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Ich kenne dich

Ich kenne dich

Titel: Ich kenne dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenn Ashworth
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versuchte, klar zu denken.
    »Mach schon, ich hab noch einen anderen Anruf in der Leitung.« Ich hörte, dass er irgendwas kaute, das Geräusch seines Mundes, der am Mikrofon arbeitete. »Lola? Was willst du?«
    »Chloe ist krank«, sagte ich schließlich. »Sie liegt im Krankenhaus. Du musst sofort kommen und mich treffen.«
    »Was ist los?«, fragte er, in ernsterem Ton. Die Musik wurde leiser.
    »Ich bin im Cuerden Park«, sagte ich. »Du musst sofort kommen. Ich brauche einen Fahrer.«
    » Im Cuerden Park? Was machst du denn da?«
    Carl klang ängstlich. Die Musik im Hintergrund verstummte abrupt.
    »Komm einfach schnell, ja? Ich friere mir hier den Arsch ab.«
    Ich legte auf, setzte mich auf die Bank und kreuzte die Finger. Chloe schaffte es normalerweise, Carl nach ihrer Pfeife tanzen zu lassen, also musste er ziemlich dämlich sein.
    Er kam eine Viertelstunde später und stieß die Beifahrertür auf, während er noch an den Bordstein rollte.
    »Was ist mit Chloe?«, fragte Carl. »Hat sie sich was angetan?«
    »Nein«, antwortete ich.
    »Wir waren heute Abend eigentlich verabredet.« Er warf einen Blick auf seine Uhr. »Sobald ihre Alten ins Bett sind. Ist Emma nicht hier?«
    »Nein!«, sagte ich. »Chloe liegt im Krankenhaus. Sie kann dich nicht treffen.«
    »Was hat sie gemacht?«
    »Sie dachte, sie ist schwanger, aber es ist alles okay, sie ist nicht schwanger«, sagte ich.
    Carl schüttelte den Kopf und lachte leise. »Blödes Huhn. Und dafür ist sie extra ins Krankenhaus?«
    Er gab wieder Gas und fuhr zurück in Richtung Stadtzentrum.
    »Nicht dafür. Damit hat das nichts zu tun. Es ist was anderes«, sagte ich rasch. »Ich weiß es nicht genau. Irgendeine Infektion.«
    Carl sagte nichts – als wäre es meine Schuld, dass Chloe krank war.
    »Sie darf morgen früh nach Hause. Es war nichts Ernstes.«
    Ich versuchte zu lachen, aber in dem Wagen klang es richtig falsch, sodass ich innerlich zusammenzuckte. »Du weißt ja, wie sie ist«, sagte ich und schluckte hart.
    »Hat sie jemandem was gesagt? Hat sie jemandem von mir erzählt?«
    »Ich weiß nicht, was du meinst«, erwiderte ich.
    Chloe klärte wahrscheinlich in diesem Moment Amanda und Nathan über Carl auf. Trotzdem gab es keinen Grund, ihm das zu sagen. Die Leuchten auf dem Armaturenbrett blinkten grün und rot, und ich wollte herausfinden, welche davon für die Heizung war, aber ich traute mich nicht. Ich streckte die Beine in den Fußraum. Eine Chipstüte knisterte laut, und ich hob den Hintern vom Sitz und zog das Plakat aus meiner Jeans, um es ihm zu zeigen.
    »Weiß eigentlich jemand, dass du mich angerufen hast?«, fragte Carl und streckte ruckartig die Hand vor, um die Heizung zu regulieren. Er redete zu laut – schrie fast. Das und sein Ellenbogen, der mich traf, als er an dem Regler drehte, ließen mich zusammenzucken, sodass ich das gefaltete Plakat fallen ließ. Es verschwand zwischen meinen Knien, hinab in die Dunkelheit, und ich beugte mich vor, um es aufzuheben.
    »Ich will dir was zeigen«, sagte ich, während ich mich abmühte und schließlich den Sicherheitsgurt löste. »Ich möchte, dass du mal einen Blick hierdrauf wirfst. Das ist der Typ, dem wir an Weihnachten begegnet sind.«
    Ich richtete den Oberkörper auf und hielt ihm das Plakat hin, das immer noch gefaltet war, aber er stieß meinen Arm weg, während er das Lenkrad einschlug, um durch einen Kreisverkehr zu fahren.
    Ich hatte keine hohe Meinung von Carl, aber er war ein Erwachsener und trotzdem auch irgendwie einer von uns. Er war launisch und unberechenbar, und manchmal sagte er richtig scheußliche Dinge zu mir, aber wenn wir alle was getrunken hatten, legte er einen Arm um meine Schulter und den anderen um Chloes und nannte uns »seine Mädchen«. Von all den Menschen, die ich kannte, war Carl am ehesten jemand, der wusste, was man mit einem Geheimnis machte – besonders mit einem, das einen in Schwierigkeiten bringen konnte.
    »Wem hat sie es noch erzählt?« Wir hielten ruckartig an einer Ampel. »Hör auf, mit dem Papier herumzuwedeln, und antworte mir!«
    Nun schrie er tatsächlich, und, Mitfahrgelegenheit oder nicht, ich legte die Hand an den Türgriff.
    »Woher soll ich das wissen? Du brauchst dich nicht so arschlochmäßig aufzuführen, Carl. Du bist nicht mein Freund.«
    Es entstanden ein paar Momente des Schweigens, in denen ich ein bisschen weinte. Carl machte keine Anstalten, mich zu berühren oder mir den Rücken zu tätscheln oder sowas. Er lächelte.

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