Ich kenne dein Geheimnis
haben!«
»Du musst noch mal zu Smeralda Mangano.«
Bonadeo zuckte zusammen. Natürlich war er glücklich, sie wiedersehen zu dürfen, aber er fürchtete auch, dass sie in großen
Schwierigkeiten steckte.
»Ich weiß, dass du bereits zweimal dort warst und nichts dabei herausgekommen ist. Aber alle Spuren führen zu ihr. Lass uns
noch mal alles durchgehen. Welche Fragen müssen wir uns stellen? Erstens: Warum war das gestohlene Auto in dieser Gegend,
als es zum ersten Mal dort gesehen wurde? Zweitens: Ist an diesem Abend noch etwas geschehen, von dem wir nichts wissen? Und
drittens: Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Mangano, Pelori und De Gubertis und dem, was am Abend des Unfalls geschehen
ist, was immer das gewesen sein mag?«
»Gut, Commissario, ich erledige das gleich heute.«
»Bonadeo, warte mal.« Silvia hielt ihm den Umschlag hin, den sie am Vorabend für den Vicecommissario vorbereitet hatte. »Kannst
du das bitte Barbera geben, wenn du ihn siehst?«
»Wird erledigt.«
Nachdem der Ispettore gegangen war, betrachtete Silvia nochmals das Foto mit dem Nummernschild. »Zufall?« Chiara |306| hatte ihr einmal erklärt, dass viele vermeintliche Zufälle gar keine waren. »Manchmal sind es auch verschlüsselte Nachrichten,
die uns bei der Entscheidung helfen, das zu tun, was das Schicksal für uns vorgesehen hat. Das Problem ist, dass wir diese
Nachrichten meist ignorieren, auch wenn sich die Zufälle in unserem Leben häufen und unsere Pläne wieder und wieder durchkreuzen.
Aber wenn wir lernen würden, diese Zeichen mehr zu beachten, könnten wir feststellen, dass Ereignisse, die wir für rein zufällig
halten, in Wirklichkeit kleine Wunder sind, bewerkstelligt von jenem unermesslichen spirituellen Potenzial, das jeder von
uns in sich trägt und das ab und zu an die Pforte unserer Rationalität klopft, um sich Gehör zu verschaffen.«
Silvia blickte wieder zu dem Foto des vermissten kleinen Mädchens. »Und was willst du mir sagen?«
»Keine Neureichen, keine Proleten, nur die Crème de la crème: Hochadel, Topunternehmer und herausragende Künstler, dazu die
angesagtesten Designer und Stylisten«, hatte Cesco de’ Razzi geschwärmt, als er mit Vivy noch einmal die Gästeliste durchging,
»und als Sahnehäubchen natürlich einige internationale Megastars.«
Vivy hatte sich nur die ersten dreißig Namen angesehen. Sie musste die Gäste nicht einzeln durchgehen. Cescos Instinkt vertraute
sie blind. Der Mann war zwar ein Snob, aber er hatte Klasse. Alles, was er tat, gelang optimal. »Hervorragende Arbeit, Cesco«,
sagte sie und gab ihm die Liste zurück.
»Oh, das ist nur eine Vorauswahl.«
»Ich bin sicher, dass alles perfekt wird.«
»So muss es auch sein, meine Liebe. Dieses Fest soll unvergesslich werden: das High Society-Event schlechthin, aber ohne Pomp
und Protz. Auch was die Stars betrifft, war ich |307| sehr wählerisch, deshalb kommen Giorgio Albertazzi und Franco Zeffirelli …«
Vivy lächelte.
»Aber jetzt musst du dich auf das Kernthema konzentrieren: die Auswahl der Fotos. Wir brauchen mindestens zehn verschiedene
Bilder für die Projektionen und die Präsentationsmappen.«
»Könnte das passen?« Vivy zeigte Cesco eine Aufnahme von Lupo im Kreis ihrer Mitarbeiter, die vor einem riesigen Holzfass
standen, in dem der berühmte Sannazzaro-Wein reifte.
»Ausgezeichnet! Wenn du mich noch brauchst, ruf einfach an.« Dann verabschiedete er sich und küsste ihr die Hand.
Vivy hätte ihn gerne noch länger um sich gehabt, doch sie wusste, dass Cesco einen prall gefüllten Terminkalender hatte und
die Zeit drängte. Bei der Auswahl der Fotos war Fingerspitzengefühl gefragt, sie arbeitete hochkonzentriert. Doch nach einer
Weile musste sie, von ihren Gefühlen übermannt, eine Pause machen. Vor allem die Bilder aus der Kindheit rührten sie. Lupo
war ein hübscher Bengel mit blonden Haaren und veilchenblauen Augen gewesen. Die meisten Aufnahmen allerdings stammten von
gesellschaftlichen Ereignissen. Lupo, der Frauenschwarm, darunter allerdings auch einige Damen mit zweifelhaftem Ruf. Cesco
hatte streng aussortiert und dann befürchtet, dass die Fotos für die Präsentation nicht ausreichen könnten. Aber es gab ja
noch einen zweiten Karton. Auch die Texte zu den Bildern mussten stimmig sein. »Wir brauchen eine gewisse Chronologie«, hatte
Cesco ihr erklärt. Zum Glück hatte Gerry seine Hilfe angeboten, ein Meister, was pointierte
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