Ich, Heinrich VIII.
Gerichts, wenn die Geheimnisse aller Herzen werden offenbar: So einer unter Euch weiß einen Grund, weshalb Ihr beide nicht rechtmäßig zu Eheleuten getraut dürft werden, bekenne er es jetzt«, sang Gardiner, der in seinen Bischofsgewändern vor uns stand.
Desillusionierung? Schlechte Erfahrungen? Müdigkeit? Waren das »Gründe«?
»Denn wisset wohl: Wer sich lässt trauen anders, denn Gottes Wort es erlaubt, der ist nicht vermählt vor Gott, und die Ehe ist nicht rechtens.«
Nein, es gab nichts in Gottes Wort, was die Ehe zwischen müden, leidenden Menschen verbot.
»Willst du, Heinrich, König von England, Irland und Wales, König von Frankreich, diese Frau zu deinem dir angetrauten Weibe nehmen und mit ihr leben nach Gottes Gebot im heiligen Stand der Ehe? Willst du sie lieben, trösten, ehren und bewahren in kranken und gesunden Tagen, allen anderen entsagen und nur bei ihr bleiben bis ans Ende eurer Tage?«
Das wollte ich von ganzem Herzen. »Ich will«, antwortete ich.
Gardiner wandte sich an Kate. »Willst du, Katherine Parr, Lady Latimer, diesen Mann zu deinem dir angetrauten Ehemann nehmen und mit ihm leben nach Gottes Gebot im heiligen Stand der Ehe? Willst du ihm gehorchen und dienen, ihn lieben, ehren und bewahren in kranken und gesunden Tagen« – oh, lass es gesunde Tage werden; lass nicht zu, dass sie mich pflegen muss –, »allen anderen entsagen und nur bei ihm bleiben bis ans Ende Eurer Tage?«
»Ich will.« Ihre Stimme klang leise. Hatte da etwas ihre Bedenken erregt? Die »kranken Tage«? Oder »allen anderen zu entsagen«? Denn sie war noch jung …
»Wer gibt dieses Weib diesem Manne zur Frau?« Er sah sich unter den Versammelten um, lächelte sein schmales Februarlächeln und fuhr fort: »Ich.«
Dann legte er unsere beiden rechten Hände ineinander, und ich musste ihm nachsprechen:
»Ich, Heinrich, nehme dich, Katherine, zu meinem angetrauten Weibe, dich zu behalten von diesem Tage an, in guten und in schlechten, in reichen und in armen Tagen, in Gesundheit und in Krankheit, dich zu lieben und zu ehren, bis dass der Tod uns scheidet nach Gottes heiliger Fügung: Und dazu gelobe ich dir meine Treue.«
Eheversprechen. Sie umfassten beide Seiten des Lebens: Kaum hatte man »gut« gesagt, so sagte man »schlecht«, »reich« war noch nicht verklungen, da folgte »arm«. Inmitten unseres größten Glücks wurden diese Worte gesprochen, um uns an das Leid zu erinnern und uns zu nötigen, auch das Elend in unsere Freude mit einzuschließen.
Kate wiederholte das gleiche Gelöbnis.
Gardiner nahm mir den Ring ab, den ich für sie hatte – aus schlichtem Gold und ohne jede Gravierung. Ich schob ihn ihr auf den Finger, den kühlen, schlanken Finger. »Mit diesem Ring nehme ich dich zur Frau«, sagte ich. »Mit meinem Leibe will ich dich ehren, und meine weltlichen Güter will ich dir geben. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, Amen.« So. Es war geschehen. Wie anders wollte ich dieses Gelübde erfüllen, als ich es bei meiner vorigen Frau getan.
»Kniet nieder«, sagte Gardiner, und wir ließen uns auf die blauen Samtkissen sinken, die vor uns lagen. »Ewiger Gott, Du Schöpfer und Bewahrer aller Menschen, Spender aller geistlichen Gnade, Quell des ewigen Lebens: Schenke Deinen Segen diesen Deinen Dienern, diesem Mann und diesem Weib, die wir nun segnen in Deinem Namen: Auf dass sie, wie Isaak und Rebekka in Treue miteinander lebten, das Gelübde des Bundes zwischen ihnen einhalten und vollziehen mögen und für alle Zeit in Liebe und in Frieden miteinander leben mögen nach Deinen Geboten, durch Jesum Christum, unseren Herrn, Amen.«
»Amen«, murmelten alle Leute.
»Da nun König Heinrich und Katherine Parr den heiligen Bund der Ehe miteinander geschlossen haben«, sprach Gardiner mit erhobener Stimme, an die ganze Gesellschaft gewandt, »und davon Zeugnis gegeben vor Gott und dieser Gemeinde und es bekräftigt haben durch das Geben und Nehmen eines Rings und durch das Reichen der Hand: So erkläre ich sie beide für Mann und Frau.«
Er hielt seine Hände über unsere Köpfe. »Gott, der Vater, Gott, der Sohn. und Gott, der Heilige Geist, segne und bewahre Euch. Der Herr schaue gnädig auf Euch herab in Seiner Huld und erfülle Euch mit Seinem geistlichen Segen und Seiner Gnade, auf dass Ihr in diesem Leben möchtet zusammenleben und dass Ihr in der kommenden Welt das ewige Leben findet. Amen.«
Wir standen auf als Mann und Frau. Die versammelte Gemeinde
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