streicheln schien.
    Drei Dinge finden sich immer im Haus eines ehrbaren Mannes: Bier, ein Bad, ein wärmend Feuer.
    Drei Lächeln sind schlimmer als Qualen: das Lächeln zerschmelzenden Schnees; das Lächeln deiner Frau, wenn ein anderer bei ihr gewesen; das Lächeln einer Dogge, bevor sie springt.
    Drei Türen sind’s, durch die Falschheit eintritt: Zorn bei der Darlegung eines Falles; unzuverlässige Zeugenschaft; Belastung aufgrund schlechten Erinnerungsvermögens.
    Dreimal nützt ein Wort mehr als Schweigen: Wenn ein König zur Schlacht gedrängt, ein vollkommener Vers vorgetragen und verdientes Lob gespendet werden sollen.
    Dreifacher Mangel überwiegt alle Fülle: Mangel an prunkhafter Rede; Mangel an Kühen auf kleiner Weide; Mangel an Freunden beim Bier.
    Das gefiel mir nicht. Es war düster; selbst die »fröhlichen« Triaden hatten etwas Bedrohliches in sich. Ich schüttelte den Kopf.
    Er zuckte die Achseln; offensichtlich verstand er nicht, weshalb ich nicht mehr davon hören wollte.
    Er schlug einen Akkord an und begann ein neues Gedicht.
    Liebliche Hure, so sei’s drum,
    Liebliche, liebliche Hure,
    Schlief mit Conn,
    Schlief mit Niall,
    Schlief mit Brian,
    Schlief mit Rory.
    Rutsche also
    Über die lange Rutsche.
    Natürlich zeigt es sich dann.
    Was für wunderliche Empfindungen die Iren hatten! Wie kamen sie darauf, eine Hure zu feiern, in Versen und mit einer schmerzhaft durchdringenden Melodie?
    Ich lächelte. Die Musik war exquisit, das musste ich zugeben. Ich nickte nachdrücklich, damit er weiterspielte.
    Seine Harfe tat einen funkelnden Seufzer, eine wispernde Welle der Schönheit.
    Ebbe ist für mich gekommen,
    Mein Leben driftet hinab.
    Wie das Meer in nichts zerronnen,
    Ohne jede Flut.
    Ich bin die Hexe von Beare,
    Fünf Röcke trug ich einst schwer.
    Heut bin ich vor Armut ’ne Knochenspindel
    Und hüll mich in gefund’nes Lumpengewindel.
    Die Mädchen von heut
    Träumen nur noch von Geld –
    In unserer Jugend
    Sorgten wir uns um unsere Männer.
    Doch segne ich meinen König, der machte –
    Als die Woge der Zeit ihn hochbrachte –
    Reiche Geschenke an schnellen Wagen
    Und Vollblutpferden, siegesbekrönt an allen Tagen.
    Diese Arme, jetzt knöchrig und dünn,
    Ganz unnütz für junge Männer,
    Streichelten einmal mit Meisterhand
    Die Lenden von Fürsten!
    Weshalb mich sorgen?
    Leuchtender Tücher viel
    Schmückten mein Haar in Tagen,
    Als ich mit Edlen trank.
    So sei Gott gelobt,
    Dass ich mich ausgetobt,
    Kommt der Sturz entschlossen und bald
    Oder zögernd: das Blut wird kalt.
    Doch mein Gewand ist von Alter gefärbt –
    Nein, jetzt fang ich schon an zu schwärmen –
    Graues Haar ist’s, das langsam meine Haut
    Bedeckt wie eine abgestorbene Eiche.
    Mein rechtes Aug’ ward mir genommen:
    Vorschuss auf den Ruhesitz im Himmel.
    Dazu auch der Glanz aus dem linken,
    Dass ich nur tastend gelange zur Pforte des Himmels.
    Und ich, die fürstlich feierte
    Bei Kerzenlicht, ich bet’
    In diesem dunklen Betsaal.
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