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Ich kenne dich

Ich kenne dich

Titel: Ich kenne dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenn Ashworth
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versiegelt werden mussten.
    Chloe hatte gesagt, es würde eine Party geben, mit Verwandten und Freunden der Familie. Wir Teenies dürften in einem eigenen Raum feiern, mit Filmen bis maximal FSK 15 und einem limitierten Vorrat an Alkohol. Ihre Mutter hatte gesagt, sie könnte eine Freundin einladen, und es war bis zum letzten Moment eine ungewisse Sache zwischen Emma und mir. Aber am letzten Schultag hatte Chloe mich umarmt und gesagt, dass sie mir ihre spitzen Schuhe leihen würde. Ich hatte passend dazu eine weiße Strumpfhose gekauft. Die Strumpfhose war immer noch in ihrer Verpackung, und Chloe hatte sich nach dem zweiten Weihnachtstag nicht mehr gemeldet.
    Ich hätte sie anrufen können. Wir hatten beide ein Handy – schwere, klobige Geräte, mit denen wir in der Schule angaben. Wir konnten niemandem SMS schicken, außer uns gegenseitig, weil kaum einer ein Handy besaß. Wir hielten sie vor unseren Eltern geheim. Donald hätte sicher Bedenken gehabt wegen der Funkstrahlung so nah am Kopf, und Barbara lauschte gerne heimlich am Apparat oben. Die Leute in der Schule wussten natürlich Bescheid. Wir ließen sie immer nur einen kurzen Blick darauf werfen und weigerten uns, wenn jemand daran herumspielen wollte. Die anderen Mädchen waren neidisch oder hassten uns. Nicht mal Emma hatte ein Handy. Ich liebte meins. Es machte mich zu etwas Besonderem.
    Ich vergaß nie, denn Chloe erinnerte mich regelmäßig daran, dass wir die Handys nur hatten, weil Carl im Currys -Elektromarkt arbeitete. Er kontrollierte Chloe gern, und es war nicht so, als hätte er sie auf dem Festnetz-Anschluss ihrer Eltern anrufen können. Sie schenkte mir ihr erstes Handy und erzählte Carl, sie hätte es verloren. Also besorgte er ihr ein anderes. Hin und wieder versprach sie Emma, ihr auch eins zu organisieren. Emma tat dann immer achselzuckend so, als wäre es ihr egal, aber wenn sie sich unbeobachtet fühlte, starrte sie auf Chloes Handy, als wäre es ein Stück Schokolade.
    Ich rief Chloe nicht an. Ich musste daran denken, dass sie »ausführen« gesagt hatte, und ich war sauer. Sie war an der Reihe, sich zu melden, und das hatte sie nicht getan. Am späten Silvesternachmittag war meine Stimmung total im Keller, während ich missmutig in der Küche herumlungerte und mir Emmas plumpe Füße in Chloes spitzen Schuhen vorstellte, während sie außerdem ihren Glitzerlidschatten trug und meinen Anteil von dem limitierten Alkoholvorrat trank. Ich würde nicht anrufen und mich selber einladen. Ich würde nicht verzweifelt reagieren. Barbara hatte eigene Pläne mit uns dreien und stand an der Spüle, wo sie Tomaten zum Garnieren schnippelte.
    »Würdest du endlich mal ein freundlicheres Gesicht machen und dich umziehen?«, sagte sie, ohne sich umzudrehen. »Wir werden uns einen netten Abend machen«, versicherte sie. »Nur wir drei. Es wird ruhig, zivilisiert und nett .«
    Donald saß am Küchentisch und drückte leere Cornflakes-Schachteln platt. Er bastelte Secchi-Scheiben, indem er Kreise aus den Kartons schnitt und mit einem schwarzen Filzstift und Tipp-Ex ausmalte. Er hatte sich mein Geodreieck geliehen, um die Kreise zuerst zu halbieren und dann zu vierteln, bevor er sie bemalte. Die Küche stank nach Lösungsmitteln statt nach Cocktails. Der Zweck dieser Scheiben bestand darin, die Transparenz von Meerwasser zu messen. Die Tiefe, in die das Licht durch die Oberfläche dringen konnte. Donald hatte eine Theorie. Er hatte immer eine Theorie.
    »Ich denke, zwölf sollten reichen fürs Erste«, sagte er.
    Ich war fast an der Treppe, um mit einem Netz Clementinen und einer Zeitschrift in die Stille meines Zimmers zu flüchten, als Barbara sich umwandte, mich scharf anblickte, die Lippen schürzte und mit einem Nicken auf den Küchenstuhl neben Donald deutete. Sie hatte nicht viel übrig für seine Projekte und ihren Effekt auf seine Stimmung, aber wir hatten eine Abmachung: Wenn sie kochte oder anderweitig zu tun hatte, war es meine Aufgabe, den Babysitter für ihn zu spielen, und wie ich das anstellte, blieb mir überlassen.
    »Wie willst du sie wasserfest machen?«, fragte ich. Dasselbe hatte ich das letzte Mal gefragt, und das vorletzte Mal.
    »Ich könnte sie mit Tesa abkleben, schätze ich«, antwortete er nachdenklich, als hätte er diese Frage nie in Betracht gezogen.
    »Wie lange müssen sie denn im Wasser bleiben? Vielleicht reicht Tesa nicht.«
    »Ich weiß es wirklich nicht.« Donald lächelte achselzuckend und begann, einen

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