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Ich kenne dich

Ich kenne dich

Titel: Ich kenne dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenn Ashworth
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Viertelkreis mit Schwarz auszumalen. Ich schaute ihm zu, und ich fragte mich, ob alle Familien so waren: in der Küche versammelt, wo jeder seinen Text aufsagte und seine Rolle spielte in einer Seifenoper, deren Ende alle schon kannten. Einen Augenblick lang erinnerte mich der friedliche, leere Ausdruck in Donalds Gesicht, während er malte, seine rosa Lidränder – an Wilson.
    Ich schnappte mir einen Filzstift und begann, ihm zu helfen, während ich eine andere Frage stellte – eine, die nicht im Drehbuch stand – , um den Gedanken schnell wieder loszuwerden.
    »Wirst du das Boot bald holen?«
    Donald nickte. Er blickte begeistert drein.
    »Ich muss alle Ergebnisse zusammenhaben, bevor der Frühling kommt. Die Gezeiten, die Organismen im Wasser – das alles verändert sich, sobald es wieder heller wird.«
    Donald hob den Kopf, während er redete, aber er bewegte weiter seinen Stift. Die Spitze glitt über den Rand der Pappe hinaus und hinterließ einen Strich auf dem Tisch. Er bemerkte es nicht.
    »Sobald ich die Statistik fertig habe«, fuhr er fort, wieder bei seinem Manuskript, »kann ich den Bericht schreiben und abschicken, wann ich will. Ich habe noch Monate Zeit, bevor ich eine Entscheidung treffen muss wegen der Tour.«
    Ich hörte nicht richtig zu. Solche Dinge sagte er oft, während er plante, sich für die Sea-Eye -Expedition zu bewerben. Einmal jährlich veranstaltete der National Geographic eine Forschungsreise, und für das kommende Jahr konnte sich bewerben, wer Interesse an der seit Jahren ersten bemannten Tiefsee-Expedition in einem Tauchfahrzeug hatte. Letztes Mal hatte die Reise in den Dschungel geführt, im Jahr davor an einen der Pole.
    Donald hatte das damals nicht interessiert – er war noch mit Zaubern und mit Heißluftballons beschäftigt. Aber in diesem Jahr war er zum ersten Mal darauf aufmerksam geworden, und er war entschlossen, die Jury mit seinen Forschungen zu beeindrucken und einen Platz als wissenschaftlicher Assistent zu ergattern. Barbara sagte ihm, das wäre nur was für Promotionsstudenten und Uniprofessoren und nichts für Leute wie ihn. Sie meinte, es bräuchte einiges mehr, um bei so einer Expedition Assistent zu sein, als tippen zu können, Tee zu kochen und Objektive zu reinigen.
    »Du bist für sowas nicht qualifiziert«, sagte sie immer.
    Wenn Donald gute Laune hatte, tat er das einfach mit einem Achselzucken ab. »Und?«, erwiderte er dann grinsend. »Na und? Jeder, der lesen kann, kann sich schlau darüber machen, was erforderlich ist, um eine Expedition durchzuführen. Ich habe mich vorbereitet.« Er tippte an seinen Kopf. »Ist alles hier drin. Alles, was man darüber wissen muss. Informationen kosten schließlich nichts, oder?«
    Barbara warf die Zeitschriften mit dem gelben Rand immer in die Mülltonne, wenn er schlief. Es nutzte nichts, weil ich sie wieder für ihn herausfischte.
    Ich achtete sehr darauf, das Thema zu vermeiden, wenn Chloe dabei war. Ich wusste, wie es sich anhören würde und was er und seine Rumpelkammer und seine Filzstifte für einen Eindruck auf jemanden machten, der nicht zur Familie gehörte und der seine Phasen nicht kannte.
    » Blockbusters fängt gleich an«, sagte ich dann immer oder sowas Ähnliches. Es war, als würde man einen Ball für einen Hund rollen – er verfolgte ihn ins Wohnzimmer, und Barbara schob die Videokassette in den Schlitz und schloss die Tür, während die Titelmelodie der Gameshow spielte, und Chloe und ich hatten die Küche, mein Zimmer – das Haus – für uns alleine. Falls das nicht funktionierte, gab es immer noch die Zeitschriften – gerettet aus der Tonne im Schuppen und unter seiner Tür durchgeschoben. Genau das tat ich.
    »Du malst den Tisch voll, Dad«, sagte ich leise.
    Mir war bewusst, dass Barbara hinter mir stand und immer noch Tomaten schnitt und dass im Raum eine gewisse Anspannung herrschte – Donald war eine Seifenblase, und wir mussten ihn von den Wänden und dem Boden fernhalten, indem wir einfach pusteten.
    »Ich schätze, wenn ich alles aufgeschrieben habe, könntest du es für mich abtippen, oder nicht, Engelchen?« Er hörte auf zu malen, und ich schob die Pappe unter seinen Filzstift und rieb mit dem Ärmelbund meines Pullovers über die schwarzen Striche auf dem Tisch.
    »Ich kann den Computer in der Schule benutzen, denke ich«, sagte ich. »Vorausgesetzt, es wird nicht zu lang.«
    »Ich bin mir noch nicht sicher. Das hängt davon ab, was ich finde. Ich habe ein paar Theorien zu

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