Ich koch dich tot: (K)ein Liebes-Roman
Wertanlage, wie man ihr versicherte und sie zu ihrem Qualitätsbewusstsein beglückwünschte. Vivi wartete im Empfangsraum der Firma, während ihr Goldschmuck in einem Schmelzofen auf über tausend Grad erhitzt wurde. Wenig später verwandelte er sich erst in einen handlichen Barren und dann in dicke Bündel Geldscheine.
Noch am Abend ihrer Rückkehr kam Hans-Peter angefahren. Vivis Erklärung, sie habe das Geld von ihrer Tante Elfriede geerbt, schluckte er ohne weitere Nachfragen. Er konnte ja nicht wissen, dass die alte Dame Vivi nichts weiter als ihre Postkartensammlung vermacht hatte. Pfeifend verließ Hans-Peter wenig später das Reihenhaus und stieg in seinen Wagen. Die Geldbündel hatte er in eine mitgebrachte Supermarkttüte gestopft.
Am Samstag darauf saß Vivi in ihren eigenen vier Wänden. Der Kampf war vorbei, und sie war als Siegerin vom Platzgegangen. Eigentlich hätte sie froh sein müssen. Oder zumindest erleichtert. Stattdessen hockte sie lustlos auf der Couch, streichelte Tiger und starrte ins Leere. War das Männerthema ein für alle Mal durch? Was war mit Liebe, Lust und Leidenschaft?
Seufzend griff sie zu den Zeitungen, die sie aufgehoben hatte. Zum hundertsten Mal überflog sie die Schlagzeilen und betrachtete die Fotos, die Richard zeigten. Er hatte ein Loch in ihrem Herzen hinterlassen, das kein Mann je füllen würde.
Wieder seufzte sie. Von jetzt an würde sie sich von Männern fernhalten. War einfach besser so. Für Vivi ohnehin, vor allem aber für die Männer, wenn ihnen ihr Leben lieb war.
Nachdenklich stand sie auf und ging in die Küche. Sie hatte für Tiger frische Kalbsleber gekauft, die sie in kleine Stücke schnitt. Gerade stellte sie ihm sein Mittagessen hin, als es an der Tür klingelte. Bestimmt Fräulein Kellermann, dachte Vivi, denn die alte Dame war ganz vernarrt in Tiger und besuchte ihn auch am Wochenende. Oder es waren vielleicht Kinder, die Appetit auf Kekse hatten. Am meisten liebten die Kleinen die Haferplätzchen mit eingebackenen Schokoladenstückchen, Vivis Spezialität.
Sie wischte sich die Hände an der Schürze ab, lief zur Haustür und öffnete sie. Dann wich sie zurück. Vor ihr stand ein schlanker Mann in einem etwas abgetragenen grauen Anzug. Er mochte etwa Ende vierzig sein. Vivi erstarrte. Die Ähnlichkeit mit Richard war einfach überwältigend: Größe, Statur, Haarfarbe, alles passte. Nur, dass er sein Haar etwas länger trug, fast bis zum Kinn, was ihm das Flair eines französischen Schauspielers verlieh. Ein feines Lächeln lag auf seinem jungenhaften Gesicht, während er einen Plastikausweisund eine zerknitterte Visitenkarte aus seinem Jackett kramte.
»Frau Bernburg? Hauptkommissar Jan Petersen, Kriminalpolizei Frankfurt. Hätten Sie kurz Zeit für mich?«
Kapitel zehn
»Reine Routine«, sagte Kommissar Petersen nun schon zum dritten Mal und nippte an seinem Cappuccino.
Diese Erklärung sollte sicherlich beruhigend wirken, doch Vivi war in heller Panik. Plötzlich waren alle ihre Ängste wieder da. Die Angst vor dem Skandal, vor der Verhaftung, vor einer Zukunft, die sie in der schmucklosen Ödnis einer Gefängniszelle verbringen würde.
Ihr Magen fuhr Achterbahn, und in ihrem Kopf hämmerte es, seit dieser Typ an ihrer Haustür aufgetaucht war. Er gab sich zwar freundlich, doch sie ließ sich nicht täuschen. Die klugen grauen Augen, denen nichts entging, der wache Blick, der auf ein beängstigend helles Köpfchen schließen ließ, das alles gab wenig Anlass zur Beruhigung. Ganz im Gegenteil. Dieser Mann war ein eiskalter Spürhund, und er witterte die Fährte.
Wenigstens stand Tiger ihr bei. Er hatte sich mit vibrierenden Barthaaren neben sie auf die Couch gelegt und ließ den ungebetenen Gast nicht aus den Augen. Als sei er kein Kater, sondern ihr männlicher Beschützer. Unruhig tippte er mit der Schwanzspitze auf dem Sofa herum, ein sicheres Zeichen dafür, dass er in Alarmbereitschaft war.
Zu allem Überfluss lagen auf dem Couchtisch die Zeitungen mit den Artikeln über Richard. Vivi hatte sie im letzten Moment noch rasch umdrehen können, als sie mit dem Kommissar ins Wohnzimmer gekommen war. Mittlerweile verfluchte sie sich dafür, dass sie die Zeitungen nicht einfach hinters Sofabefördert hatte. Ihr wurde schwindelig bei der Vorstellung, dass dieser Spürhund aufmerksam darauf werden könnte.
»Unser Dezernat ist gerade erst gegründet worden und beschäftigt sich mit ungelösten Fällen«, erklärte er. »Und zwar mit völlig
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