Ich, Heinrich VIII.
Munde,
Und ein Furz war ihr entgangen.
Es waren doch Damen zugegen! Echte, ehrbare Damen wie Joan Dudley, Joan Denny, Katherine Brandon, Anne Seymour – und bei ihnen gab es nichts Ungesundes!
Jetzt war es genug. Ich stand langsam auf und ließ ihn die volle Wucht meines Missvergnügens fühlen. »Fort mit Euch«, sagte ich. »Kommt nicht wieder an meine Tafel. Und erwartet keine Gunst mehr aus meiner Hand.«
Er hatte Verstand genug, nicht zu widersprechen oder zu versuchen, sich zu entschuldigen. Er nickte und verließ die Laube.
Als seine kleingeistige, obszöne Gegenwart nicht mehr störte, war der Sommertag wieder schön. Wir sangen Lieder: »Wie das Rotkehlchen starb und begraben ward«, »Die Maus und der Mäuserich«, »Die Melkerin« und »Die Aaskrähe«.
Bessy Bell und Mary Gray
Waren zwei Langohr-Mädchen.
sang Elisabeth mit dünner, feiner Stimme. Ich hatte fast vergessen, dass sie da war; sie saß ganz hinten am Ende des Tisches.
Bessy bewachte das Gartentor
Und Mary den Vorrat im Haus.
Bessy lebte stets draußen vor
Und Mary in Saus und Braus.
Ich war sprachlos. Elisabeth forderte mich in aller Öffentlichkeit heraus, forderte ihre Rechte ein und bezichtigte mich vor dem ganzen Hof, ihr vorzuenthalten, was ihr als Prinzessin gebühre. Dabei wusste alle Welt, dass sie keine Prinzessin war, sondern ein Bastard, die Tochter einer Hexe, die den Titel »Lady« nur durch mein Entgegenkommen und meine Freundlichkeit trug! So also lohnte sie es mir?
»Du magst deinen Garten in Hatfield House besorgen«, sagte ich leise, »indem du morgen dorthin zurückkehrst. Es betrübt mich, dass du dich für die königliche Laube zu Hampton offensichtlich nicht eignest.«
Niemand sonst am langen Tisch gab einen Laut von sich. Es war, als seien nur noch Elisabeth und ich vorhanden, an die fünfzehn Schritt weit auseinander.
»Darf ich Robert mitnehmen?«, fragte sie. »Damit wir uns im Garten abwechseln können?«
Ich schaute den jungen Robert Dudley an, einen hübschen Burschen, dessen feines braunes Haar mit einem blauen Band zusammengehalten war.
»Nein«, sagte ich. »Denn dann wäre es Spiel und nicht Arbeit.«
Er machte ein langes Gesicht, aber das ihre zeigte keinerlei Anzeichen der Enttäuschung. Also bedeuteten sie einander etwas. Gut. Dann würde es sie schmerzen, wenn sie einander nicht sähen.
»Sehr wohl«, sagte sie. »Es schmerzt mich, dass ich nun das Krokodil nicht pflegen kann. Denn es ist hart, verbannt zu sein vom Quell seines Lebens und von denen, die man schätzt. Dennoch bete ich, dass es überlebe. Möge seine dicke Haut und seine List es behüten vor allen, die ihm übel wollen.«
Bei Gott, sie trieb es zu weit! Sie war kein Kind, nein – sie war eine Politikerin und ebenso gefährlich wie jeder beliebige Prätendent, der dreimal so alt war wie sie. Und insofern war sie eine Gefahr für meinen Edward. »Du darfst dich zurückziehen«, sagte ich. »Weiteres Abschiednehmen ist nicht notwendig.«
Aber es tat mir im Herzen weh, sie gehen zu sehen. Wer kann das menschliche Herz ergründen? Maria war meine Erstgeborene; sie war so lange mein einziges Kind gewesen, und daran konnte niemand etwas ändern. Edward war das Geschenk, um das ich gebetet hatte und das mir so lange vorenthalten worden war. Elisabeth? Sie war von Anfang an eine Enttäuschung gewesen; sie war nichts, sie hatte das falsche Geschlecht, stammte von der falschen Frau, hatte den falschen Platz in der Erbfolge. Nichtsdestoweniger war sie diejenige, die mich am meisten fesselte, und ich konnte mir nicht erklären, warum. Vielleicht, weil sie als Einzige unter meinen drei Kindern keine Angst vor mir hatte. Und in der Tat, weshalb sollte sie auch? Ihr allein, vielleicht als Einziger unter allen Menschen in meinem Reiche, konnte mein Zorn nichts anhaben. Ich konnte sie niemals hinrichten lassen; für illegitim hatte ich sie bereits erklärt, aber meine Anerkennung als Tochter würde ich nie zurückziehen – kurz, das Schlimmste, was ich ihr antun konnte, hatte ich bereits getan, und das wusste sie. Und ich wusste es auch. Alle Gäste studierten angelegentlich ihre Erdbeeren. Ein Familienstreit ist immer peinlich, wenn er an die Öffentlichkeit dringt, aber ein königlicher ist es ganz besonders. Weder durch Reimspiele noch Rheinwein war der scheidende Nachmittag jetzt noch zu retten. Am besten, man beendete ihn.
CXVI
D er Sommer näherte sich schleppend seinem müden, weisen Ende. Gegen Ende August wurden
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