Ich, Heinrich VIII.
ist alles, was das Parlament tut: reden, reden, reden!«
»Aye, aye!« Die übrige Gesellschaft lachte, denn jeder wollte an der Heiterkeit teilhaben.
»Thomas More spricht von einem schweigenden Parlament«, berichtete Wolsey. »Er hat vor, ein solches zu leiten.«
»More redet viel, und meistens töricht.«, warf Edward Neville ein. Sir Edward Neville: Nur vier Stunden zuvor hatte ich ihn wegen seiner Tapferkeit im Felde zum Ritter geschlagen.
Es hatte sich in diesem Feldzug gar mancher tapfer gezeigt. Es war erstaunlich, wie überaus tapfer ein gewöhnlicher Mensch sein konnte, wenn er dem Feind gegenüberstand.
Am ersten Abend unseres Marsches regnete es in Strömen, und wir versanken im Schlamm. Um drei Uhr morgens ritt ich in voller Rüstung um das Lager, um meinen Männern Mut und Zuversicht zu geben. »Ja, Kameraden, nun haben wir am Anfang wohl zu leiden gehabt, doch jetzt verspricht sich unser Geschick zu bessern, so Gott will.«
Plötzlich klopfte es an der Tür. Ein schottischer Herold stand draußen; er war gekommen, um England den Krieg zu erklären! »Mein König«, schloss er, »fordert Euer Gnaden auf, in Euer Reich heimzukehren und Euch zu verteidigen.« Er trug Abzeichen und Mütze seines Klans und schien überhaupt nicht zu merken, dass sein König, James IV ., sich nichtswürdig benahm, wenn er ausgerechnet diesen Augenblick für seinen Angriff wählte.
»Ihr habt einen weiten Weg zurückgelegt, um diese feige Aufforderung zu übermitteln«, sagte ich schließlich. »Schlecht ziemt es sich für einen Schotten, den König von England zu fordern. Richtet ihm aus, es wird niemals ein Schotte uns zur Rückkehr bewegen! Wir sehen Euren Herrn als das, was er ist. Wir haben ihn nie als aufrechten Mann geschätzt, und nun sehen wir, dass wir Recht hatten. Sagt daher Eurem Herrn, ich habe den Grafen von Surrey in meinem Reich zurückgelassen, und der wird ihm und all seiner Macht widerstehen.« Und dann kam mir noch ein Gedanke in den Sinn, den Gott selbst mir eingegeben hatte. »Dies noch meldet Eurem Herrn: Mir gehört Schottland, und er ist mein Vasall und erhebt sich gegen mich. Mit Gottes Hilfe werde ich ihn aus seinem Reich vertreiben. Das sagt ihm.«
Die Miene des Schotten verfinsterte sich. Ich wandte mich derweil an meinen Wappenherold. »Bringt ihn in Euer Zelt und bewirtet ihn wohl.« Die ritterlichen Artigkeiten durften nicht unterbleiben.
Kaum war er draußen, fragte Wolsey schon: »Kann Howard sie aufhalten? Dies haben wir befürchtet!«
»Gott wird sie aufhalten«, antwortete ich. Seltsam, dass ich auf Gott vertraute, während Wolsey auf die Details schaute. Er hatte den Frankreichfeldzug ausgerüstet: Er hatte dafür gesorgt, dass Talgfässer da waren, um die Bogensehnen geschmeidig zu halten; er hatte Waagen und Gewichte beschafft, um Salpeter, Schwefel und Holzkohle im richtigen Verhältnis abzuwiegen und zu Schießpulver für die Geschütze zu vermischen; er hatte Essig bestellt, zum Kühlen der Kanonen im Gefecht, Ledereimer zum Transportieren des Schießpulvers, und so fort. Gott war kein Zeugmeister.
Freilich, auch andere Geistliche kämpften. Fox und Ruthai trugen Kriegsrüstungen und befehligten jeder hundert Mann, und Papst Julius führte seine Truppen persönlich an. Aber ich bin sicher, Christus war ihrer aller Vorreiter. Wolsey ritt allein vor seinen zweihundert Mann.
»Gott gibt seinen Segen all unserem Tun«, sagte Sir John Seymour, einer meiner Waffengefährten. Standfest, zuverlässig, nüchtern. Ein echter Engländer.
Tournai fiel schon nach acht Tagen Belagerung. Jeder der »Zwölf Apostel« (denn ich hatte sie bestellt, und sie waren prachtvoll) kam nur einmal täglich dazu, gegen die Stadtmauern zu feuern, bevor die weiße Fahne wehte und eine feierliche Übergabe in die Wege geleitet wurde. Tournai ergab sich uns, und wir zogen im Triumph und mit einer großartigen Prozession dort ein. Das Volk erhob großes Getöse und nannte mich »Alexander«. Meine Mannen, die hinter mir ritten, wurden mit Blumen und Bändern überschüttet.
An diesem Tag behielt ich die Rüstung noch lange nach Sonnenuntergang an, und ich beging die Feierlichkeiten in ihrer starren Umhüllung, ihrer spartanischen Umarmung. Immer wenn ich mich vorbeugen wollte, erinnerte mich ihre Steifheit daran, dass ich ein Krieger und ein Eroberer war. Und ich trug sie noch, als der Brief von Katharina eintraf. Ich erinnere mich daran, weil ich den eisernen Handschuh abstreifen musste, um die
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