Ich, Heinrich VIII.
Abkommen unterzeichnen würden, das ihre Vermählung mit Edward vereinbarte.
Die Dinge fügen sich immer ein zweites Mal; die Geschichte wiederholt sich niemals genau, aber sie stellt die Schachfiguren noch einmal in die gleiche Position. 1286 war der schottische König Alexander gestorben und hatte seine sechsjährige Enkelin, die »Jungfrau von Norwegen«, als Erbin hinterlassen. König Edward I. von England, der schon die Oberherrschaft über Schottland beansprucht hatte, traf unverzüglich Anstalten, die Maid Margaret mit seinem Sohn Edward zu verloben. Aber das Mädchen starb auf dem Weg von Norwegen nach Schottland, und so wurde die friedliche, natürliche Vereinigung der beiden Länder abgewendet. Diesmal aber würde niemand sterben, diesmal würde alles einen glücklichen Verlauf nehmen, »fröhlich wie ein Hochzeitsglöckchen«, wie Thomas More zu sagen pflegte.
Die gefangenen schottischen Adeligen wurden nach London geschafft und verbrachten das Weihnachtsfest mit uns in Greenwich. Ich präsentierte ihnen meine Bedingungen, die sie ihrer zerschlagenen, demoralisierten Regierung vorlegen sollten; sie sollten »kundtun, dass des Königs Allerhöchste Majestät ein Recht hat auf die Herrschaft in Schottland, derweil der verstorbene vorgebliche König der Schotten ein Usurpator der Krone und des schottischen Reiches gewesen«, und erklären, dass »jetzo (durch die unendliche Güte Gottes) die Zeit gekommen, da Ich geziemend und billig besagtes Recht und Titel wieder in Besitz nehme«. Überdies sollte die unmündige schottische Königin unverzüglich mit Edward verlobt und dann in englische Hände übergeben werden, auf dass sie in London erzogen werde. Dies waren meine Forderungen, und nachdem die schottischen Edlen geschworen hatten, sie zu vertreten und durchzusetzen, entließ ich sie und beauftragte sie, schleunigst in ihre Heimat zurückzukehren und dort für mich zu arbeiten – allerdings erst, nachdem sie mir Geiseln übergeben hatten, die ihre Stelle einnahmen. Ich brachte die schottischen »Gäste« in einem ehemaligen klösterlichen Anwesen am Fluss unter; dort konnten sie ihr barbarisches Leben führen, ohne bei Hofe die Pferde scheu zu machen.
Es verschlug mir die Sprache, als Franz, statt meinen Sieg und meinen unbestreitbaren Anspruch auf Schottland zu respektieren, verkündete, er werde »seinen alten Verbündeten niemals im Stich lassen«, und anfing, Schiffe und Geld nach Schottland zu schicken. Er war das Hirn hinter einem Staatsstreich, in dem der Kardinal und die französische Königinmutter Marie de Guise sich gegen mich stellten. Wie es schien, erregte mein rechtmäßiger Anspruch bei ihnen »Anstoß«, und die verflixten Schotten leisteten neuerlichen Widerstand. Diese Hunde! Sie mochten geschlagen sein, aber sie gaben es nicht zu; sie schworen und verrieten dann ihren eigenen Eid. Mein Botschafter in Edinburgh, Ralph Sadler, schrieb mir: »Es leben keine bestialischeren und unvernünftigeren Menschen unter der Sonne, als es sie hier in allen Farben gibt.« Sie nahmen den Säugling Maria und krönten das Kind zu Stirling zur »Königin von Schottland«, und dann versprachen sie Franz, sie werde einen seiner Söhne heiraten.
In der Vergangenheit waren stets französische Prinzessinnen mit schottischen Prinzen verheiratet worden. Aber dass es umgekehrt geschehen sollte – dass eine schottische Prinzessin mit einem französischen Prinzen vermählt werden sollte, womöglich mit dem französischen Thronfolger! –, das war eine so grauenvolle Vorstellung, dass ich bei dem bloßen Gedanken daran erzitterte. Denn dann würde Schottland den Weg der Bretagne gehen und ein Teil Frankreichs werden … Nein! Das würde ich niemals zulassen, und wenn ich die Beteiligten ermorden lassen müsste.
Franz! Franz! Ich würde ihn vernichten, wie er versuchte, mein Inselkönigreich zu vernichten. Gab es denn keine Spur von Ehre in diesem Mann? Leute, die einen Eid geschworen hatten, zu attackieren und zu verderben! Sich mit dem Türken, dem großen Ungläubigen, zu verbünden! Pfui! Gott würde mir die Kraft geben, ihn zu zermalmen, und wenn es meine letzte Aufgabe auf Erden wäre.
So. Ich würde meine Angelegenheiten ordnen, und dann würde ich gegen Franz kämpfen. Der Kaiser rüstete schon zum Krieg, und es wäre vorteilhaft gewesen, unsere Kräfte zu vereinen. Aber notwendig war es nicht. Als Bürschchen im Jahr 1513 hatte ich Verbündete gebraucht. Ich hatte Ferdinand und Maximilian und den
Weitere Kostenlose Bücher