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Ich koch dich tot: (K)ein Liebes-Roman

Ich koch dich tot: (K)ein Liebes-Roman

Titel: Ich koch dich tot: (K)ein Liebes-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Berg
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fest entschlossen war, ihrer neuen Freiheit ein Ende zu bereiten. Andererseits wollte sie ihn auch nicht vor den Kopf stoßen. Immerhin war er ein Freund von Werner gewesen und kämpfte sich bereitwillig durch den leidigen Papierkram.
    »Ich – ich weiß nicht«, zirpte sie. »Das kommt alles so plötzlich. Eigentlich geht es mir schon viel besser.«
    »Nun«, der Notar strich sich mit beiden Händen über den fast kahlen Schädel, wobei sich eine der darauf geklebten Strähnen selbständig machte und vorwitzig auf die Stirn rutschte, »Sie befinden sich, was Ihren Lebensmut betrifft, auf einem eher defensiven Niveau. Sie sind schwach, werte Sylvia, doch dafür müssen Sie sich nicht schämen. Ja, ich finde das sogar äußerst attraktiv.«
    Über ein Psychodiplom verfügte der honorige Herr Seitz absolut nicht, denn selten hatte sich Vivi so gründlich missverstanden gefühlt. Schwach? Nein, vielleicht war sie etwas zu gutgläubig. Aber wenn es drauf ankam, konnte sie geradezu beängstigend stark sein, fand sie. Und war empört, wie ungeniert dieser Kerl sie in die Abteilung orientierungsloses Weibchen einsortierte.
    »Berthold«, sagte sie, während sie ihm fest in die Augen sah, »ich lerne gerade, überhaupt wieder ins Leben zurückzufinden. Lassen Sie mir bitte etwas Zeit.«
    »Zeit?« Er lachte unfroh auf. »Mir bleibt nicht viel Zeit. Ich bin dreiundsechzig, in zwei Jahren werde ich meine Kanzlei schließen und in Pension gehen. Ich habe weder Kinder noch sonst Familie. Wir könnten das Leben gemeinsam genießen, verreisen, in die Oper gehen. Ich verehre Sie seit langem, werte Sylvia, auch wenn der Anstand es stets gebot, meine Gefühle für Sie zu verbergen.«
    Sprachlos sah Vivi ihn an. Sprachlos stocherte sie im Roastbeef und in den Bratkartoffeln herum, die in silbernen Schalen serviert worden waren. Sprachlos hörte sie zu, welche Pläne Berthold Seitz bereits gemacht hatte, ohne sie zu fragen. DieSachlichkeit, mit der er seine Argumente vorbrachte, hatte den Charme eines Aktenordners. Für ihn war alles paletti.
    »Selbstverständlich ist es ein wenig ungewöhnlich, dass ich derart mit der Tür ins Haus falle«, erklärte er. »Aber wir sind keine Teenager mehr, die einander Herzchen und Blümchen ins Poesiealbum malen. Vernunftehen haben sich von jeher als äußerst haltbar erwiesen. Ich will keine Affäre. Ich bin ein Ehrenmann, der bereit ist, die volle Verantwortung für Sie zu übernehmen. Auch finanziell. Über die nötigen Mittel verfüge ich, wie Ihnen bekannt sein dürfte.«
    Vivi wurde es immer schwummriger zumute. Sie kam sich vor wie ein Schnäppchen vom Wühltisch, das Berthold Seitz ergattern wollte. War ja wohl voll daneben, wie er hier auf dicke Hose machte.
    »Wir warten eine angemessene Trauerfrist ab«, fuhr er fort, »dann sollten wir in aller Stille heiraten. Sie können jedoch schon vorher bei mir einziehen, meine Villa ist groß genug. Keine Sorge, sie ist leicht sauber zu halten. Überall Parkett, die wenigen Teppiche müssen nur einmal im Monat ausgeklopft werden, eine Spülmaschine ist vorhanden. In Bezug auf das Essen bin ich nicht sonderlich wählerisch. Hauptsache, es ist nahrhaft und kommt pünktlich auf den Tisch. Am nötigen Haushaltsgeld wird es auch nicht fehlen, und wenn Sie darauf bestehen, bekommen Sie Ihr eigenes Taschengeld.«
    Komplett konsterniert starrte Vivi ihn an. »Wie bitte?«
    Spaßbefreit und teilverrückt hätte Ela diesen Mann genannt. Aus seinem Mund klang alles so lachhaft logisch, dabei war es das Absurdeste, was Vivi jemals gehört hatte. Na ja, nicht ganz, dachte sie schuldbewusst. Auch bei Werner gab es immer Haushaltsgeld und Taschengeld. Es schien Lichtjahre her zu sein.Ich habe mich verändert, stellte sie staunend fest. Ich bin nicht mehr die kleine Vivi, die schön kurz gehalten wird und zu blöd ist, über den Gartenzaun zu gucken.
    »Sehen wir den Tatsachen ins Auge: Falls wir bei Gericht unterliegen, stehen Sie weitgehend mittellos da. Sie können froh sein …«
    Vivi hörte gar nicht mehr richtig hin. Mit einer Mischung aus Wut und Abscheu betrachtete sie die kleinen Spuckebläschen, die sich beim Sprechen in seinen Mundwinkeln bildeten. Dieser Mann war ein Abgrund der Unverschämtheit. Er wollte sie doch tatsächlich damit ködern, dass er ihr finanzieller Rettungsschirm sein würde. Ging’s noch dreister? Hatte er denn nicht begriffen, dass die Masche mit der Asche der mieseste Unterdrückungstrick der Welt war? Sie war allein, sie war

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