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Ich kenne dein Geheimnis

Titel: Ich kenne dein Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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von Gesprächen
     oder das Überbringen geheimer Nachrichten. Die meisten Menschen hielten ihn für geistig zurückgeblieben und scheuten sich
     deshalb nicht, offen vor ihm zu sprechen. Doch Carruccio hatte ein ausgesprochen feines Gehör.
    Im Augenblick war er sehr aufgeregt, verdrehte die Augen, fuchtelte mit den Händen in der Luft herum und gab dabei unkontrollierte
     Laute von sich.
    »Beruhige dich, sonst verstehe ich nichts.« Maria sah ihm fest in die Augen. Im Gegensatz zu den anderen, schaute sie ihm
     immer ins Gesicht, wenn er sprach. Und sie benutzte auch nicht den heuchlerischen Ton jener, die nur mit ihm sprachen, um
     sich damit bei ihr lieb Kind zu machen.
    Carruccio atmete ein paar Mal tief durch und setzte noch einmal an. Doch er war noch immer zu aufgewühlt, um verständlich |387| sprechen zu können. Trotzdem schnappte Maria einen ihr wohlbekannten Namen auf. Wahrscheinlich wollte ù Scimo sie warnen.
     Oder doch nicht? Wenn es doch um etwas ganz anderes ging? Sie hätte noch mal nachhaken sollen, tat es aber nicht. Es wäre
     genauso gewesen, als ob man ihr gesagt hätte, sie könne sich nicht mehr auf ihren Piddu verlassen.
     
    Vivy wusste, dass sie in dieser Nacht ein wenig nachhelfen müsste, um schlafen zu können. Sie fühlte sich so einsam wie nie
     zuvor. Nach dem Gespräch mit Smeralda hatte sie sich entschieden, nicht zur Polizei zu gehen. Eine Entscheidung, die mit großen
     Ängsten verbunden war, denn damit stieg die Gefahr neuer Anschläge. Auch die Geschäftsführung war dagegen gewesen. Sobald
     sie die Augen schloss, sah sie wieder die züngelnden Flammen vor sich. Dazu hörte sie Chiaras Prophezeiungen und Smeraldas
     schockierendes Geständnis. Ihr Herz begann zu rasen, und sie hörte das Blut in den Ohren rauschen, so lange, bis sie die Augen
     wieder öffnete.
    Sie ging ins Badezimmer, wo sie in der Hausapotheke ein Fläschchen Valium versteckt hatte. Der Medizinschrank hing über dem
     altmodischen, muschelförmigen Waschbecken mit den vergoldeten Wasserhähnen, die im Laufe der Zeit bronzefarben geworden waren.
     Neben der Badewanne standen das Trimmfahrrad und eine Liege mit gestreiftem Chintzbezug, auf der sie sich nach dem Sport oder
     einem Bad in ätherischen Ölen entspannte. Seltsam, wie unwichtig plötzlich der ganze Luxus war. Verlor sie etwa den Genuss
     an alltäglichen Freuden? Sie durchsuchte den Medizinschrank, konnte das Valium aber nicht finden. Um Alfredo um einen Entspannungstee
     zu bitten, war es zu spät. Deshalb ging sie zurück ins Schlafzimmer, setzt sich an den Toilettentisch und bürstete ihre weißen |388| Haare, die einen seltsamen Kontrast zu den veilchenblauen Augen bildeten. Dabei dachte sie wieder darüber nach, was Chiara
     Bonelli über den Edelmann aus dem achtzehnten Jahrhundert gesagt hatte. Bevor das Feuer ausgebrochen war, hatte sie einige
     Seiten aus Volfango d’Altinos Memoiren gelesen, aber nichts gefunden, was ihr weiterhalf. Andererseits aber hatte ihr diese
     Lektüre auf irgendeine Art und Weise das Leben gerettet. Vielleicht waren es nicht die richtigen Passagen gewesen. Sie zog
     sich den Morgenmantel über, ging ins Wohnzimmer und nahm das Manuskript aus dem Schrank. Dann setzte sie sich aufs Sofa und
     kuschelte sich unter das Kaschmirplaid. Sie begann zu blättern und begann an der Stelle zu lesen, wo sie das letzte Mal aufgehört
     hatte.
    Eben jetzt hat mir ein vertrauter Mitbruder die Nachricht überbracht, dass mir die Venezianer auf der Spur sind und eine Falle
     stellen wollen. Auch meiner geliebten Oliva droht ein schreckliches Ende. Allein der Gedanke erfüllt meine Seele mit unsagbarem
     Schmerz …
     
    Sizilien, 1771
    Olivas in ein Laken gehüllter nackter Körper wirkte auf Volfango d’Altino wie ein Aphrodisiakum. Er konnte einfach nicht von
     ihr lassen, am liebsten hätte er jede Sekunde seines Lebens mit ihr im Bett verbracht. Im Gegensatz zu Eufrasia und den anderen
     Frauen, mit denen er im Laufe seines Lebens zusammen gewesen war, gab Oliva sich ihm hemmungslos hin und kannte keine Tabus.
     Volfango lag neben ihr und stützte sich auf den Ellenbogen. Dabei bewunderte er ihren Körper wie ein Kunstwerk, atmete tief
     den würzigen Geruch ihrer goldschimmernden Haut ein, die nach Wein und einer Nacht voller Leidenschaft duftete. Ihre Jugend,
     ihr Hunger nach Emotionen und nicht zuletzt ihre vielschichtige Persönlichkeit |389| hielten Volfango in ihrem Bann. Für ihn war sie zärtliche Tochter,

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