Ich kann dich sehen: Thriller (German Edition)
Wie ist es mit Toby Wright gelaufen?«
»Na ja …« Kelly lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück, setzte ein unverbindliches Lächeln auf und sagte dann: »Gestern hat er das Gerücht bestätigt, dass das Unternehmen erweitert wird, und gefragt, was wir für ihn tun können. Heute Morgen hat er mich gebeten, ein paar Berechnungen aufzustellen. Ich glaube nicht, dass er schon mit jemand anderem gesprochen hat.«
Liv legte erleichtert ihren Kopf in den Nacken. Sie hatten früher schon einmal mit ihm gearbeitet, doch vergangenes Jahr hatte er sich dann anderweitig umgesehen, und sie waren von einem Mitbewerber unterboten worden. Doch dann hatte Kelly über den Flurfunk gehört, dass er mit der Dienstleistung nicht zufrieden gewesen war. Es konnte also sein, dass er bei der bevorstehenden Erweiterung des Unternehmens auf Altbewährtes zurückgreifen wollte. »Fantastisch. Kell, das könnte unsere Rettung sein. Wann triffst du dich mit ihm?«
»Morgen Nachmittag.«
»So schnell. Noch besser. Was brauchst du von mir?«
Kelly griff nach einem Notizblock auf Livs Schreibtisch und schrieb mit, während sie die Angelegenheit durchgingen. Es tat gut, endlich einmal über etwas anderes zu sprechen. Das war wie eine Verschnaufpause von dem Schmerz und der Angst, die sie seit Montagabend bedrängten. Während sie alle möglichen Ideen durchsprachen, suchte Liv nach einer Klarsichthülle, fasste den Zettel an einer Ecke, steckte ihn hinein und achtete nicht auf das Unbehagen, das sich in ihr regte. Sie würden Prescott and Weeks retten. Das war im Moment alles, was zählte.
Kelly zog zwei Striche unter ihre Aufzeichnungen, riss das Blatt vom Block und stand auf. »O. k., ich bleibe dran.«
»Warte. Wie war das Treffen mit Neil?«
Sie blieb in der Tür stehen und stützte eine Hand an den Pfosten. »Es war … in Ordnung.«
»Gut in Ordnung oder schlecht in Ordnung?«
»Er hat einen Bericht verfasst. Wir haben ein paar Optionen.«
»Was für welche?«
Kelly sah zum Empfang. »Das ist etwas kompliziert. Ich kann es dir nicht so aus dem Stegreif wiederholen …«, sie hielt ihre Notizen hoch. »Ich sollte erst damit anfangen. Das andere besprechen wir später, in Ordnung?«
Liv versuchte in ihrem Gesichtsausdruck zu lesen. Sie wirkte verhalten, schien auszuweichen, und das verursachte ihr nur noch einen weiteren Kloß im Magen.
Liv saß wieder im Stuhl neben Rachel Quests Schreibtisch und sah zu, wie sie den Zettel las. Ein junger Mann im Anzug sprach ruhig am Telefon am benachbarten Arbeitsplatz, ein älterer Mann auf der anderen Seite des Raumes tippte hektisch auf eine Tastatur. Dann legte Rachel den Zettel neben den ersten, der immer noch in der Plastikhülle auf ihrem Schreibtisch lag.
»Haben Sie so was auch per E-Mail erhalten?«
Liv hatte in ihrem Postfach nachgesehen, bevor sie losgefahren war. Sie hatte noch weitere zwanzig Mails zu den über dreißig erhalten, die gestern eingegangen waren. Dabei handelte es sich vorwiegend um gute Wünsche von Leuten, die sie in den Nachrichten gesehen hatten, jemand hatte ihr sogar den Namen eines guten plastischen Chirurgen geschickt – wie witzig. »Nein.«
»Irgendwelche anonymen Anrufe?«
»Nein.«
»Und wie war es, bevor Sie überfallen wurden? Haben Sie da irgendwelche seltsamen Nachrichten erhalten oder anonyme Anrufe, bei denen jemand aufgelegt hat?«
»Nein.«
»Sonst jemand in Ihrem Büro?«
»Nicht dass ich wüsste. Wir sind nur zu dritt. Unsere jüngste Mitarbeiterin Teagan nimmt die meisten Anrufe entgegen, sie hat nichts dergleichen erwähnt.«
Rachel strich sich hastig und nervös eine wirre Haarsträhne hinters Ohr.
»Haben Sie mit irgendwem in letzter Zeit Ärger? Etwa mit einem Freund? Einer Zufallsbekanntschaft?«
Doch seit Thomas sie verlassen hatte, hatte sie weder die Gelegenheit gehabt noch Lust auf neue Bekanntschaften verspürt. »Nein, auch nicht.«
»Jemand in Ihrem Haus?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Ihr Mann?«
Liv lächelte zynisch. »Wir haben uns gegenseitig ziemlich genervt.«
»Auch in letzter Zeit?«
»Wir sind seit einem Jahr getrennt. Die Trennung war ziemlich chaotisch. Ich weiß gar nicht mehr, wann wir das letzte Mal nicht wütend aufeinander gewesen sind.«
»Hat er Ihnen jemals per Mail gedroht?«
»Nein.«
»Und was ist mit wütenden Telefonanrufen?«
»Er hat mich wegen einer anderen Frau verlassen. Es hat viele unangenehme Telefongespräche gegeben. Von uns beiden. Aber nichts in der Art, die Sie meinen. Ihm
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