Ich, Heinrich VIII.
auch sie nur auf Einladung. Indizierte Texte wurden nicht zugelassen, sondern nur autorisierte Bibelübersetzungen und mein eigenes königliches Andachtsbuch. Ihre Absicht war es, das eigene Verständnis des göttlichen Wortes und ihre Hingabe an Christus zu vertiefen.
Manchmal hatte ich das Gefühl, Kate habe Christus als eigentlichen Bräutigam genommen. Aber gleichviel, gleichviel … sie war alles, was ich mir von einer Gefährtin und Gehilfin erhofft hatte, und sie war eine hingebungsvolle Stiefmutter für meine Kinder. Was konnte ich mehr verlangen?
Meine Gedanken galten jetzt ständig dem Krieg. Heimische Probleme interessierten mich allenfalls insofern, als sie unsere Möglichkeiten, die französische Bedrohung ein für alle Mal zu vernichten, beeinträchtigten.
Ja, hier muss ich es niederschreiben; es ist angebracht: Ich war inzwischen davon überzeugt, dass ich berufen sei, Frankreich – und seinen speichelleckerischen, hinterhältigen Bundesgenossen Schottland – als Bedrohung für England zu eliminieren. Dann könnte ich glücklich sterben.
Dann könnte ich glücklich sterben … immer eine alberne Phrase, so dachte ich, etwas, das man im Scherz dahinredete. Wenn man eine große Schüssel mit köstlich reifen Kirschen gegessen hat: »Jetzt kann ich glücklich sterben.« Nach einem Höhepunkt des Vergnügens hinscheiden, die Ekstase in die Ewigkeit verlängern …
Ein neutralisiertes Frankreich (und ein harmloses Schottland, dem die Zähne gezogen waren) lag für mich in greifbarer Nähe. Als ich dies eingesehen hatte, hatte ich als König und als Vater die Pflicht, es anzustreben.
Karl und ich haderten über Truppenstärken, Marschwege und Ziele, genau wie ich es dreißig Jahre zuvor mit seinem Vater und seinem Großvater getan hatte. Diesmal aber gab es einen Unterschied: Ich wusste, was ich vorhatte, und niemand würde mich davon abbringen können. Ich wollte so viel wie möglich von den nördlichen Regionen Frankreichs erobern. Die Normandie und die Picardie, die Provinzen gleich jenseits des Ärmelkanals, waren mein Ziel. Sollte Karl von Paris reden. Wenn ich mein oberstes Ziel erreicht hätte und dann noch Zeit und Material übrig wären, würde ich mit Freuden gegen Paris vorrücken. Warum nicht?
Mein Plan war, ein Heer von vierzigtausend Mann nach Frankreich zu entsenden. Leicht gesagt, schwer getan.
Armeen brauchen Generäle, die sie führen. Meine beiden fähigsten, der Herzog von Norfolk und Charles Brandon, der Herzog von Suffolk, waren alt. Die jüngeren Soldaten – Dudley, Howard, die Seymours – hatten ihre Feuerprobe in einem größeren Feldzug noch abzulegen. In Scharmützeln und kleinen Gefechten an der schottischen Grenze hatten sie sich wacker genug geschlagen, aber ein ausgedehnter Krieg mit Frankreich war eine ganz andere Sache. Sie mussten ihre Erfahrungen in Frankreich erst machen.
Kriege kosten Geld. Ich hatte nur wenig. Das Kapital der Klöster hatte mich nicht so viel reicher gemacht, wie ich erwartet hatte. Ich hatte sie allzu billig davonkommen lassen, war eifrig darauf bedacht gewesen, das Wohlwollen der Höflinge zu erkaufen und sie zur Loyalität zu meiner Regierung zu verpflichten. Es war gelungen: England würde niemals nach Rom oder unter die Oberherrschaft der großen Familien zurückkehren, mit denen mein Vater noch im Wettstreit gelegen hatte. Es hatte viel gekostet, aber das hatte sich gelohnt. Ich hatte Stabilität und Frieden im Lande erkauft. Aber die Folge davon war, dass ich das Geld nun unmittelbar vom Volke würde erheben müssen. Oder ich müsste die Währung abwerten. Oder beides.
Auch meine Konstitution war ein Problem. Meine Ärzte – Dr. Butts vor allem – rieten mir ab, selbst ins Feld zu ziehen.
»Ich würde nicht so weit gehen, es Euch zu verbieten«, sagte Butts. »Aber allein Eure Korpulenz würde es beschwerlich werden lassen, für unbestimmte Zeit im Sattel zu sitzen.«
»Beschwerlich für mich oder für das Pferd?«, spottete ich. »Wenn es das Pferd ist, um das Ihr in Sorge seid, so habe ich bereits eigens ein Schlachtross auswählen lassen, das stark genug ist, um die Last von drei Bullen zu tragen. Von drei gepanzerten Bullen.«
Er lächelte nicht. Mein kleiner Scherz amüsierte ihn nicht. »Pferde kann man ersetzen. Einen König nicht. Es ist meine feste Überzeugung – und darüber mögt Ihr nachdenken, wenn Ihr wollt –, dass Ihr ohne Frage Euer Leben verkürzt, wenn Ihr in den Krieg zieht.«
Diese Worte waren mir zu
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