Ich kann dich sehen: Thriller (German Edition)
Jungen an, seinen Rucksack zu nehmen. Als Cameron außer Hörweite war, wandte Liv sich an Rachel. »Was ist mit Cameron? Ist er bei mir sicher?«
»Nachdem wir nicht wissen, wer Sie stalkt, und bis jetzt keiner versucht hat, Ihnen etwas anzutun, ist er bei Ihnen wohl am sichersten. Kennen Sie jemanden, bei dem Sie bleiben könnten?«
»Glauben Sie, mein Reihenhaus ist nicht sicher?«
»Es scheint sicher. Es wäre nur zu Ihrer eigenen Beruhigung.«
Es gab nur Kelly und Jason, aber sie wusste nicht, ob sie dort Ruhe fand. Nicht, solange Teagan in kritischem Zustand im Krankenhaus lag und Kelly beschlossen hatte, für Toby Wright zu arbeiten. »Könnten Sie dafür sorgen, dass heute Nacht regelmäßig eine Streife bei mir vorbeifährt?«
»Schon geschehen.«
Liv ignorierte zum zweiten Mal die Abzweigung zu ihrer Straße. Sie war noch nicht bereit, schon wieder mit dem Baseballschläger durch das Haus zu laufen, außerdem musste sie unaufhörlich an Teagan denken. Tees Mom Nina war Kellys große Schwester. Sie hatte Liv und Kelly immer herumkommandiert, als sie noch Kinder waren, und hatte geheiratet, als sie beide noch die Highschool besuchten. Kelly war Brautjungfer gewesen, und für Liv war es die erste Hochzeit, an der sie teilgenommen hatte. Teagan war Ninas jüngste Tochter – Liv fühlte sich für sie verantwortlich.
Sie kannte die Familie gut und wusste, dass sie zusammenhalten und Teagan unterstützen würden. Kelly war bestimmt noch im Krankenhaus. Genau wie ihre Mutter und ihr Vater, vermutlich ihre jüngere Schwester, ein Bruder, vielleicht eine oder zwei Schwägerinnen. Liv war immer wie ein Familienmitglied behandelt worden und hätte unter anderen Voraussetzungen auch ihre Unterstützung angeboten. Aber sie konnte nicht einfach im Krankenhaus auftauchen. Nicht in dieser Verfassung, nicht mit den Verletzungen im Gesicht, die wie ein Vorwurf wirkten, und schon gar nicht wollte sie Cameron im Wartezimmer eines Krankenhauses sitzen lassen.
Sie hätte gerne gewusst, wie es Teagan ging – mehr Einzelheiten erfahren als lediglich die Tatsache, dass sie in kritischem Zustand war. Und sie war es leid, immer alleine zurechtkommen zu müssen, also fuhr sie zu Kelly und hoffte, dass Jason mit den Mädchen zu Hause war.
Emma riss die Tür auf und schrie: »Cameron! Bess, Cameron ist da.« Sie hörte Schritte auf dem Holzboden, dann schlitterte Bess auf Socken um die Ecke und wiederholte den Schlachtruf. Die drei rannten bereits durch den Flur, da tauchte Jason auf. Er blieb einen Augenblick stehen, hielt das Telefon in der Hand und sah sie an. Sein Haar sah zerrauft aus, doch er schien sich zu freuen, sie zu sehen. »Kelly ist im Krankenhaus«, sagte er.
Liv schloss die Eingangstür hinter sich. »Das dachte ich mir schon.« Sie umarmte ihn, er zog sie rein und hielt sie weiter fest, und sie war froh, dass sie gekommen war. Sie unterstützte jemanden, außerdem war Jason praktisch Familie.
Sie schnitt Obst und Käse für die Kinder zurecht und bereitete zwei Tassen Tee, während Jason an der Küchenbar saß und ihr erzählte, was er wusste.
»Sie hat eine Beckenfraktur, gebrochene Rippen und einen Schlüsselbeinbruch, weil sie auf die Seite gefallen ist.«
»Was ist mit ihrem Gesicht? Sie hatte Blut im Gesicht.«
Er biss sich auf die Lippen, als wollte er sich das für den Schluss aufheben. »Das ist nicht gut. Auf ihrer Wange klaffte eine tiefe Wunde, die rechte Augenhöhle ist zerschmettert. Sie denken über einen Eingriff nach.«
Liv dachte an Teagans Haar, das seitlich am Lieferwagen heruntergehangen hatte, und schlug eine Hand vor den Mund.
Auf der anderen Seite des Wohnzimmers plärrte es aus dem Fernseher, als eine DVD gestartet wurde. Jason schloss die Augen, der Stress schien ihm langsam über den Kopf zu steigen.
»Macht ihr das bitte leiser?«, rief Liv.
»Das ist nur der Anfang«, sagte Bess.
»Der Anfang ist immer laut«, fügte Cameron hinzu.
»Na schön, dreht es trotzdem leiser. Wir versuchen uns zu unterhalten.«
Es gab eine kurze Auseinandersetzung darüber, wer die Fernbedienung halten sollte, also lief Liv zu Jason und drückte seine Schulter. »Komm, lass uns ins Zimmer nebenan gehen.«
Sie setzten sich so dicht nebeneinander aufs Sofa, dass ihre Arme sich berührten, und tranken Tee. Familie. Zuhause. Liv sprach ruhig, erzählte ihm von dem Mann, der den Überfall auf sie zugegeben hatte, von den zwei neuen Nachrichten und ihren Schuldgefühlen, weil sie Teagan da
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