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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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die ich zu Räten ernennen würde, damit sie, wenn die Zeit gekommen wäre, für Edward und mit ihm die Regierungsgeschäfte führten, bis er ein Mann wäre. Ich wusste schon, dass ich ihm keinen Lord Protektor hinterlassen durfte, wie Richard Plantagenet einer gewesen war, denn ich wusste, welches Schicksal ein Protektor seinem »Schützling« angedeihen lassen würde. Der Rat, den ich ernennen würde, sollte aus einer Anzahl von Gleichrangigen bestehen. In meinem Testament würde ich darauf bestehen. In meinem Testament …
    Die Vorstellung, ich könnte nicht noch dreizehn Jahre leben, ließ es mir kühl über den Rücken laufen. Sie gefiel mir nicht; das mulmige, matte Gefühl, das sie in mir erweckte, gefiel mir nicht. Ich sagte mir, es sei nur vernünftig, solche Vorkehrungen zu treffen, und es bedeute nicht, dass ich mich mit meinem Tode abgefunden hätte. Mancher König war jung in der Schlacht gestorben, und ich selbst würde mich womöglich auch noch einmal in den Kampf wagen – »meine Person aufs Spiel setzen«, wie sie sagen.
    Wage ich, es zu bekennen? Ich wollte gegen Franz zu Felde ziehen, wollte noch einmal tun, was ich vor so langer Zeit getan, aber diesmal wollte ich es tun, wie es mir passte, und mich von keinem Ferdinand oder Maximilian hinhalten oder um meine Beute bringen lassen. Nein, ich war jetzt mein eigener Herr, und ich würde in die Gegend zurückkehren, die seit dreißig Jahren wie ein Köder vor meiner Nase lag, eine ungeklärte, beleidigende Angelegenheit. Ich würde in der Picardie diejenigen Städte einnehmen, die ich haben wollte, und ich würde sie Calais hinzufügen. Ich würde die englischen Besitzungen zu einem breiten Streifen entlang der Kanalküste ausdehnen.
    Aber das vertraute ich niemandem an. Ich würde abwarten, bis die Dinge in diese Richtung rollten, denn ins Rollen geraten würden sie. So genoss ich die Macht, die es mir gab, meine Gedanken und meine Pläne für mich zu behalten.
    Unterdessen nahmen die Vorbereitungen zur Züchtigung Schottlands ihren Fortgang. Sie waren nicht geheim. Wir wollten warten, bis sie ihr Korn eingefahren und ihr Vieh in die Ställe getrieben hätten, und dann wollten wir zuschlagen.
    Im August hatte ich Truppen über die Grenze geschickt, und sie waren bei Haddon Rig in der Nähe von Berwick geschlagen worden. Fast sechshundert Mann waren in Gefangenschaft geraten, unter ihnen auch der Befehlshaber, Sir Robert Bowes. Dies war, ich muss es gestehen, eine Überraschung. Die Schotten steckten voller Überraschungen. Immer wenn man glaubte, sie seien ruhig, friedlich, besiegt – stießen sie zu und bissen wie eine Natter.
    Zur Vergeltung beauftragte ich Norfolk damit, ihnen nachzusetzen. Es war das erste Mal, dass ich mit ihm Verbindung aufnahm und ihm einen Auftrag erteilte, seit sich jene schändliche Begebenheit mit – ich kann ihren Namen nicht schon wieder schreiben –, mit seiner Nichte zugetragen hatte. Er und sein hitzköpfiger Sohn Henry brachten es zuwege, die Tieflandstädte Kelso und Roxburgh sowie ungefähr dreißig andere niederzubrennen. Aber es war eine unschlüssige, weibische Vergeltung. Ich hatte ihnen den Befehl gegeben, den Schotten zu besiegen, nicht, ihn in den Zeh zu kneifen oder in die Nase zu beißen.
    Aber Jamie verstand die brennenden Städte aus Gründen, die er allein wusste, als einen Ruf zu den Waffen. Seine Ehre musste wiederhergestellt werden. Er zog eine Armee zusammen; aber der Adel kämpfte nicht bereitwillig für einen König, der ihn von seinem Rat ausschloss. Die Grenzlandlords, Barone wie Argyll und Moray, hatten noch nicht vergessen, dass der unbeständige, wankelmütige Jamie sie schroff behandelt hatte. Die Folge von alldem war, dass sein Heer sich weigerte, über Lauder hinaus nach Süden zu marschieren, und sich dann einfach auflöste.
    Neue Truppen mussten ausgehoben werden, und dem betriebsamen Kardinal Beaton gelang es, in nur drei Wochen eine Streitmacht von zehntausend Mann auf die Beine zu bringen. Oh, dieser Kardinal, der schottische Kardinal! Papst Paul iii. hatte ihn beauftragt, die päpstliche Bulle meiner Exkommunikation in Schottland zu veröffentlichen. Wie ich ihn verabscheute! Ich glaube, Kardinäle wurden von Rom ausdrücklich zu dem Zweck in die Welt gesetzt, mir dieses Leben zur Qual zu machen.
    Die Armee dieses Kardinals sollte von Oliver Sinclair, König Jamies »Günstling«, geführt werden. Jamie liebte ihn mehr, als er je eine Frau geliebt hatte, was bei seinen Untertanen

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