Ich komme von Charlie!
»Gerade in diesem Augenblick ist mir die Lösung des
Problems eingefallen .«
»Wirklich?« Sie hielt in ihrer
Wanderung inne und blickte mich erwartungsvoll an. »Was denn?«
»Alles, was Sie brauchen,
Süße«, sagte ich und lächelte sie zuversichtlich an, »ist ein Mann in Ihrer
Nähe, der Sie jederzeit, wenn irgend etwas vorfällt,
beschützen kann .«
»Jederzeit«, wiederholte sie
langsam. »Sie meinen Tag und Nacht ?«
»In der Nacht ist es am
gefährlichsten«, versicherte ich ihr.
Kate trat dicht an mich heran —
so dicht, daß wir uns fast berührten und mir ihr Parfüm zu Kopf stieg. Ihre
babyblauen Augen waren weit offen, während sie mich vertrauensvoll anblickten.
»Sind Sie vielleicht ein
Anwärter auf den Job, Larry ?« flüsterte sie.
»Ich würde sterben für Sie,
Kate«, sagte ich heiser. »Das wissen Sie .«
Ihre Unterlippe wölbte sich
provozierend vor. »Sie können sich so viel besser amüsieren, wenn Sie am Leben
bleiben und mich beschützen, indem Sie die ganze Zeit über ganz dicht in meiner
Nähe bleiben«, sie seufzte schwer, »Tag und Nacht .«
»Kate, Süße!« Ich griff nach
ihr, aber sie wich schnell zurück, und ich hielt nichts als em Bündel parfümierter Luft in den Armen.
»Wenn Sie Ihren Job jetzt gleich
antreten wollen, Larry«, sagte sie beglückt, »dann werfen Sie erst mal einen
Blick hinaus und sehen Sie nach, daß uns niemand durchs Schlüsselloch
beobachtet .«
»Wenn ja, knalle ich ihm seinen
Schädel auf den Boden .« Ich grinste verächtlich und
mannhaft.
Da ich dies für die erste
praktische Demonstration meiner Fähigkeiten als Leibwächter Kates hielt,
beschloß ich, sie zu beeindrucken. Also riß ich die Tür weit auf und
marschierte furchtlos in den Korridor hinaus, wobei ich einen langen drohenden
Blick erst nach links und dann nach rechts warf.
»Nein !« verkündete ich schließlich. »Hier lungert niemand herum, der die Absicht hat,
in Ihr Zimmer einzudringen, Süße .«
»Außer einem herumlungernden
alten Ziegenbock namens Larry Baker !« zischte sie
bösartig, und eine Sekunde später knallte sie mir die Tür vor der Nase zu.
Vielleicht, so dachte ich
mürrisch, während ich meinem eigenen einsamen Zimmer zustrebte, steckte eine
Menge mehr hinter diesen babyblauen Augen, als ich geahnt hatte. Wenn ich es
das nächstemal schaffte, in ihr Zimmer zu gelangen,
mußte ich eine subtilere Strategie anwenden — zum Beispiel ihr mit einem
Baseballschläger eins über den Kopf geben.
VIERTES KAPITEL
M ein eigenes Zimmer strahlte
entschieden vom ersten Augenblick an, als ich es betrat, Einsamkeit aus. Ich
zog einen einsamen Pyjama an, goß mir aus einer einsamen Flasche Bourbon, die
in einer einsamen Kommodenschublade stand, einen einsamen Nachtdrink ein,
setzte mich dann damit auf mein einsames Bett und fühlte mich einsam und unglücklich. Jedesmal , wenn ich meine Augen auch nur halb schloß,
schimmerte die Vision einer wippenden Kate in Pfauenblau vor mir; und ich wäre
Amok gelaufen, wenn ich gewußt hätte, wie ich es hätte anstellen sollen, um zum
Erfolg zu gelangen.
Schließlich hatte ich mein Glas
leergetrunken, die Bettdecke zurückgeschlagen und wollte eben ins Bett steigen,
als sachte an meine Tür geklopft wurde. Ich warf mich wieder aus dem Bett und
sauste durchs Zimmer wie ein Gummiball, halb wahnsinnig vor Entzücken bei dem
Gedanken, daß Kate sich doch noch hatte erweichen lassen; daß sie gekommen war,
um sich zu entschuldigen und hübsch bittebitte zu
machen, damit ich sie ab sofort Tag und Nacht beschützen sollte. Ich öffnete
eifrig die Tür und befand mich plötzlich im völlig falschen Märchen. Statt
Dornröschen, das soeben dank meines unwiderstehlichen Charmes erwacht war, traf
mich der Eiseshauch der Schneekönigin persönlich.
Frieda Ansel ging geradewegs an mir vorbei ins Zimmer, während ich sie mit Rauhreif auf dem Gesicht anstarrte; und so blieb mir nichts
anderes übrig, als die Tür zu schließen. Sie ging bis zum Fenster, drehte sich
dann langsam um und blickte mich mit nachdenklich dunklen Augen an. Sie trug
einen losen Morgenrock aus schwerem, satinartigem, austernfarbenem Stoff; der hohe Kragen umschloß wie der einer
preußischen Uniformjacke ihren Hals, und darunter floß das Gewand von ihren
Schultern hinab bis zum Boden wie ein Zelt. Das Ganze war so sittsam, daß es
lächerlich wirkte. Sie hätte ein Kavallerieregiment unter diesem voluminösen
Ding verbergen können.
»Hm !« Ich lächelte sie
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