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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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der Weiber eine Kloake ist, finster und voll von Abfall und Schleim, und überdies eine Gegend, in der widerwärtige Ansteckung lauert. Unter ihren hübschen, sauberen Kleidern sind stinkende Kloaken, dort, wo ihre Beine am Körper sitzen …
    »Die Antwort sitzt Euch mitten im Gesicht«, verkündete Dudley. »Es ist das Auge.«
    Die Gesellschaft stöhnte.
    »Ich weiß auch eines«, erbot sich Wriothesley.
    »Krumme Schenkel, lange Beine,
    Kleiner Kopf und Augen keine.«
    Dies war, so stellte sich heraus, eine Zange. Tom Seymour verkündete:
    »Ist tief wie eine Kanne,
    Rund wie ’ne Pomeranze,
    Es stößt nicht einen Laut aus,
    Bis man es packt beim Schwanze.
    Jetzt ratet – wenn Ihr Männer seid.« Er lehnte sich zurück und schaute selbstgefällig in die Runde, als wolle er sagen: »Männer wie ich.«
    »Ein Aal?«, schlug Cranmer schüchtern vor.
    »Nun, die Form habt Ihr getroffen«, sagte der Rätselsteller.
    »Aale lieben Musik«, beharrte Cranmer. »Sie schwimmen schnurstracks ins Netz, wenn die Fischer singen.«
    »Ich habe nicht gesagt, dass es Musik liebt«, versetzte Seymour.
    Der alte Anthony Browne stand auf. »Ich sage, es ist eine Glocke.«
    »Aye«, antwortete Seymour verärgert; er hatte sich und sein Rätsel für so gerieben gehalten.
    Sir Francis Bryan erhob sich schwankend. Schon betrunken vom Rheinwein, stellte ich fest.
    »Hinterm Schober, hinterm Schober,
    Fand ich meinen Onkel Dick,
    Kappt’ ihm den Hals, saugt’ ihm das Blut,
    Ließ ihn leer zurück.«
    Er verbeugte sich in die Runde und fand sich entzückend.
    »Onkel Dick. Wer könnte das sein?«, sann Dudley.
    Hin und her gingen die Obszönitäten, aber mir klang der Vers im Ohr: Kappt’ ihm den Hals, saugt’ ihm das Blut, ließ ihn leer zurück. Ich wusste, das zielte auf mich; man wollte mir sagen, was »man« über mich dachte.
    »Genug!«, fiel ich ihnen ins Wort. »Ich verbiete das!«
    »Aber es ist doch nur eine Weinflasche«, wandte Bryan ein.
    »Euer Humor ist anstößig«, erklärte ich. »Ich will dergleichen jetzt nicht mehr hören.« Verräter und Toren. Umringt war ich von ihnen.
    »Darf ich etwas anderes vortragen, Eure Majestät?«, fragte Gardiner, und bevor ich ihm meine Ansicht dartun konnte, begann er geschmeidig:
    »Was Gott niemals sieht
    Und der König nur selten,
    Wir sehen es jeden Tag –
    Nun löse mein Rätsel, wer es vermag.«
    »Ein stinkender Abort«, sagte Francis Bryan.
    »Eine Aufgabe, der man nicht gewachsen ist«, sagte Edward Seymour, der gewissenhafte Höfling. Obgleich es wenige Aufgaben gab, denen er nicht gewachsen war, näherte er sich doch einer jeden mit wachsamem Respekt.
    »Ein unverdienter Tribut«, sagte William Paget, mein Diplomat.
    »Die Antwort lautet: Ein Gleicher«, sagte Bischof Gardiner. Oh, dies war in der Tat die Stunde der Schmeichler!
    John Russell – der Name passte, denn er war tatsächlich klapprig wie eine Rassel, der neue Lord Geheimsiegelbewahrer – wedelte mit der Hand.
    Hoch und mächtig, paradächtig,
    Gewandet ganz in Grün,
    Der König konnt’s nicht deuten,
    Und nicht die Königin.
    Sie schickten aus nach Weisen
    Wohl aus dem Morgenland,
    Sie sagten, es hätt’ Hörner,
    Als Tier ist’s nicht bekannt.
    Der König … die Königin … Hörner … gehörntes Tier … oh, wie konnte er mich so verhöhnen? Hatten sie denn alle keine Achtung und keine Furcht vor ihrem König?
    »Ich staune über Euren niederträchtigen Witz!«, herrschte ich ihn an. »Und nun wollen wir kein Rätsel mehr hören!«
    »Es war eine Eiche!«, sprudelte er hervor und suchte sich herauszuwinden.
    Eichen. Es sind meine Lieblingsbäume … Oh, wie übel, wie übel! Jener Tag in dem kleinen Kämmerlein … Eichen würden allezeit hässlich sein, besudelt von der Howard-Hure.
    »Ich denke, wir alle sind der Rätsel müde«, sagte Thomas Wyatt. »Wir wollen uns der Dichtung zuwenden. Sollen wir es mit einer Reimrunde versuchen? Ich beginne mit einem Vers, dann soll jemand anderes einen hinzufügen, und am Ende haben wir eine ganze Geschichte in Versen.« Er sah in die Runde, selbst ein großer Dichter, aber auch ein nicht minder großer Diplomat. Ich hatte ihn schon viele Male mit Auslandsmissionen betraut.
    Ich gab durch ein Kopfnicken meine Einwilligung. Die Stimmung war hässlich geworden; ich hoffte, dies werde sie versüßen. Er begann:
    In diesem Turme
    Lebt eine Blume,
    Die hält mein Herz gefangen.
    Francis Bryan fuhr leichthin fort:
    Innerhalb von einer Stunde
    Pisste sie aus ihrem

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