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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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er. »Eine Eiche in einem Meer von Schilf.«
    Verblüfft hörte ich, wie geringschätzig Wolsey von meinen Verbündeten sprach. Dieser Mann, der hier allerlei Gerät sammelte und erprobte, musste doch gewiss einen Grund dafür haben. »Ich bitte Euch, sprecht nicht in Rätseln.«
    Er zierte sich mit viel Aufhebens, aber dann redete er doch. »Ferdinand, der spanische König – wie zuverlässig ist er? Er hat England zu diesem Schwindel von einem Feldzug gegen die Ungläubigen verleitet, der dann nie zu Stande kam.«
    Das stimmte. Meine Bogenschützen hatten in Guienne gesessen und waren dort verrottet, derweil Ferdinand beschlossen hatte, lieber Navarra anzugreifen.
    »Es ist nur die Königin Katharina, die Euch ihrem Vater zugeneigt macht. Aber sind die Pflichten eines Schwiegersohns immer die gleichen wie die eines Königs?« Seine Worte hingen zwischen uns in der Luft. »Und Maximilian, der Kaiser – er ist als Lügner bekannt. Er ist sogar stolz auf seine Lügen. Ja, als Ludwig ihn bezichtigte, er habe ihn zweimal getäuscht, gackerte er: ›Er lügt. Ich täuschte ihn dreimal!‹ Und was Venedig angeht, so hat es nicht einmal eine Armee. Was für eine Meute. Ihr seid da der einzige wahre Ritter!«
    »Aber wenn ein ehrlicher Ritter dem Lauf der Wahrheit folgt, was tut es da, wenn seine Bundesgenossen nichts taugen? Gott wird ihn lenken!« Das war mein Glaube; um die Wahrheit zu sagen, ich glaube es noch heute.
    »Wir haben die Pflicht, unsere Mittel klug gegen Satan einzusetzen«, stimmte er zu. »Aber diese Allianz … wie sollt Ihr obsiegen, ohne echte Unterstützung? Ein falscher Verbündeter ist schlimmer als ein Feind.«
    Doch ich glaubte an meine Verbündeten. Und ich war mir des Umstandes nicht bewusst, dass Wolsey eine so starke Neigung zu den Franzosen hatte. Die Franzosen waren zivilisiert und Meister des Stils, ganz wie Wolsey, der Metzgersohn. Wir sind stets eine Überraschung für unsere Eltern.
    Ich wechselte das Thema. »Es droht Gefahr von den Schotten. Sie kümmern sich nicht um die Gesetze der Ehre oder der Ritterlichkeit. Kann sein, dass sie uns angreifen, während wir in Frankreich gebunden sind.«
    »Sie sind schließlich Verbündete der Franzosen. ›Die alte Allianz‹ nennen sie es. Wenngleich ich Mühe habe, mir zwei ungleichere Partner vorzustellen!« Die lärmenden Schotten und die gezierten Franzosen. Lachhaft. »Lasst einen fähigen Soldaten hier, der sie im Zaume hält.«
    »Howard«, sagte ich. »Thomas Howard, der Graf von Surrey. Er stammt aus dem Norden; er kennt sich dort gut aus.«
    In diesem Augenblick kamen zwei hüpfende Schatten herein.
    »Vater! Vater!«, riefen sie.
    Wie reizend. Die kleinen Burschen unterhielten eine liebevolle Beziehung zu dem hier zu Gast weilenden Priester.
    »Mutter ist nicht wohl«, jammerten sie.
    »Ich habe zu tun.« Wolseys Stimme war hart.
    »Sie war letzte Woche krank, und Ihr wart nicht bei uns!«
    Wolsey war wirklich ihr Vater. Der Priester hatte Söhne!
    »Ich verstehe«, sagte ich. »Jetzt weiß ich, was Ihr im Larks Morgen zu schaffen habt! Wir sprechen uns später.« Ich zitterte vor Wut und Enttäuschung über diesen Verrat. »In London.«
    »Nein, Euer Gnaden! Ich wage nicht, Euch zu verlassen!« In seinem Gesicht zeigte sich Entsetzen. »Es ist wahr, ich habe mit Larks schöner Tochter gesündigt! Ich habe sie geliebt – aber schaut her, ich werde sie nicht behalten! Wenn mir Eure Liebe gehört, brauche ich keine andere! Ich bitte Euch, schenkt mir diese Liebe, und mein Blick wird niemals von Euch weichen! Niemals, niemals mehr!«
    »Gebt sie auf, Wolsey«, sagte ich. »Oder rechnet niemals mehr mit einer Gunst aus meiner Hand.«
    Ich schob Wolseys Familie, die warmen, mich umklammernden Knaben, beiseite.
    »Ich gebe sie ja auf!«, rief er. »Nimmermehr will ich ihr Gesicht sehen! Gewährt mir nur Eure Liebe; mehr will, mehr brauche ich nicht …« Fast hätte er sich an meinen Mantel gekrallt.
    »Seht zu, dass Ihr es tut.« Die hübsche Joan Lark stand in der Tür des Gasthauses; Trauer und Furcht waren ihr ins Gesicht geschrieben. Jetzt verstand ich auch, weshalb mein Anblick sie in solche Aufregung versetzt hatte. Alles war klar. Ich hasste sie, hasste Wolsey und hasste ihre kräftigen Söhne.
    »Das sind Bastarde!«, rief ich und deutete auf die Kinder. »Schlimmer noch als Bastarde, sie sind Sprösslinge eines Priesters, der seine Gelübde gebrochen hat. Die widerwärtigste aller Schändlichkeiten!«
    Ein Priester, der seinen

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