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Ich kenne dich

Ich kenne dich

Titel: Ich kenne dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenn Ashworth
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einfallen lassen.
    »Niemand wird es erfahren«, sagte Carl und schwenkte träge seine Hand in einem Bogen. »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen wegen dem Mongo. Er wird niemandem deinen Namen verraten, oder? Nicht, wenn du recht hast mit deiner Vermutung, was passiert ist.« Seine Hand plumpste auf mein Knie herunter und blieb dort kurz liegen, bevor sie es drückte und dann wieder durch die Luft wanderte. »Was wegen dir passiert ist.«
    »Hast du nicht gesagt, es wäre nicht meine Schuld? Dass ich ihn nicht mal angefasst habe?«
    »Reg dich ab. War nur so dahingesagt … « Er verstummte kurz. »Aber ich war nicht derjenige, der ihm gesagt hat, er soll aufs Eis gehen, oder?«
    Ich kurbelte die Scheibe herunter und warf die Kippe raus. Carl bot mir noch eine an, aber ich schüttelte den Kopf.
    »Mit wem hast du sonst noch darüber gesprochen? Wie lange schleppst du das schon mit dir rum?«
    »Den ganzen Tag«, gestand ich. Ich erzählte ihm nicht, dass ich vor weniger als drei Stunden Chloe zu überzeugen versucht hatte, zur Polizei zu gehen, damit er verhaftet wird. Natürlich nicht. Aber das schlechte Gewissen war mir ins Gesicht geschrieben.
    »Chloe ist gerade … ein bisschen angeschlagen, außer Gefecht gesetzt … Das ist nichts, was man seinen Eltern erzählt, darum … «, seine Hand fiel wieder auf mein Knie, »… kommt es dir wahrscheinlich wichtiger vor, als es tatsächlich ist, weil du so viel darüber nachgedacht hast, ohne mit jemandem reden zu können. Hast du gewusst, dass jeden Tag zwanzig Menschen spurlos verschwinden?«
    Ich schüttelte den Kopf und versuchte, es mir auszumalen: zwanzig Menschen, die auf einen Schlag verschwinden, einfach aufhören zu existieren und nichts hinterlassen als ein paar Lücken in der Menge. Bald, dachte ich, sind keine Menschen mehr übrig.
    »Die meisten kommen irgendwann zurück«, fuhr Carl fort. »Darum spart man sich die Mühe, darüber was in den Nachrichten zu bringen. Sonst hätten die gar keine Zeit mehr für andere Themen. Falls du falschliegst mit deiner Vermutung und dieser Wilson in ein paar Tagen wieder auftaucht, dann hast du nichts zu befürchten. Wir haben nichts getan. Ihn nur ein bisschen gehänselt. Das war nicht wirklich gemein, oder?«
    Ich hörte nicht mehr zu. Ich sah auf seine Hand auf der Kante seines Sitzes, die auf mein Knie zukroch. Ich bemerkte, dass er seinen Gurt löste und so nah an mich heranrückte, dass die Handbremse seitlich in seinen Oberschenkel bohrte.
    Ich wusste gar nicht, dass er mich so mochte.
    »Ich werde nichts unternehmen, um dir einen reinzuwürgen«, sagte Carl. »Ich denke, wir wissen beide, dass du schlauer bist, als Chloe denkt. Dich muss ich nicht ›lenken‹ wie sie. Keine hysterischen Anfälle.«
    Ich fühlte mich geschmeichelt. Das Herz klopfte mir bis zum Hals, und ich dachte nicht daran, was Carl Chloe angetan hatte, um sie hysterisch zu machen. Carl malte Kreise in der Luft vor seinem Ohr, und ich dachte, er wollte mir damit sagen, dass ich einen Knall hatte.
    »Du hast zugelassen, dass sich die ganze Sache in deinem Kopf über die Maßen aufgebauscht hat. Es war richtig, dass du mit mir geredet hast.«
    »Ja«, sagte ich, »aber … «
    »Wenn du diese Nummer anrufst … « Das Plakat erschien, und er tippte darauf, bevor er es wieder verschwinden ließ. Seine Hände waren groß und plump, aber ich konnte mir vorstellen, dass er gute Zaubertricks draufhatte und Dinge verschwinden lassen konnte. »… werden sie dich fragen, mit wem du dort warst. Die wollen wissen, wie du dorthin gekommen bist. Und dann wollen sie wissen, warum ich mit dir und Chloe rausgefahren bin. Und wenn sie mich fragen, muss ich vielleicht dabei bleiben, was wir am Anfang hatten, und sagen, dass ich euch nicht kenne und auch nicht dort war.«
    Ich erkannte schließlich, was sein Problem war, und ich platzte heraus, ohne zu überlegen: »Du würdest Ärger kriegen, wegen Chloe. Weil sie erst … «
    »Sag es nicht«, unterbrach Carl mich rasch. Er schüttelte den Kopf über meine Begriffsstutzigkeit und lachte. »Deswegen mache ich mir keine Sorgen«, sagte er laut.
    Einer seiner Zähne war abgesplittert, und er klopfte mit dem Fingernagel dagegen. Es machte ein hohles Geräusch, und er blies die Luft aus den Wangen und änderte die Form seines Mundes, um den Ton einzustellen, als wäre sein ganzer Kopf eine Trommel, die er stimmen und spielen wollte. Ja, er war bestimmt wirklich gut im Zaubern. Dennoch hatte ich nach wie vor

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