Ich, Heinrich VIII.
ihr. »Sie sind gestraft. Ihr König ist tot.«
Ein König der Gegenwart für einen König der Zukunft. Waren sie wirklich gestraft?
Ich trat wieder auf sie zu und umschloss sie mit meinen Armen. »Wir machen einen neuen König.«
Ich führte sie in ihr Schlafgemach. Aber es war nicht die Pflicht, die mich rief, sondern das Verlangen, denn Katharina war reif und schön wie nie: Eine Königin, die ihr Reich verteidigt hatte, eine Mutter, die ihren Sohn betrauerte, eine Tochter des Orients, die exotische Freuden zu bereiten wusste, ganz gleich, wie sehr ihr katholisches Gewissen sie verdammen mochte.
XXI
I n Anerkennung ihrer Dienste auf dem Schlachtfeld gab ich Thomas Howard sein verlorenes Herzogtum Norfolk zurück, und Charles Brandon machte ich zum neuen Herzog von Suffolk.
Will:
Ein Titel, beiläufig, den Edmund de la Pole erst kürzlich hinterlassen hatte.
Heinrich VIII.:
Auch Wolsey musste eine Anerkennung erfahren. Gott hatte in den letzten Monaten manche Position in der Kirche frei werden lassen, als habe er vorausgeahnt, dass wir ihrer bedürfen würden. Ich sammelte sie ein, band sie zu einem Bouquet und schenkte sie Wolsey: Bischof von Lincoln, Bischof von Tournai und Erzbischof von York. In einer kurzen Zeremonie wurde er vom Stand eines einfachen Priesters auf den eines mächtigen Prälaten katapultiert (just wie eine Kanonenkugel aus den Kriegsmaschinen, die er zu beschaffen geholfen hatte).
»Für einen Mann, der kürzlich noch ein bloßer Priester war, verfolgt Ihr hochgesteckte Ziele.« Ich lächelte. »Das gefällt mir.«
»Was sonst könnte ich anstreben?« Er versuchte, unschuldige Miene zu machen.
»Was sonst, fürwahr. Und wozu, meint Ihr, soll dieser Palast Euch dienen, den Ihr da plant?«
Wolsey hatte soeben einen Pachtvertrag über ein Stück Land an der Themse, ein gutes Stück stromaufwärts hinter dem Spital der Johanniter erworben. Er hatte sich mit Maurern und Zimmerleuten beraten und war schon zweimal tapfer über vereiste Reitpfade dorthin geritten, um das Gelände zu begutachten.
»Hampton? Das ist kein Palast; ’s ist allenfalls ein Herrenhaus. Ein Erzbischof braucht schließlich eine Wohnung, die seinem Amte ziemt.«
»Dazu dient York Place.«
»Das ist alt und feucht.«
»Das sind meine Schlösser auch. Also, mein Freund und Minister, verfolgt Ihr doch großartige Ziele. Gefiele Euch … ein Kardinalshut?«
»Ja.« Kein Widerstreben, kein Zögern. »Kardinal Wolsey. Das ist mehr als Canterbury. Ein Kardinal wäre Euch ein würdiger Repräsentant und Minister. Als König verdient Ihr keinen geringeren Mann in Eurem Dienst.«
Wie er seine Schmeicheleien bei der Hand hatte. »O ja. Ich bin es mir wirklich schuldig, Euch zum Kardinal zu machen. Wollen sehen. Es gibt einen neuen Papst. Was für ein Mann ist er? Wie bitten wir ihn am besten um diese kleine Gunst?« Ich hielt inne, fuhr dann fort. »Wir schmeicheln Leo. Er wird uns den Kardinalshut senden, keine Angst. Nächstes Jahr um diese Zeit … Ich werde König von Frankreich sein, und Ihr Kardinal Wolsey.«
Und ich wäre Vater, so Gott wollte. Die Königin war wieder schwanger, und nun, beim vierten Mal, würden wir gewiss bekommen, was unser –
und Englands – tief empfundener Wunsch war. Und was wir dringend brauchten.
Die Pläne waren fertig. Meine Welt war geordnet wie ein Schachbrett, mit neuen Elfenbeinfiguren frisch bestückt. Wie das Brett – die Quadrate und Herzogtümer Europas – vor mir schimmerte! An meiner Seite standen Ferdinand, Maximilian und Leo, der neue Papst. An vielen Fronten zugleich würden wir Frankreich angreifen, und abstimmen würden wir unsere Angriffe durch die schnellsten Boten der ganzen Christenheit (auch wenn sie arabische Rösser reiten würden). Katharina und ich brachten Stunden damit zu, uns die Schlachten vorzustellen, in denen Ferdinand und ich als Waffengefährten kämpfen würden; zu gern hätte sie mit mir das Meer überquert, um an unserer Seite zu streiten. Nur das Kind, das sie trug, hinderte sie daran.
»Die Schotten sind untergegangen, und so könnte ich mitkommen«, sagte sie sehnsuchtsvoll. »Aber um nichts auf der Welt würde ich das Kind in Gefahr bringen.« Zärtlich betastete sie ihren Bauch.
»Auch ich nicht, Geliebte.«
»Es beglückt mich zutiefst, dass Ihr meinem Vater endlich begegnen werdet.« Es stimmte: Gesehen hatte ich Ferdinand bisher nur durch Katharinas hingebungsvolle Augen. »Und auch, dass der Name, den Ihr erwähltet –
oder,
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