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Ich kann dich sehen: Thriller (German Edition)

Ich kann dich sehen: Thriller (German Edition)

Titel: Ich kann dich sehen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaye Ford
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über Brüstungen. Er setzte Anwälte und Schriftsätze ein, um Menschen fertigzumachen. Doch ihr Stalker lieferte ihm einen Vorwand, das volle Sorgerecht zu beantragen. »Thomas, du Scheißkerl.«
    Liv stand mit verschränkten Armen vor dem Schultor und versuchte ihre Wut unter Kontrolle zu halten, während sie die Gesichter in der Menge beobachtete. Sie erkannte ein paar Mütter von Camerons Freunden und Frauen, denen sie an Elternabenden begegnet war. Doch sie hielt Abstand, wollte heute nicht vom Schulgeschwätz abgelenkt werden. Ein paar Männer standen auch herum. Ein Mann mit Hemd und Krawatte, ein anderer in ölbefleckter Kleidung, ein rüstig wirkender Großvater. Es ergab keinen Sinn, dass ein anderer Elternteil sie stalken würde. Sie hielt trotzdem Ausschau und war wachsam.
    Camerons Klasse kam in zwei langen Reihen zum Schultor, alle trugen Legionärskappen und Rucksäcke, die wie Schildkrötenpanzer aussahen und mit Comiczeichnungen verziert waren. Liv reckte den Hals, um ihn zu sehen. Er war der dritte von hinten, sah sich suchend zwischen den wartenden Eltern um, sein Gesicht strahlte, als er sie sah. Langsam legte sich der Gefühlssturm, der in ihr getobt hatte. Sie wäre am liebsten über das Tor gesprungen und hätte ihn in die Arme geschlossen, doch ihr war klar, dass ihn das vor seinen Klassenkameraden bis auf die Knochen blamiert hätte. Also winkte sie ihm nur zu und lächelte so breit, dass ihr Gesicht zu zerspringen drohte.
    Als er durch das Tor kam, schrie er nur »Mom!« und löste sich aus der Reihe. Er rannte auf sie zu, sie ging in die Hocke, er legte seine Arme um ihren Hals und drückte sie. Sie verlor fast die Beherrschung, hätte um ein Haar wie ein Kind geschluchzt. Sie vergrub ihren Kopf an seinem verschwitzten, nach Schule riechenden Hals, bis er sie losließ.
    »Ziemlich schreckliche Verletzung«, sagte er.
    »Wird schon besser.«
    »Darf ich sie anfassen?« Er hob den Zeigefinger.
    »Sie hat nur auf deine Zauberfinger gewartet.«
    Sie blickte in sein fröhliches, sommersprossiges Gesicht, während er vorsichtig über die langsam verblassende Wölbung fuhr. Als er damit fertig war, legte er seine Stirn an ihre und sah ihr in die Augen.
    »Hey, Mom.«
    »Hey, Cameron.«
    Das war ihre Geheimsprache. Sie hatten dieses Ritual schon, als er noch ein Kleinkind war. Ein stilles »ich liebe dich sehr, ich habe dich vermisst, es wird schon, ich bin für dich da«. Seit Thomas gegangen war, machten sie es öfter. Herrgott, wie sie ihn vergangene Woche vermisst hatte. Und sie liebte ihn dafür, dass er daran festhielt, während seine Freunde um ihn herum sich lauthals verabschiedeten.
    Sie liebte ihn einfach.
    Sie nahm seinen Rucksack, während er vor ihr auf dem Weg zum Auto und immer wieder vor und zurück rannte.
    »Hey, Mom, trinken wir einen Nachmittagstee bei Lenny?«
    »Heute nicht.«
    Er rannte voraus, zog seine Knie dabei hoch in die Luft, tippte den Wagen an und rannte wieder zurück zu ihr.
    »Können wir dafür Spaghetti essen?«
    »Machen wir.«
    Er drehte sich zur Seite, sprang von einem Bein auf das andere.
    »Muss ich heute Abend meine Hausaufgaben machen?«
    »Na, was meinst du denn?«
    »Wollte nur mal nachfragen.«
    »Netter Versuch.«
    Er rannte zurück, drehte seinen Kopf herum, um zu sehen, wohin er lief, und tippte dann die Beifahrertür des Wagens an. »Hab dich geschlagen!«
    »Hat da nicht jemand vergessen zu sagen, auf die Plätze, fertig, los?« Sie stellte seinen Rucksack neben dem Kofferraum ab, griff nach den Schlüsseln in ihrer Handtasche und fand stattdessen einen Umschlag. Einen Augenblick, eine halbe Sekunde lang dachte sie, sie habe vergessen, einen Brief einzuwerfen. Dann sah sie ihren Namen vorne darauf gekritzelt.
    Sie handelte mechanisch, zog Cameron an sich und schob ihn zwischen sich und den Wagen. Über das dunkelblaue Dach blickte sie erst nach links, dann nach rechts. An beiden Straßenrändern parkten Autos, der Nachmittagsverkehr um drei Uhr schlich langsam in beide Richtungen dahin. Erwachsene und Kinder waren unterwegs, Mütter mit Kinderwägen und Hunde, der Schülerlotse mit seiner Neonjacke, ein Busfahrer, der den Schülern zusah, wie sie in den Bus stiegen.
    »Hey, Mom! Was machst du?«
    Sie drückte Cameron gegen die Beifahrertür, er zappelte herum und versuchte sich loszumachen. Sie trat ein wenig zurück. »Cameron, Liebling, lauf nicht mehr herum, okay? Steig bitte sofort ins Auto.«
    »Aber …«
    »Kein Aber, okay?« Sie hielt ihn

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