Ich kann dich sehen: Thriller (German Edition)
gehen, wenn dir danach ist.«
»Klingt gut. Nach dieser Woche wird es meinen Beinen guttun, wenn ich sie ein bisschen bewege.«
Liv und Sheridan waren bereits an der Uni zusammen joggen gegangen. Als sie sich nach der Trennung das Sorgerecht für Cameron mit Thomas teilte, hatte Sheridan ihr vorgeschlagen, sich in der Woche zum Laufen zu treffen, wenn er bei seinem Vater war. Sheridan war klein und hatte nicht den gleichen Laufrhythmus wie Liv, aber sie hatte Ausdauer, und ihre Gesellschaft war angenehm. Genau das, was sie heute Abend brauchte. Sie brauchte jemanden, mit dem man zynisch und ausfallend werden konnte, und dafür war Sheridan ideal.
Sie packte die Reste ihres Büros in den Müllsack, stapelte die Ordner auf den leeren Schreibtisch, damit Ray saugen konnte, und ließ den kaputten Computer und die Schubladen stehen. Die konnte er entsorgen. Sie wusch sich gerade das Fingerabdruckpulver von den Händen, als Kelly zurückkam.
»Ist Liv noch da?«, fragte sie leise.
»In der Küche«, sagte Teagan genauso leise.
Liv schnappte sich ein Handtuch. »Wie war es bei Toby?«, fragte sie an der Tür.
Kelly blickte kurz auf. »Du solltest längst zu Hause sein. Du siehst erschöpft aus.«
»Ich bin gerade erst mit dem Aufräumen fertig geworden. Also, wie war es?«
Kelly runzelte die Stirn und fluchte leise, dann erzählte sie ein paar Einzelheiten. »Es lief gut. Der Job ist größer als vermutet. Er baut nicht nur das Büro aus, sondern gründet ein richtiges Trainingscenter für Mitarbeiter. Falls wir den Auftrag bekommen, müssen wir sowohl Trainer als auch Zeitarbeiter und Aushilfen stellen.«
»Das ist ja großartig. Toll. Das könnte uns retten!« Seit Tagen lächelte sie zum ersten Mal wieder aus tiefstem Herzen. Sie hatte das Gefühl, ihr Gesicht war ein einziges Grinsen. »Sind wir immer noch seine einzigen Verhandlungspartner?«
»Ich denke schon, er schien sehr interessiert. Er hat mir unglaublich viele Fragen gestellt, ihm schien auch zu gefallen, dass ich selbst vorher schon einmal als Trainerin gearbeitet habe. Er ruft mich vielleicht morgen wegen ein paar Ideen an. Ich habe keine Ahnung, was das heißt, aber offensichtlich haben sie es eilig.«
Liv schlug mit der Faust in die Luft. »Ja!«
»Yeah!«, freute sich auch Teagan.
»Okay, mehr erzähle ich dir jetzt nicht«, sagte Kelly. »Du musst nach Hause, Liv. Keine Ausreden mehr. Ruh dich aus.«
»Mach dir keine Sorgen, das werde ich.« Sie hatte alles gehört, was sie hören wollte, und nun war sie hoffnungsvoller, als sie es heute für möglich gehalten hätte. Es war vier, sie war fast elf Stunden im Büro gewesen – jetzt war es an der Zeit zu verschwinden.
»Das ist doch wirklich alles unglaublich«, rief Sheridan, als sie das Haus betrat.
Liv erwiderte ihre Umarmung, stellte ihre Tasche mit den Übernachtungssachen neben die Treppe und nahm die Flasche Rotwein entgegen, die Sheridan ihr hinhielt.
»Was macht eigentlich die Polizei? Gibt es irgendwelche Hinweise? Sie müssten doch irgendwas herausgefunden haben.« Sheridan blieb vor der Haustür stehen und stemmte die Hände in die Hüften, als wollte sie keinen Schritt weiter machen, bevor sie nicht die ganze Geschichte erfahren hatte.
»Ich erzähle dir später alles, nach einem Drink. Im Augenblick möchte ich einfach einmal einen Moment nicht daran denken.«
»Du bringst mich vor Spannung noch um, aber es ist verständlich. Du musst total fertig sein.« Sheridan besuchte sie zum ersten Mal im Reihenhaus, sie ging ein paar Schritte hinein und sah sich alles an. »Was ist mit dem Baseballschläger?«
Daniel hatte gesagt, sie solle auf ihre Angst hören, und ihre Angst sagte ihr, dass es besser war, sich auf den Ernstfall einzustellen. Sie hatte Camerons Baseballschläger an die Wand neben der Eingangstür gestellt. »Nur für alle Fälle. Er ist wie eine Versicherung – wenn ich ihn habe, werde ich ihn nicht brauchen.«
»Und was bekomme ich?«
»Wie meinst du das?«
»Na ja, falls jemand einbrechen sollte, kannst du ihn mit dem Baseballschläger verprügeln. Und was soll ich nehmen?«
Liv grinste und freute sich über Sheridans Mut. »Neben der Tür zur Garage steht ein Schirm. Ein großer. Reicht der?«
»Mary Poppins gewaltbereit? Das passt. Hier wohnst du also jetzt?«
»Ja. Sieh dich ruhig um.«
Während Sheridan sämtliche Türen öffnete und nach oben ging, holte Liv das Essen aus dem Kühlschrank. Sie hatte auf dem Nachhauseweg auf der Park Street einiges
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